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Pliezhäuser Initiative lädt AfD-Kandidaten von Podium aus

Anstatt sechs Bundestagskandidaten, wie ursprünglich geplant, dürfen nur fünf zur Podiumsdiskussion des Vereins »Lärmschutzjetzt« kommen. Warum Rudolf Grams ausgeladen wurde, und wie Reaktionen auf die Ausladung ausfallen.

Etwa 50.000 Fahrzeuge sind auf der B 27 bei Pliezhausen täglich unterwegs. Das sorgt für Verkehrslärm. Die Initiative Lärmschutz
Etwa 50.000 Fahrzeuge sind auf der B 27 bei Pliezhausen täglich unterwegs. Das sorgt für Verkehrslärm. Die Initiative Lärmschutzjetzt will mit Abgeordneten und Kandidaten über Verkehr und Lärmschutz diskutieren - nicht aber mit Rudolf Grams. Foto: Malte Klein
Etwa 50.000 Fahrzeuge sind auf der B 27 bei Pliezhausen täglich unterwegs. Das sorgt für Verkehrslärm. Die Initiative Lärmschutzjetzt will mit Abgeordneten und Kandidaten über Verkehr und Lärmschutz diskutieren - nicht aber mit Rudolf Grams.
Foto: Malte Klein

PLIEZHAUSEN. Die Pliezhäuser Lärmschutzinitiative »Lärmschutzjetzt« setzt sich seit Jahren für ein Tempolimit auf der stark befahrenen B27 und auf Hauptstraßen im Pliezhäuser Teilort Gniebel ein. Vor der Bundestagswahl veranstaltet die Initiative jetzt eine Podiumsdiskussion mit Kandidaten des Wahlkreises Reutlingen. Dabei sollen sie über Verkehr, Lärmschutz und bessere Lebensbedingungen sprechen. Ursprünglich hatte die Initiative dazu sechs Kandidaten am Donnerstag, 13. Februar, ab 19.30 Uhr ins Sportheim Waldeck in Rübgarten eingeladen.

Dort werden allerdings nur fünf Kandidaten auf dem Podium sitzen. Die Pliezhäuser Initiative hat entschieden, den AfD-Kandidaten Rudolf Grams wieder auszuladen. Das steht in einer E-Mail, die der Vereinsvorsitzende Martin Griesinger im Namen des gesamten Vorstands an Maximilian Gerner, einen der beiden Reutlingen AfD-Kreisvorstände, verschickt hat. Die Nachricht liegt unserer Redaktion vor.

Initiative will Zeichen setzen

Griesinger begründet den Schritt damit, dass der CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz einen Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik in den Bundestag eingebracht hat, den die AfD-Abgeordneten in der Abstimmung unterstützt haben. »Bisher gingen die politisch aktiven Vereine davon aus, dass die Mehrheiten im Bundestag mit den Parteien der Mitte, wie von Herrn Merz noch im Herbst versprochen, geschaffen werden.« Aus der neuen Situation folgt nun für den Verein »Lärmschutzjetzt« Folgendes: »Mit der Toleranz der Stimmen einer der vom Bundesverfassungsschutz beobachteten, Ihrer Partei, ist die politische Basis, mit Bürgerinnen und Bürgern und ihren Vereinen in die Pflicht genommen, an die Parteien des Bundestags ein klares Zeichen zu senden.« Das sei die Ausladung von Rudolf Grams.

Am Mittwoch teilt die Initiative auf GEA-Anfrage mit, sie habe Grams ausgeladen, weil sie so eine »klare Haltung gegenüber extremistischen Strömungen« zeigen wolle und das nicht nur Parteien überlassen wolle. Nach der Einladung im Dezember 2024 habe es Entwicklungen in der AfD gegeben, auf die man nun reagieren wollte. Als Beispiele werden das Gespräch der AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel mit Elon Musk und Weidels Ansichten zur Energiewende genannt.

CDU-Politiker Donth ist erwünscht

Den lokalen CDU-Bundestagsabgeordneten Michael Donth ebenfalls auszuladen, der Merz' Antrag und dessen Vorgehen verteidigt hatte, komme nicht in Frage. Grund: Donths fachliche Relevanz. »Er ist bereits gewählter Abgeordneter und Mitglied des Verkehrsausschusses im Bundestag. Er ist aktiv in politische Entscheidungsprozesse eingebunden und bringt konkrete Expertise in der Verkehrspolitik mit.«

Griesingers Schreiben hat vielfältige Reaktionen ausgelöst: Harald Rinderknecht spricht im Namen der AfD-Fraktion im Pliezhäuser Gemeinderat von einem »undemokratischen Verhalten«. Schließlich sei die AfD bei der Kommunalwahl 2024 mit drei Mandaten in den Gemeinderat gewählt worden. »Die Bürger haben uns demokratisch gewählt und somit ihr Vertrauen ausgesprochen. Deshalb akzeptieren wir die Ausladung unseres Direktkandidaten in keinster Weise«, teilt Rinderknecht mit, der auch für seine Fraktionskollegen Christian Bothner und Natalie Weimer-Hess spricht.

Die erste Ausladung für Grams

Auch Rudolf Grams ärgert die Ausladung. »In einer Demokratie muss man miteinander reden. Wenn man das nicht mehr tut, geht man komische Wege«, sagt er dem GEA. Aus Grams Sicht sei es auch wichtig, mit allen Parteivertretern zu sprechen. Er hat auf die Nachricht der Initiative direkt geantwortet: »Es ist bedauerlich, dass Sie uns von der Veranstaltung ausschließen. Offenbar entspricht es dem Selbstverständnis der etablierten Parteien, unliebsame Meinungen auszugrenzen - ein fragwürdiges Demokratieverständnis.« Allerdings ist die Lärmschutzinitiative keine Partei, sondern ein Verein. Für Grams sei es das erste Mal, dass er von einer Diskussion ausgeladen werde. »Ich habe gehört, dass andere Mal darüber diskutiert haben, sich aber dagegen ausgesprochen hat. Schließlich sind wir nach den Umfragen zweitstärkste Kraft.«

Kritik an der Ausladung Grams kommt auch vom CDU-Gemeinderat Andreas Keinath: »Es wurden auf Anhieb drei Personen der AfD in den Gemeinderat Pliezhausen gewählt. Offensichtlich haben sehr viele Bürger diese Wahl begleitet und waren der Auffassung, dass die AfD in diesem Gremium vertreten sein muss.« Seitdem müssten sich die übrigen Räte mit deren Argumenten auseinandersetzen, diese widerlegen und neue Konzepte vorlegen. Die Arbeit im Bundestag sei mit Anträgen und Beschlüssen ähnlich. »Wenn die CDU Anträge einbringt und die AfD mit ihr zustimmt, ist das gesetzlich und demokratisch einwandfrei.«

CDU kritisiert taktisches Vorgehen

Aus Keinaths Sicht sei es taktisch unklug, Kandidaten auszuladen. Er wendet sich an die Initiative: »Sie streben hauptsächlich die Reduzierung der Lärmbelästigung von der B 27 an, einer Bundesstraße, die einem Bundesministerium unterliegt. Jetzt greifen Sie offen einen AfD-Politiker an, der bei einer Mehrheit, sofern Herr Donth nicht das Direktmandat erlangt, auf Bundesebene agieren kann und wird.« Im Übrigen hätte man Grams ja kritische Fragen stellen können. »Jetzt hat man offensichtlich und für jeden erkennbar Angst vor diesem Mann.« An der Podiumsdiskussion werden die Politiker Michael Donth (CDU), Sebastian Weigle (SPD), Pascal Kober (FDP), Jaron Immer (Grüne) und Jessica Tatti (Bündnis Sarah Wagenknecht) teilnehmen. Die Kandidatin Anne Zerr (Die Linke) ist laut des Reutlinger Kreissprechers Rüdiger Weckmann nicht eingeladen worden. (GEA)