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Walddorfer Liederkranz will mit neuem Chorprojekt Nachwuchsprobleme lindern

Moderne Musik für Junggebliebene: Dirigentin Yvonne Nielitz geht mit dem Walddorfer Liederkranz und »Stimmkraft - mixed up« neue Wege.

Vor dem Singen stehen erst einmal Lockerungsübungen bei Dirigentin Yvonne Nielitz auf dem Programm.
Vor dem Singen stehen erst einmal Lockerungsübungen bei Dirigentin Yvonne Nielitz auf dem Programm. Foto: Veit Müller
Vor dem Singen stehen erst einmal Lockerungsübungen bei Dirigentin Yvonne Nielitz auf dem Programm.
Foto: Veit Müller

WALDDORFHÄSLACH. Yvonne Nielitz schlägt auf dem Klavier kurz einen Akkord an. Dann setzt der Chor ein, vielstimmig, kraftvoll. "Das ist doch ein voller Klang. Das klingt jetzt ganz anders als vorher", ruft sie begeistert und freut sich über die Fortschritte, die die Sängerinnen und Sänger gemacht haben. Alle sind Teil des neuen Projektes, das der Liederkranz Walddorf Anfang Januar initiiert hat – das Chorprojekt mit Namen: Stimmkraft - mixed up".

Es handelt sich um ein niederschwelliges Angebot, bei dem alle, der Lust haben, mitsingen können. Man muss nicht Mitglied im Liederkranz sein und »man muss auch nicht Noten lesen können«, sagt Nielitz. Es geht bei diesem besonderen Chor um moderne Popmusik.

Lange Suche nach einer Dirigentin

"Wir hatten so etwas schon lange vor", erklärt Dorothe Fischer, Vorsitzende des Walddorfer Liederkranzes. Im vergangenen Jahr sei das Projekt vom Vorstand beschlossen worden, aber es habe einige Zeit gedauert, bis es in die Gänge gekommen sei, denn es war laut Fischer "gar nicht so leicht, jemanden für die Chorleitung zu finden. "Wir haben überall und lange gesucht", berichtet Fischer.

Über Musikschulen in der Umgebung kam schließlich der Kontakt zu Yvonne Nielitz aus Altdorf bei Nürtingen zustande. Sie ist Musiklehrerin in Neckartenzlingen und arbeitet für den dortigen Musikverein. Außerdem gibt sie zuhause Musikunterricht. »Ich mache praktisch von Montag bis Sonntag Musik«, erzählt die erfahrene Chorleiterin.

Probleme mit dem Nachwuchs

Aber warum versucht sich der Liederkranz nun an diesem neuen Chorprojekt? Der Verein hat doch »einen tollen Kinderchor«, wie Fischer betont. Der Zulauf ist hier so groß, dass der Liederkranz bereits zwei Gruppen bilden musste, eine für die jüngeren und eine für die älteren Kinder. Der Walddorfer Gesangsverein hat zudem einen Frauen- und einen Männerchor.

Aber es gibt dennoch ein Problem, und das ist der Übergang vom Kinder- und Jugendchor zu den erwachsenen Sängerinnen und Sängern. Von den Mädchen und Jungs bleibt fast niemand beim Liederkranz. Im späteren Teenageralter geht die Lust am Singen im Verein offenbar verloren. Andere Interessen stehen für die Jugendlichen nun im Vordergrund, und viele wollen sich einfach nicht an einen Verein binden.

Dieses Problem sieht man vor allem im Männerchor, der inzwischen in die Jahre gekommen ist. Es fehlt am Nachwuchs. Das neue Chorprojekt könnte hier vielleicht Abhilfe schaffen und neue Leute, die einfach Spaß am gemeinsamen Singen haben, zum Liederkranz bringen, wie Dorothe Fischer und ihre Stellvertreterin Bärbel Skov hoffen.

Großartige Resonanz auf Projektchor

Die beiden waren »total überrascht«, wie groß die Resonanz war, als sie das Chorprojekt publik machten. Der Verein wurde förmlich überrannt. Inzwischen sind es 49 Personen, die sich dem Projektchor angeschlossen haben, 15 Männer und 34 Frauen. Die meisten sind ganz neu dabei, nur elf von ihnen waren vorher schon im Liederkranz. Auch von der Altersstruktur her passe es, erklärt Skov.

Zuerst probten die Sängerinnen und Sänger noch im »Bachbruckstüble« des Liederkranzes am Notariatsplatz. Doch der Raum wurde schnell zu klein für die vielen Interessierten. Deshalb wich der Liederkranz ins Foyer der Gustav-Werner-Schule aus. Dort trifft sich der Chor jetzt jeden Montag für eineinhalb Stunden zur Probe.

Musik von Coldplay und Bruno Mars

Yvonne Nielitz hat sich für das Projekt zwei moderne Popsongs ausgesucht: »Viva la Vida« von Coldplay und »Count on me« von Bruno Mars. Inzwischen macht der Chor aber solche Fortschritte, dass noch ein dritter Song dazukommen soll: »I Love Rock N’Roll« von Joan Jett & the Blackhearts. »Das sind flotte, tolle Lieder, die optimal für den Chor passen«, sagt Nielitz.

Bisher ist das Chorprojekt noch zeitlich begrenzt. Ziel sei es, wie Fischer erklärt, dass der Chor dann im Mai beim Frühjahrskonzert des Liederkranzes auftrete. »Aber wir lassen es ganz offen, wie es danach weitergeht«, sagt Fischer.

Die Begeisterung ist jedenfalls bei den Sängerinnen und Sängern deutlich sichtbar vorhanden. Vor allem die Chorleiterin hat es ihnen angetan. »Sie macht das so toll«, sagt einer aus dem Chor. Und: »Sie hat die gute Gabe, alle mitzureißen«. Bei der Probe ist das nicht zu übersehen. Yvonne Nielitz dirigiert lebhaft und gestenreich und geht mit viel Gefühl auf die stimmlichen Qualitäten der Sängerinnen und Sänger ein. »Das alles macht mir sehr viel Spaß«, sagt sie, und »singen tut so gut«. Das glaubt man ihr gerne. (GEA)