DETTINGEN. Lukas Widmayer hat’s geschafft, mit gerade mal 16 Jahren kann er einen großen Traum verwirklichen: Der junge Dettinger wird ein Jahr in den USA verbringen, dort in einer Gastfamilie leben und die Highschool besuchen. Vermittelt hat den Aufenthalt Beate Müller-Gemmeke über das Parlamentarische Partnerschaftsprogramm des Deutschen Bundestages. Die Bundestagsabgeordnete der Grünen erinnert sich ganz noch genau an den Moment, als sie ihm die Nachricht am Telefon überbracht hat: »Es war total nett, wie er reagiert hat. Ich habe gemerkt, wie sein Hirn arbeitet und die Information ankommt.«
Für Beate Müller-Gemmeke ist’s die inzwischen achte Patenschaft für einen jungen Menschen, der mit dem Programm für ein Jahr ins amerikanische Leben eintauchen darf. Ihr sei es wichtig, so viel Kontakt wie möglich zu den Patenschülern zu haben und da gehöre für sie ein Besuch bei der Familie dazu: »Wenn ich schon Lukas für ein Jahr aus der Familie reiße, muss ich mich bei ihr ja auch mal zeigen«, erklärt sie. Aus eigener Erfahrung wisse sie, dass es nicht leicht sei, den Sohn ziehen zu lassen. Dem kann Mama Rebekka Widmayer nur zustimmen: Sie habe zugegebenermaßen tief schlucken müssen, als die Zusage gekommen war. Aber, das unterstreicht sie auch: »Wir haben ihn bei der Bewerbung unterstützt und trauen ihm das zu 100 Prozent zu.«
Los geht's im August
Und, das ist das Wichtigste: Auch er lässt sich ohne große Ängste auf das zu erwartende Leben ein und ist neugierig auf so vieles. »Ich finde das Land spannend«, erzählt Lukas Widmayer. »Über die USA existieren so viele Vorurteile, man weiß aber nicht, was dahintersteckt und das möchte ich kennen lernen.« Der 16-Jährige bezeichnet sich als politisch interessiert, schon in der fünften Klasse habe er sich mit vielen Themen beschäftigt – er wolle mitreden können: »Wenn mich etwas interessiert, informiere ich mich und lese viel darüber.« Gerade dies ist Beate Müller-Gemmeke bei der Auswahl wichtig, nicht den Noten der Bewerber gelte ihr Hauptaugenmerk – auch nicht denen in Englisch: »Das lernt er dort.« Sie schaue sich die jungen Menschen mit einem gewissen Blick an und ein Interesse an Politik sei da durchaus ein Pluspunkt. Doch die Abgeordnete erwartet auch etwas: Regelmäßige Berichte und Fotos über den Stand der Dinge, auf ein Abschlussgespräch besteht sie ebenfalls.
Doch bis es so weit ist, geht noch viel Zeit ins Land: Los geht’s nämlich erst im August, der Aufenthaltsort ist noch unbekannt. Ein Traumziel habe er nicht wirklich, meint Lukas Widmayer: »Aber es wäre schon cool, wenn ich nach Kalifornien oder Florida käme«. Weil vieles noch offen sei, halte sich die Aufregung in Grenzen. Im Augenblick müsse er sowieso noch vieles für den Aufenthalt erledigen, beispielsweise ein Video für die potenzielle Gastfamilie drehen. »Die Schule bleibt im Focus, der Alltag lenkt ab«, berichtet er. Dazu gehört auch das Training bei der DLRG Dettingen und bei den Reutlingen Eagles, dort spielt er seit vergangenem Jahr Football. Über den ur-amerikanischen Sport hofft Lukas Widmayer auch, schnell Kontakte zu finden.
Eine weltoffene Familie
Derzeit besucht Lukas Widmayer die zehnte Klasse des Graf-Eberhard-Gymnasiums in Bad Urach, nach seiner Rückkehr wird er dann in die Jahrgangsstufe 11 einsteigen. »So holen wir uns ein Jahr zurück«, meint Rebekka Widmayer, die jetzt schon an die Zeit ohne ihren Sohn denkt. Am Tag vor Beate Müller-Gemmekes Besuch hatte er seinen 16. Geburtstag im Familienkreis – dazu gehören neben Papa Mathias auch die beiden jüngeren Geschwister Malindi und Mogli – gefeiert: »Nächstes Jahr ist er nicht dabei«, bedauert sie. Doch eines wissen die Widmayers auch: Durch ihre weltoffene Art haben sie Lukas geprägt. Bei der Familie machen die Probleme dieser Welt nämlich nicht an der Haustüre halt: Es wird darüber geredet und die Kinder erlebten auch hautnah mit, wie es ist vom Krieg betroffen zu sein – acht Monate lebte eine Ukrainerin mit ihrer Tochter in der Familie. »Sie haben nicht so viel falsch gemacht bei unserer Erziehung«, bilanziert Lukas Widmayer lachend. Und auch Beate Müller-Gemmeke ist sich nach ihrem Besuch sicher: »Ich habe einen besonderen jungen Mann ausgewählt.« (GEA)

