METZINGEN. Es ist Abend und damit Zeit für den Heimweg. Durch den Tunnel in Metzingen gehe ich zum Gleis 2, auf dem der Zug in Richtung Stuttgart gleich einfahren wird. Doch zunächst muss ich die Treppe hochsteigen. Für mich ist das kein Problem, für andere schon. Hinter mir höre ich ein angestrengtes Geschnaufe. Eine Mutter möchte auch zum Zug, kommt aber mit ihrem Kind im Wagen nicht alleine die Treppe hoch. Ein anderer Fahrgast hilft ihr. Oben angekommen bedankt sie sich für seine Hilfe. Es gibt durchaus Aufzüge im Bahnhof Metzingen. Sie sind aber keine Alternative, weil sie seit Monaten noch nicht fertig eingebaut sind. Es gibt schon lange keinen sichtbaren Fortschritt mehr an deren Installation.
Beides zusammen ist das Sinnbild fürs Pendeln mit dem Zug im Jahr 2023, wie ich es erlebt habe: Denn über Monate war das Gleis 1 gesperrt, weil Bauarbeiter dort den Bahnsteig erhöht haben und einen Fahrstuhl eingebaut haben. Wegen im alten Bahnsteig gefundenen Asbests verzögerten sich die Arbeiten. Über den neuen Aufzug sollen die Fahrgäste ganz bequem in den Tunnel gelangen und mit einem weiteren Lift hoch zu den Zügen. Die Streckensperrungen und Bauarbeiten mussten wir aushalten, wenn die Züge nicht am Hausbahnsteig hielten und wir Fahrgäste uns vom Gleis 2 durch den Tunnel zum Stadtzentrum schoben. Doch von den versprochenen Verbesserungen haben wir noch viel zu wenig. Die drei Fahrstühle sollen nämlich erst in Betrieb gehen, wenn das Gleis 4 fertig und in Betrieb ist. Aber bis dort Züge von und nach Bad Urach abfahren, dauert es mindestens bis Ende diesen Jahres. Es fehlt noch die Signaltechnik und erst wenn die installiert ist, ist der Halbstundentakt nach Bad Urach möglich.
Freude über kleine Fortschritte
Wer wie ich fast jeden Tag mit dem Zug pendelt, freut sich schon über kleine Fortschritte, die es 2023 gab: Das sind die neu gepflasterten Treppen zum Tunnel und zu den Bahnsteigen sowie die neuen verglasten Wartehäuschen mit Bänken. Darin lässt sich bei Wind und Wetter besser warten. Wenn es mal wieder heißt: Der Zug in Richtung Osterburken über Stuttgart kommt fünf Minuten, nein zehn Minuten, nein fünfzehn Minuten oder sogar noch später. Für mich wird es spannend, wenn der verspätete und der nächste Zug etwa zur gleichen Zeit einfahren sollen. Manchmal kommt der zweite Zug zuerst, manchmal hat aber auch er Verspätung. Und mitunter stehe ich eine Stunde in der Kälte und warte auf einen Zug in Richtung Stuttgart, zumal die warme Bahnhofshalle um 20 Uhr schließt. Dann verbringe ich die Zeit damit, nach den schnellen IRE-Zügen und den roten RB-Zügen von Herrenberg nach Bad Urach zu schauen. Dann passiert wenigstens etwas und die Zeit geht schneller rum. Doch es gibt auch Tage, an denen die Abendzüge auf die Minute pünktlich einfahren. Ob es ein entspannter oder chaotischer Abend wird, merke ich erst auf dem Bahnsteig.
»Fährt dieser Bus nach Nürtingen?« Diese Frage haben Busfahrer zwischen Tübingen und Nürtingen im Sommer sehr oft gehört. Es hätte auch der Bus nach Tübingen sein können. Damals hielten sie den Verkehr aufrecht, als wegen Bauarbeiten keine Züge fuhren. Auf manchen stand das Ziel, auf anderen nur, dass sie auf der Linie fahren. Darum fragten die Fahrgäste immer wieder nach dem Ziel - zumal es einen langsameren Bus mit Halt in Bempflingen gab und einen Expressbus, der ohne Stopp durchfuhr. Komfortabel waren die Reisebusse - manche sogar Doppeldecker - durchaus. Doch die Fahrt dauerte viel länger als üblich. Aus den zehn Minuten Zugfahrt zwischen Metzingen und Nürtingen wurde eine halbe Stunde Busfahrt plus Umsteigezeit. Mehr Reisezeit, weniger Feierabend daheim. (GEA)