METZINGEN. Was darf's denn sein: lieber ein direkter Radweg, der sehr teuer ist und viele Grundstückskäufe erfordert, oder ein deutlich günstigerer, für den größtenteils schon Feld- und Waldwege bereitlägen, der aber enorme Steigungen mit sich brächte? Darum ging's am Donnerstag im Metzinger Gemeinderat. Welcher Weg auch immer es wird, er soll Metzingen mit dem vier Kilometer entfernten Eningen verknüpfen. Denn von hier nach dort führt bisher nur eine 6,5 Kilometer lange, verschlungene und teils rumpelige Verbindung durch Wald und über die L380a. 190 Höhenmeter mit mehreren Aufs und Abs sind dabei zu überwinden.
Viel direkter und mit nur einem Scheitelpunkt ginge es entlang der K6714: 4,9 Kilometer wäre diese Schnurstracks-Variante lang, 160 Meter Höhe wären für die Radler zu packen. »Sie wird nicht umgesetzt«, meinte Oberbürgermeisterin Carmen Haberstroh aber sehr entschieden, »sie ist sehr teuer und es wäre erheblicher Grunderwerb nötig.« Verhandlungen mit vielen Eigentümern, die sich hinziehen könnten. Trotzdem hat das Kreisstraßenbauamt diese Wegeführung als sogenannte Variante 2 den Kommunen Metzingen und Eningen mit drei anderen Varianten vorgestellt und um die Meinung der Gemeinderäte gebeten.
Die gelbe Linie zeigt die von mehreren Metzinger Gemeinderäten befürwortete direkte Radweg-Variante 2 vom Erms- ins Arbachtal. GRAFIK: STADT METZINGEN
Bevorzugt haben der für den Bau des Radwegs zuständige Landkreis Reutlingen und die Metzinger Stadtverwaltung dagegen die Variante 3: Sie führt auf 5,1 Kilometern durch den Maienwald und an der nur noch sporadisch von Lkw angefahrenen Erddeponie Eichberg vorbei und überwindet ebenfalls 160 Höhenmeter. Das allerdings mit besonders kräftigen Steigungen: »Auf einem Kilometer sind es zehn Prozent, auf 700 Metern davon sogar 14 Prozent«, hat FWV-Rat Robert Schmid ermittelt, der selbst viel Fahrrad fährt, und das muskelgetrieben. Sein Urteil: »Die Variante 3 ist für Pendler nicht geeignet.« Die Direktverbindung entlang der K6714 hätte es mit 6 bis 7 Steigungsprozent etwas weniger in sich.
Ein Vorteil der Erddeponie-Variante: Die Forst- und Feldwege für sie lägen bereits und müssten teilweise nur erneuert werden, damit die Fahrräder keinen Schaden nehmen. Ab der Gegend um die Erddeponie Eichberg haben die Sträßchen kaum mehr Risse oder Löcher. Schmids Argument mit den unattraktiven Steigungen und Gefällestrecken konterte OB Haberstroh so: »Die meisten sind mit dem E-Bike unterwegs.«
Doch der Wind aus dem Gremium blies den Befürwortern der Vorzugsvariante weiter entgegen. »Nach Starkregen braucht man zwei Tage, bis es aufgeräumt ist«, mutmaßte Michael Idler (CDU), »man müsste mit der Wegeunterhaltung ganz anders unterwegs sein als bisher.« - »Die Variante 3 ist überhaupt nicht niederschwellig«, meinte Dr. Markus Schenk (Grüne), »ich kann mir nicht vorstellen, dass Berufspendler ihn nehmen.«
Sofie Basagiorgis-Digel (FWV) hatte eher Familien aus Eningen im Blick, die in ein paar Jahren mal das Kombibad im Bongertwasen vor den Toren Metzingens klimafreundlich mit Fahrrad und Kinder-Anhänger besuchen könnten. »Das ist durch den Wald relativ riskant.« Fraktionskollege Schmid trieb die Wegediskussion auf die Spitze und fand: »Lieber siebenstellige Kosten und der Radweg wird genutzt als ein nicht genutzter mit sechsstelligem Betrag.« Der Stimmenkönig, Metzger und begeisterte Radler zog nacheinander gar einen Antrag und einen Vorschlag aus dem Köcher, wonach die Stadt Metzingen sich für den Bau der direkten Variante 2 einsetzen soll.
Für die Radwegvariante 3 über die Erddeponie Eichberg sind zwei Untervarianten denkbar (gelb-blaue Linien). GRAFIK: STADT METZINGEN
Doch die umstrittene Radwegesache ist noch gar nicht entscheidungsreif. Entscheiden wird der Kreis, dabei allerdings nicht das Meinungsbild der beteiligten Kommunen übergehen. OB Haberstroh wird die vielen im Gemeinderat geäußerten Bedenken der Gemeinderäte nach Reutlingen tragen, denn dort ist sie auch Kreisrätin. Kein einziges Metzinger Gremienmitglied sprach sich ohne Vorbehalte für die von den Verwaltungen favorisierte Variante 3 aus. 2027 soll Stand jetzt ein Radweg zwischen Metzingen und Eningen gebaut werden, wo auch immer er genau verläuft.
Raus aus dem Radrennen sind nach der Debatte nur die Varianten 1 - die teilerneuerte jetzige Wegeführung - und 4: Diese würde über die B 28 alt aus der Kelternstadt hinaus und entlang der B 313/B 28 neu verlaufen, diese auf einem Viadukt queren und anschließend durchs Magdalenenwäldle nach Eningen führen. Macht 7,9 Kilometer und 180 Höhenmeter - entschieden zu viel für Räte, Verwaltungen und sicher auch für diejenigen Fahrradfahrer, die nicht nur gemütlich ihre Freizeit auf Sattel und Pedalen verbringen, sondern flott und zukunftsträchtig vom Arbach- ins Ermstal kommen wollen. (GEA)