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Stephan Bauer lockt Dettinger aus der Lach-Reserve

Der Comedian und Kabarettist beendet die diesjährigen Kabaretttage in Dettingen und versteht es, bestens das Publikum über Beziehungsgeschichten und mehr zu unterhalten

Ein Mann, ein Mikro, ein Barhocker: Mehr braucht es für Stephan Bauer nicht, um sein Publikum zu unterhalten
Ein Mann, ein Mikro, ein Barhocker: Mehr braucht es für Stephan Bauer nicht, um sein Publikum zu unterhalten Foto: Kirsten Oechsner
Ein Mann, ein Mikro, ein Barhocker: Mehr braucht es für Stephan Bauer nicht, um sein Publikum zu unterhalten
Foto: Kirsten Oechsner

DETTINGEN. Herzhaft lachen über vermeintliche Nichtigkeiten in schweren Zeiten, wenn die Welt Kopf steht und die Politiker durchzudrehen scheinen? Klar! Dann erst recht. Um die Birne freizubekommen, den Tagesschau-Negativismus hinter sich zu lassen und ganz einfach mal zwei Stunden eines zu tun: sich bestens zu amüsieren, bis Tränen in den Augen stehen. Die beste Möglichkeit bot dazu Stephan Bauer am Freitag bei der Dernière der diesjährigen Dettinger Kabaretttagen im Zillenhart-Saal: So normal wie sein Name, so einfach sein Prinzip. Er braucht nicht vieles auf der Bühne: Ein Mikro, ein Barhocker – auf dem er jedoch so gut wie nie sitzt – und das war’s. Stephan Bauer zündet ein sprachliches Feuerwerk, haut Pointe um Pointe raus und lässt den 155 Zuschauern keine Pause. Gedanklich mal abtauchen? Keine Chance. Sonst würde man etwas verpassen an Gags und so nebenbei Gesagtem mit Witz.

So gelingt dem Comedian und Kabarettisten etwas, was sonst kaum jemand schafft: Er lockt das Dettinger Publikum aus der Reserve. Nicht nur, dass die Zuschauer vom ersten Moment an herzhaft lachen. Vielmehr kommentiert es Bauers Klagen mit lautem Bedauern. Oder sie rufen ihre Meinung gleich in Richtung Bühne, nehmen am Geschehen aktiv teil. Denn mitreden kann bei Stephan Bauers Themen jeder, sie sind aus dem Alltag entnommen. Ausgangspunkt ist das wohl älteste Thema der Welt: die Beziehung zwischen Mann und Frau. Das sei bei ihm auf dem Tiefpunkt Alter: Es gehe nichts mehr, Sex habe nicht mehr den Stellenwert wie einst. Im Teeregal des Supermarkts sei bei Sorten wie »Heiße Liebe« mehr los als in seinem Schlafzimmer. Seine Sexualgeschichte habe sich reduziert wie die von Cola im Lauf der Jahre: »Normal, light und ….«, Das »Zero« braucht er gar nicht erst zu nennen, das Publikum johlt. Die Frauen würden sich mehr positive Männlichkeit wünschen, keine Machos. Entscheidungsfreude und Klarheit seien gefragt. Stattdessen würde sich seine Spezies – »empathiebehindert« und ohne Gespür - nicht als Weicheier sehen, vielmehr als Löwen definieren. Als was er sich sehe? »Eine WC-Ente.«

Leben im Lego-Einfamilienhaus in der Vorstadt

»Ehepaare kommen in den Himmel – in der Hölle waren sie schon« heißt Bauers Programm. Doch dahinter steckt mehr als das Abfeiern von Mann-Frau-Geschichten aus Schlafzimmer, Haushalt und sonst wo. Bauer blickt auf den Alltag und die Entwicklungen in deutschen Heimen allgemein, das Leben im Lego-Einfamilienhaus in der Vorstadt – das in der Ehekrise gebaut wurde, um die Partnerschaft einzubetonieren. Er macht sich über die heutigen Vornamen-Konstellationen wie Thorben-Aurel und Sören-Hagen lustig, Öko-Hipster und gesunde Ernährung. Für ihn eine einfache Sache: »An der Fischtheke lasse ich mir den Kabeljau zuwerfen, damit ich sagen kann, ich habe ihn selbst gefangen.« Das Gelächter der Zuschauer ist noch nicht verklungen, als ein ernster Einwand folgt und er von einer wahnwitzigen Entwicklung spricht: »Wir leben im Zeitalter der Hysterie. Was uns abhandengekommen ist, ist das Gefühl der Gelassenheit.«

Stephan Bauer, aufgewachsen in Dußlingen, jagt durch ein breites Themenspektrum: Corona – »Die Ehe wurde zusammengehalten von Riesling, Chianti und Sauvignon blanc«. Schwaben: »Meine Eltern kratzen das Salz von der Brezel, damit der Besuch nicht so viel Durst bekommt«. Moderne Eltern: »Sie haben ihre originären Aufgaben outgesourct.« Deutschland: »Es ist das einzige Land, in dem man sich das Geschlecht aussuchen kann, die Heizung aber nicht.« Klar, bedient Stephan Bauer Stereotypen, manche nennen es auch Klischees. Diese Überspitzung braucht’s, manchmal ist aber auch ein Körnchen Wahrheit dran. Oder sind’s doch nur Vorurteile? Zum Beispiel Mädelsrunden von erwachsenen Frauen: »Die glühen nicht vor, die Fackeln ab«, so Bauer. »Eine trinkt ab und zu ein Wasser, um die Leber zu überraschen.«

So oder so: Es tut so gut, sich einen Abend lang den Kopf frei zu lachen. Stephan Bauer durfte sich denn auch über einen extrem langen Applaus freuen. (GEA)