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Sanierung des Firstbachs in Wannweil wird teuer

Der Firstbach ist normalerweise ein harmloses Bächlein. Bei Starkregen kann er zum reißenden Gewässer werden. In Wannweil bricht deshalb immer mal wieder das Ufer weg, die Häuser oberhalb könnten gefährdet sein. Was die Gemeinde jetzt tut.

Wannweils Ortsbaumeister Carsten Göhner dokumentiert die Krainerwand im Firstbach, die die in sie gesetzten Hoffnungen nicht ers
Wannweils Ortsbaumeister Carsten Göhner dokumentiert die Krainerwand im Firstbach, die die in sie gesetzten Hoffnungen nicht ersetzt hat und deshalb ersetzt werden muss. Ein stabiler Hang ist wichtig - links oben stehen Häuser. Foto: Andreas Fink
Wannweils Ortsbaumeister Carsten Göhner dokumentiert die Krainerwand im Firstbach, die die in sie gesetzten Hoffnungen nicht ersetzt hat und deshalb ersetzt werden muss. Ein stabiler Hang ist wichtig - links oben stehen Häuser.
Foto: Andreas Fink

WANNWEIL. Bonlandenbach, Fürstbach, Firstbach: Er entspringt in Ohmenhausen und wechselt auf gut sechs Kilometern zwei Mal seinen Namen, bevor er in Wannweil die Echaz mündet. Normalerweise kommt er als kleines Bächlein daher, gerade mal ein, zwei Meter breit. Wenn's lange und viel regnet, entwickelt es sich aber zu einem reißenden Gewässer. Dann wird der Firstbach für Wannweil zu einem ernsthaften Problem. Jetzt war er im Gemeinderat erneut Thema. Am Ortsausgang soll er am Ende der Gottlieb-Daimler-Straße saniert werden.

Das Thema ist ein alter Hut in Wannweil. »Wir reden seit Jahren darüber«, sagt Bürgermeister Dr. Christian Majer, »jetzt ist es Zeit, zu handeln.« Seit mehr als zwei Jahrzehnten beschäftigt sich die Verwaltung und der Gemeinderat mit dem Firstbach. Immer wieder bricht die Böschung weg. Am Ende der Gottlieb-Daimler-Straße ist das Ufer inzwischen recht nahe an ein paar Häuser getreten. Im Jahr 2020 hat die Gemeinde in Abstimmung mit der Stadtentwässerung Reutlingen die von der Unteren Wasser- und Naturschutzbehörde im Landratsamt vorgegebene Böschung mit einer Krainerwand gesichert.

»Wir reden seit Jahren darüber - jetzt ist es Zeit, zu handeln«

Eine Krainerwand ist eine Stützwand, die aus einer Gitterstruktur aus Holz besteht, in die Erde und Schotter geschüttet wird. Sie werden begrünt, idealerweise graben sich die Wurzeln in den Boden und klammern so die Wand am Boden fest. Was in der Theorie und andernorts hervorragend funktioniert, hat an dieser Stelle nicht geklappt: Die Krainerwand ist regelrecht in sich zusammengesackt, das Ufer bricht weiter weg - mit jedem Hochwasser ein bisschen mehr. Unten im Ort, kurz bevor der Firstbach in die Echaz mündet, holt der Bauhof jedes Jahr 60 bis 80 Tonnen Dreck raus.

Ende Januar haben sich Wannweils Bürgermeister Christian Majer, Ortsbaumeister Carsten Göhner und einige Gemeinderäte mit Torsten Müller, Abteilungsleiter Gewässer und Regenwassermanagement bei der Stadtentwässerung Reutlingen, vor Ort getroffen, um sich ein Bild über die aktuelle Situation zu machen. Ins Visier genommen wurde die Zufahrtsmöglichkeit in dem Gewässerabschnitt, die geologischen Anomalien im anstehenden Gelände und der aktuelle Zustand der Krainerwand.

Die Gemeinde Wannweil hat im Firstbach an dieser Stelle mit einem sogenannten Steinsatz dafür gesorgt, dass das Ufer und der obe
Die Gemeinde Wannweil hat im Firstbach an dieser Stelle mit einem sogenannten Steinsatz dafür gesorgt, dass das Ufer und der oberhalb verlaufende Feldweg wieder stabil sind. Foto: Andreas Fink
Die Gemeinde Wannweil hat im Firstbach an dieser Stelle mit einem sogenannten Steinsatz dafür gesorgt, dass das Ufer und der oberhalb verlaufende Feldweg wieder stabil sind.
Foto: Andreas Fink

Gesichert werden soll die Böschung jetzt nicht mehr mit einer Krainerwand, sondern mit einem Steinsatz. Als Steinsatz wird im Gewässerbau ein Bauwerk aus großen, aufeinandergeschichteten Steinquadern bezeichnet, das verhindert, dass ein Ufer von der Strömung angenagt oder weggerissen wird. Wie so etwas aussieht, kann man am Firstbach wenige Hundert Meter flussaufwärts sehen. Die Gemeinde Wannweil hat hier das Ufer wiederherrichten lassen, das das Hochwasser weggerissen hat. Nicht nur das Ufer war den Wassermassen zum Opfer gefallen, auch der oberhalb verlaufene Feldweg war nachgerutscht.

Nach dem Gespräch mit der Unteren Wasserbehörde im Landratsamt weiß die Wannweiler Verwaltung, dass sie in der Verpflichtung zum Hochwasserschutz und zur Sicherung der Wohnbebauung steht. Was bedeutet, dass sie das Ganze selbst zahlen muss. Unter gewissen Voraussetzungen bestehe die Möglichkeit, dass die privaten Anlieger an den Kosten beteiligt werden können, steht in der Drucksache des Gemeinderats - Details werden noch keine genannt. Auch Details zu einer möglichen Beteiligung der Stadt Reutlingen werden derzeit noch hinter verschlossenen Türen verhandelt.

»Aber was wir hier machen, ist ein Beitrag zur Bürokratie in unserem Land«

Die Verwaltung geht derzeit von Kosten in Höhe von rund 314.000 Euro aus. Das Geld ist in den Haushalt für das laufende Jahr eingestellt. Das war's aber noch nicht: Wannweil muss noch gut 15.000 Euro für eine geologische Untersuchung des Untergrunds ausgeben. Ein weiteres Ingenieurbüro bekommt gut 5.000 Euro für die Bemessung den statischen Nachweis der steinernen Stützmauer. Der dickste Brocken, knapp 33.000 Euro, geht an das Ingenieurbüro, das die Gewässerplanung und die hydraulischen Bemessungen ausrechnet.

Der Gemeinderat hat einstimmig die Voruntersuchungen an die drei Ingenieurbüros einstimmig vergeben. Weil es keine Alternative gebe, wie Dr. Christoph Treutler (GAL) sagt. CDU-Rat Erich Herrmann ärgert sich: »Das ist kein Vorwurf an die Verwaltung. Aber was wir hier machen, ist ein Beitrag zur Bürokratie in unserem Land. Wir geben 53.000 Euro für Büros aus, die uns beraten, ein Bächle auf 30 Metern zu sanieren - und noch keine Schaufel ist bewegt - das ist schon heftig.« Er habe sich mit einem ehemaligen Gemeinderat unterhalten. Die beiden waren sich einig: Früher wäre man mit einem Bauleiter einer Straßenbaufirma in den Bach gestiegen und hätte überlegt, wie man das Ufer richtet. Jetzt braucht's dafür erst mal viel Geld für das Ingenieurwissen.

Bürgermeister Christian Majer zeigt sich dankbar für die kritische Bemerkung: »Wir denken uns das nicht in der Verwaltung aus.« Ein Prozess dieser Art stehe im Rathaus »für zig, für kilometerlange E-Mails und unendlich viele Telefonate«. (GEA)