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Neues Konzept für altes Dettinger Backhaus

Robert Oslislo übernimmt das »untere Backhaus« in Erbpacht und will einen Kulturverein gründen, der sich um dessen Erhalt kümmert. Veranstaltungen sind geplant, weiter gebacken wird aber auch.

Robert Osslislo (rechts) wird das untere Backhaus vion 1866 in Erpacht führen, gemeinsam mit Frank Saier möchte er einen Kulturv
Robert Osslislo (rechts) wird das untere Backhaus vion 1866 in Erpacht führen, gemeinsam mit Frank Saier möchte er einen Kulturverein zu dessen Erhalt gründen Foto: Kirsten Oechsner
Robert Osslislo (rechts) wird das untere Backhaus vion 1866 in Erpacht führen, gemeinsam mit Frank Saier möchte er einen Kulturverein zu dessen Erhalt gründen
Foto: Kirsten Oechsner

DETTINGEN. Dettingen ohne Rahmkuchen? Undenkbar. Die Spezialität wurde laut Überlieferung einst in den Backhäusern der Gemeinde erfunden, die Dreh- und Angelpunkt des dörflichen Lebens und der Kommunikation waren. Per Backlos konnte man sich in die Backhäuser einmieten – gleich drei gab’s einst in der Gemeinde. Bis heute lebt die Tradition, in den Backhäusern Brot und herzhafte Kuchen – dazu zählt selbstverständlich auch Pizza – weiter. Aber, die Zahl Nutzer ist deutlich zurückgegangen und es lohnt sich für die Kommune nicht mehr, drei Backhäuser vorzuhalten. Deshalb hat sich die Gemeinde entschlossen, das »untere Backhaus« in unmittelbarer Nachbarschaft zum ehemaligen Eisenlohr-Gelände in Erbpacht zu übergeben, 50 Jahre wird es nun von Robert Oslislo genutzt.

Das Konzept des gebürtigen Bad Urachers hat den Gemeinderat überzeugt, vor allem soll das Backhaus eines bleiben: Lebendiger Ort für Begegnung und Kultur. Das ist auch ausdrücklicher Bestandteil des Vertrags: »Das Untere Backhaus soll als Kleinod in seinem Erscheinungsbild erhalten werden und so als Zeitzeugnis bestehen bleiben«, heißt es seitens der Gemeinde. »Ein behutsamer Umgang mit dem historischen Fassadenmaterial wird daher erwartet.« Das heißt konkret: Die am Gebäude angebrachte Hinweistafel mit dem Baujahr 1866 muss dort hängen bleiben als sichtbares Zeichen der Bedeutung für die Ortsgeschichte.

Gebäude renovieren und mit Leben füllen

Der 27-jährige Oslislo ist sich der Verantwortung bewusst und nimmt sie gerne an. Und das, obwohl die Renovierung des Backhäusles mit der Backstube und einer separaten Wohnung aufwändig ist. Um das Gebäude, das nicht unter Denkmalschutz steht, so weit wie möglich original zu erhalten, wird er gemeinsam mit seinem Freund und Geschäftspartner Frank Saier einen Kulturverein gründen. Dessen Aufgabe wird es sein, das Gebäude zu renovieren und in einem nächsten Schritt mit Leben zu füllen, selbstverständlich werde es auch weiterhin als Backhaus genutzt und kann gemietet werden. Motor des Projekts ist Frank Saier, der ein großes Faible für alte Dinge hat und sie mit viel Liebe zum Detail und Authentizität restauriert. Mit dieser Leidenschaft habe er seinen jüngeren Kompagnon angesteckt, dem er gerne und bewusst eine Anschubhilfe gebe: »Ich unterstütze ihn bis es läuft.«

Geplant ist, mit dem Kulturverein jährlich drei bis vier Veranstaltungen zu organisieren. Vor allem wollen die beiden Partner die legendäre Backhaus-Hockte im Kleinen wieder aufleben lassen. Über 40 Jahre hinweg war die Strecke vom unteren über das mittlere bis zum oberen Backhaus am Mühleplatz belebte Festmeile. Das Fest gibt’s nicht mehr, der Wunsch danach bei den Dettingern indes schon. Damit kann auch ein Nachbar leben, dessen Grundstück gerade mal einen Meter vom Backhaus entfernt endet. Doch gegen weitere Pläne der beiden Initiatoren wehrt er sich, die gemeinsam eine Eventagentur mit Oslislo als Mehrheitseigner führen: Auf dem neben dem Backhaus liegenden Areal in Ermsnähe, das einst zum Traditionsunternehmen Eisenlohr gehörte, soll ein Biergarten mit 50 Sitzplätzen entstehen. Umbauarbeiten würden sich in Grenzen halten, das Trafohäuschen soll als Servicestation für Getränke und einfachste schwäbische Speisen dienen. Zunächst wird der Biergarten nach Auskunft der Initiatoren an Sommerwochenenden von 11 bis 22 Uhr geöffnet sein, gegebenenfalls in einem nächsten Schritt auch unter der Woche. Oslislo und Saier möchten darüber hinaus an sechs oder sieben Terminen etwas größere Veranstaltungen organisieren, erste Versuche wie ein Vatertagsfest oder eine Feier am Heiligen Morgen kamen bei vielen Gästen bereits bestens an.

Nicht aber beim Nachbarn, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte: Ein Biergarten sollte in diesem Mischgebiet nicht eingerichtet werden, das passe seiner Ansicht nach nicht in die Umgebung – er spreche sich gegen den Gastrobetrieb aus und werde das auch so der Gemeinde eindringlich kommunizieren. Saier, der direkt neben dem geplanten Biergarten in dem denkmalgeschützten, 1906 gebauten ehemaligen Bürogebäude von Eisenlohr zehn hochwertige und stilvolle Ferienwohnungen betreibt, betont, dass ihm an einer guten Nachbarschaft gelegen sei. Veranstaltungen würden deshalb auch um 22 Uhr enden und Live-Musik werde nicht gespielt. Jetzt heißt es erst einmal abwarten, wie das Genehmigungsverfahren ausgeht – der Bauantrag liegt vor.

Ob alle Voraussetzungen für eine gebietsverträgliche Nutzung vorliegen, werde laut Ortsbaumeister Felix Schiffner noch mit dem Umweltschutzamt beim Landratsamt Reutlingen - fachlich zuständig für die immissionsschutzrechtliche Prüfung - abgeklärt. Zudem sei es gutachterlich nachzuweisen, dass die Lärmgrenzwerte für ein Mischgebiet nicht überschritten werden. Für Saier und Oslislo heißt es in diesem Punkt abwarten. Mit dem Backhaus soll’s losgehen, sobald die Verträge unterschrieben sind. Für Robert Oslislo, der derzeit in Dottingen wohnt, kann’s nicht schnell genug gehen: Er möchte selbst in die 40 Quadratmeter große Backhauswohnung ziehen. (GEA)