TÜBINGEN. Im Berufungsverfahren wegen Betrugs und Falschaussage gegen einen 61-jährigen Musik- und Eventmanager aus dem Ermstal hat das Landgericht Tübingen die Strafe fast auf die Hälfte reduziert, die das Reutlinger Amtsgericht im Oktober 2019 verhängt hatte: Er kam nun mit einer Gesamtstrafe von zwei Jahren davon, die gerade noch zur Bewährung ausgesetzt werden konnte.
Staatsanwältin Mona Medic hatte nach der Vernehmung der Zeugen einen Verständigungsvorschlag der Kammervorsitzenden Sigrid Höchst kategorisch abgelehnt, der auf eine Bewährungsstrafe hinausgelaufen wäre. Das, sagte sie in ihrem Plädoyer, sei »ein falsches Signal«, eine Vollstreckung in Haft »für die Rechtsordnung dringend geboten«. Der Angeklagte habe bei seinen Betrügereien selbst gegenüber dem familiären Umfeld »keinerlei Skrupel« gehabt.
Sie könne, im Gegensatz zum Gericht, die Augen nicht verschließen, kritisierte sie die Kammer. Ihr Strafantrag fiel noch härter aus als der Urteilsspruch im Verfahren des Amtsgerichts. Einschließlich der verwirkten Bewährung sollte der Angeklagte wegen Betrugs und Falschaussage über seine Vermögensverhältnisse für vier Jahre hinter Gitter. Die 13 einschlägigen Vorstrafen seit den 90er-Jahren, »alle wegen Vermögensdelikten«, teilweise auch abgesessen, ermöglichten bei Gesamtschulden von einer halben Million Euro keinerlei positive Prognose: »Die Vermögensverhältnisse sind desolat. Das Schiff sinkt weiter.«
Schneidende Kritik
»Das stimmt mich traurig«, hatte der Verteidiger Martin Stirnweiss in seinem Plädoyer dem Antrag entgegnet. Der Angeklagte, der in mehreren Punkten ein Teilgeständnis abgelegt hatte, zeigte sich in seinem Schlusswort »total schockiert«.
Der Anwalt des geschäftlich gescheiterten Musikmanagers, der inzwischen im Mode- und Merchandising-Unternehmen seiner Frau angestellt ist, hatte seine schneidende Kritik am Urteil wiederholt, das in erster Instanz gefällt worden war. Amtsrichter Eberhard Hausch hatte wegen Betrugs und falscher eidesstattlicher Versicherung eine Haftstrafe von drei Jahren und acht Monaten verhängt. Dessen Verhandlungsführung, auch gegenüber einem als Zeugen befragten Obergerichtsvollzieher, nannte der Anwalt »eine Frechheit ohnegleichen«, die »ein deutscher Richter sich nicht leisten« dürfe. Auch die Ermittlungen kritisierte der Anwalt als »schlampig«. Die Staatsanwaltschaft habe »Uraltgeschichten« aufgebauscht. Der Verteidiger plädierte auf maximal sieben Monate zur Bewährung und eine Geldstrafe.
Der Anwalt hatte der Staatsanwältin »Hasstiraden« vorgeworfen, nachdem sie beim Verteidiger »Schimpftiraden gegen den Amtsrichter« moniert hatte. Der Verteidiger hatte darauf hingewiesen, dass sein Mandant »mehrfach Schiffbruch in einem schwierigen Gewerbe« erlitten habe, sich aber lange keine strafbaren Unregelmäßigkeiten mehr habe zuschulden kommen lassen.
In ihrer Urteilsbegründung sagte Höchst, die Vorwürfe von Betrug und falscher Versicherung an Eides statt hätten sich in der Sache bestätigt. Man habe »emotionale Plädoyers« gehört, sich von Rechts wegen aber nur mit jener »Spitze des Eisberges« beschäftigen können, wie die Staatsanwältin den Komplex bezeichnet hatte. Teilgeständnis, Rückzahlungen des Managers als Wiedergutmachung und die lange Zeit seit den Taten habe die Kammer als erheblich strafmildernd berücksichtigt. Auch dass die geschädigte Angestellte keinen Strafantrag gestellt habe, berücksichtige das Gericht.
Kriminelle Vergangenheit
»Sie bringen einfach eine lange kriminelle Vergangenheit mit sich, und Sie waren ein Bewährungsbrecher«, sagte die Vorsitzende an den Angeklagten gewandt. Dass die Familie der Ehefrau bei der getätigten Rückzahlung »jetzt den Kopf hinhält«, könne die Kammer nicht kritisieren. (mab)