METZINGEN. Aus eins mach zwei mach drei: Geht es nach dem einstimmig geäußerten Willen des Metzinger Gemeinderats, wird das Mittelstädter Unternehmen Wilhelm Lutz Omnibusverkehr ab August alle drei Stadtverkehrslinien betreiben. Das sind die Verbindungen 201 Glems - Bahnhof Metzingen - Längenfeld, 202 Harthölzle - Bahnhof Metzingen - Neugreuth - Grafenberg und 203 Metzingen - Mittelstadt (- künftig Pliezhausen).
Schon seit vielen Jahren betreibt Lutz, Teil des Unternehmens Kocher-Lutz, die Linie 203, hat Mitte 2021 auch den 202er vom Grafenberger Busbetreiber Bader übernommen, der in der Coronazeit in Insolvenz gegangen war. Die Verbindung 201 wird noch vom Regionalverkehr Alb-Bodensee (RAB) betrieben, der zur Deutschen Bahn gehört. Diese Stadtbuslinie ist aber nur der schwach besetzte Beifang der Regionalverbindung 7640 Metzingen - Bad Urach.
Neue Stadtverkehrslinie auch für Braike-Wangen im Gespräch
Auf dieser ungleich besser nachgefragten Linie fährt der RAB derzeit stündlich. Aber nur noch bis Mitte Dezember. Dann ist Fahrplanwechsel und soll die Linie entfallen, weil die Ermstalbahn halbstündlich statt bisher stündlich fahren soll. Vorausgesetzt, der Bahnhof Metzingen ist bis dahin mit neuem Stellwerk und neuem Gleis 4 ausgebaut.
Das Mehrangebot auf der Schiene entlastet zwar die Straßen, bringt aber auch Verschlechterungen mit sich: »Im östlichen Neuhausen wird es eine Versorgungslücke geben«, blickt Ordnungsamtsleiter Albrecht Gaiser, ÖPNV-Experte bei der Stadtverwaltung, voraus. Denn ab Dezember wird der Haltepunkt Insel nur noch stadteinwärts von den Linien 201 und 100 (Eningen - Erkenbrechtsweiler) angefahren, die Haltestelle Rösegarten in beiden Richtung nur noch von der Linie 100. Die Ermstalbahn hält weiter nördlich, nicht im Ortskern. Gaiser weiter: »Die Lücke muss unbedingt kompensiert werden.«
Nur ein Elektrobus ausgeschrieben
Das kann geschehen, indem Verwaltung und Gemeinderat das Stadtverkehrsnetz um eine Linie erweitern. Denn zusätzlichen Bedarf wird es auch mit der Eröffnung des Ganzjahresbads im Bongertwasen (frühestens Ende 2029) und dem sich schon jetzt immer mehr füllenden Gewerbegebiet Braike-Wangen II geben. Auch das Wohngebiet Amtäcker-Brühl ist noch nicht ans Stadtbusnetz angeschlossen.
Lutz Omnibusverkehr würde auch im Fall von Netz-Erweiterungen zum Zuge kommen. Die vom Kreistag Mitte Dezember bereits einstimmig beschlossene Vergabe des sogenannten Linienbündels Metzingen, die die Kelternstadt jetzt ebenso einmütig abgesegnet hat, lässt das ausdrücklich zu. Sie sieht nicht nur einen Betreiberwechsel, sondern auch fahrplanmäßige Änderungen vor. So soll etwa die Linie 203 regelmäßig nach Pliezhausen durchgebunden werden und die Linie 201 bis 20.30 Uhr im Bus- statt im Anmeldelinienverkehr mit Taxis betrieben werden.

Knapp 3,1 Millionen Euro wird das jetzt beschlossene Angebot die Stadt Metzingen im Zehnjahreszeitraum bis 31. Juli 2035 kosten. Darüber gab es im Gemeinderat keine Diskussionen. Wohl aber über die von Lutz Omnibusverkehr einzusetzenden Fahrzeuge. Sechs Busse wurden dafür ausgeschrieben, nur einer von ihnen ist ein Elektrobus, die übrigen sind wie bisher dieselbetrieben. Daran stießen sich Dr. Markus Schenk (Grüne) und Alexander Hack (SPD). »Könnte man fünf oder sechs statt zehn Jahren als Projektdauer rechnen?«, fragte Schenk Richtung Verwaltung. Um anschließend gegebenenfalls den Fahrzeugmix zu überdenken.
ÖPNV-Fachmann Albrecht Gaiser konterte mit der Zuständigkeit des Kreises und der »wirtschaftlichsten und sinnvollsten Variante« - auch für das Busunternehmen Lutz, das planen und die neu gekauften Fahrzeuge abschreiben muss. Den Elektrobus fördert das Land mit 70 Prozent der Fahrzeugmehrkosten gegenüber den Dieselbussen, für die es pauschal 40.000 Euro Zuschuss pro Fahrzeug gibt. Die Dieselbusse sind zwar günstiger in der Anschaffung, aber teurer im Betrieb, weil ihre Treibstoffkosten höher sind.
Ruf nach kleineren Fahrzeugen
Der Landkreis indes hat für das Linienbündel Metzingen ein »maßvolles Betriebskonzept« entwickelt, »mit Blick auf die Kreisfinanzen«. Die Stadtfinanzen wiederum würden mehrbelastet, beschaffte man für den künftigen Stadtverkehr zusätzlich zu den Großfahrzeugen, die vor allem im Schülerverkehr weiterhin benötigt werden, auch kleinere - ein Wunsch von FWV-Stadtrat Robert Schmid. »Es können ja auch Gebrauchtfahrzeuge sein.« Die haben aber weder Kreis noch Busbetreiber berücksichtigt.
»Wir brauchen den Dinosaurier-ÖPNV weiterhin, um auch überregional durchzukommen«, meinte Schmids Fraktionschef Stefan Köhler, »die Ermstalbahn alleine reicht nicht.« Für ihn das A und O, das für alle Öffis gilt: »Wichtig ist, dass Busse, die fahren, zuverlässig fahren.« (GEA)