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Mostprämierung in Glems: Saubere Kellerarbeit ist das A und O

Bei der vierten Prämierung im Landkreis Reutlingen gab es am Freitag im Glemser Obstbaumuseum ein knappes Rennen. Wie der Wettbewerb abgelaufen ist und wer gewonnen hat.

Gläser hoch, Farbe und Klarheit prüfen. Die Teilnehmenden waren mit großem Engagement bei der Verkostung am Werk.
Gläser hoch, Farbe und Klarheit prüfen. Die Teilnehmenden waren mit großem Engagement bei der Verkostung am Werk. Foto: Bernd Ruof
Gläser hoch, Farbe und Klarheit prüfen. Die Teilnehmenden waren mit großem Engagement bei der Verkostung am Werk.
Foto: Bernd Ruof

METZINGEN-GLEMS. Mostkenner waren am Freitagabend im Glemser Obstbaumuseum unter sich. Zum vierten Mal sollte der beste Most im Landkreis Reutlingen verkostet und bewertet werden. 17 Moste und vier Druckmoste galt es zu probieren und nach Farbe, Klarheit, Geruch, Harmonie und Geschmack zu beurteilen. Die maximale Punktzahl beim Geschmack war eine 10, in allen anderen Kategorien waren jeweils fünf Punkte zu vergeben. Eingeladen hatte der Kreisfachberater des Landratsamts Reutlingen, Simon Walch, unterstützt wurde er von Willy Müller, Vorsitzender des Fördervereins Obstbaumuseum Glems, und seinem Team.

Die eingeladenen Teilnehmer waren allesamt Erstplatzierte der ersten drei Ränge von lokalen Mostprämierungen im Landkreis. Ausrichter sind laut Simon Walch Partnerschafts-, Obst- und Gartenbauvereine sowie Förder- und Albvereine. Ihnen galt auch der Dank von Landrat Ulrich Fiedler: »Die Vereine halten Kultur und regionale Vielfalt aufrecht«, las Walch vor.

»Wir wollen Gesundheits- und Traditionsbewusstsein dem Konsum an die Seite stellen«

Der Hintergrund ist ihm ganz wichtig. Natürlich geht es um den wegen seines räsen Geschmacks oft verkannten Schwabentrunk Most, aber in erster Linie steht dahinter der Erhalt der Streuobstwiesenlandschaft in Baden-Württemberg. Seit 1950 sind mehr als 80 Prozent dieser Wiesen verschwunden. Die Ursachen: zu niedrige Preise für Streuobst, Bebauung, verändertes Verbraucherverhalten und mangelnde Pflege. Auch der Klimawandel mit Wetterextremen setzt den Bäumen zu.

»Wir wollen Gesundheits- und Traditionsbewusstsein dem Konsum an die Seite stellen«, betonte Walch, »ein guter Most ist so edel wie ein Cidre, gehört geschätzt wie ein Apfelwein, der als hessisches Nationalgetränk gilt. Der sinkende Stern des Mostes wurde ausgelöst durch günstige Preise und die stete Verfügbarkeit anderer alkoholischer Getränke.«

»Vor allem bei den Jüngeren hat ein Umdenken eingesetzt und die Wiesen werden wieder besser gepflegt«

Tatsächlich war das frühere Alltagsgetränk, das bei der Feld- oder Hofarbeit und nach Feierabend getrunken wurde, lange Zeit nicht geschätzt. »Das ist sehr schade«, sagen Hans Olpp, der bei der Dettinger Rosstriebkellerei früher den Secco machte, und der Glemser Stefan Reusch, der mit seinem »Mostbesen« und der eigenen Mosterei mit Saftabfüllung einen guten Ruf genießt. Olpp freut sich jedoch, dass vor allem bei den Jüngeren ein Umdenken eingesetzt hat, die Streuobstwiesen wieder besser gepflegt und Apfel und Birne zu Most gemacht werden.

Beide sind Mostkenner und als solche als Juroren an diesem Abend gefragt, zusammen mit den anwesenden Mostern und den Begleitpersonen die Bewertungsbögen auszufüllen. Ein deftiges schwäbisches Vesper schafft die Grundlage für die Verkostung. Schon von Anfang an stellen die Experten fest, dass die Qualität der Moste gegenüber dem Vorjahr weit höher ist. Richtig »liadrige« sind nicht dabei, wie Hans Olpp sagt, auch wenn bei einigen die Farbe eher an »Spülwasser« erinnert.

Die Sieger mit Simon Walch vom Landratsamt (hinten links): Gabi Hilbert, Uli Remensperger, Klaus Riexinger und Karl Kleyh (von l
Die Sieger mit Simon Walch vom Landratsamt (hinten links): Gabi Hilbert, Uli Remensperger, Klaus Riexinger und Karl Kleyh (von links). Foto: Bernd Ruof
Die Sieger mit Simon Walch vom Landratsamt (hinten links): Gabi Hilbert, Uli Remensperger, Klaus Riexinger und Karl Kleyh (von links).
Foto: Bernd Ruof

Im Angebot sind Apfelmoste oder Apfel-Birnen-Mischungen. Aus einem reinen Apfelmost einen wirklich guten Most zu machen ist laut Stefan Reusch schwierig. Er bevorzugt Moste mit einem Drittelanteil Birne und zwei Drittel Apfel. »Die Birne bringt die Süße.« Die fehlt den Birnen des Jahrgangs 2024 jedoch, weil es zu viel geregnet hat. Insgesamt brachte das Vorjahr keine gute Ernte, wie Reusch betont.

In den Pausen zwischen den Verkostungen geben die beiden Juroren immer wieder Tipps für die Moster. Eine Frage des Geldes ist das Fass. Fast ausschließlich verwenden die Hobby-Moster Plastikfässer. Reusch wirbt immer für Edelstahl, weil diese Fässer luftdicht abgeschlossen werden können. Hans Olpp rät dazu, beim örtlichen Getränkehändler vorbeizugehen, dort könnten ausgebrauchte Edelstahlbierfässer günstig erworben werden.

»Wir haben keine Frostschäden, die Ernte wird gut. Und wenn die Moster unsere Tipps umsetzen, wird die Qualität weiter steigen«

Ein Muss ist für Stefan Reusch, der selbst einen Most außer Konkurrenz in die Prämierung gab, das Verwenden von Reinzuchthefen, wie sie im Weinbau verwendet werden. Und natürlich ist das A und O für ihn eine saubere Kellerarbeit: Edelstahlfässer, saubere Schläuche, alles steril ohne Lufteinschluss.

Zum Schluss standen vier Druckmoste auf der Verkostungsliste. Sie werden im Stahlfass hergestellt. Hierfür gärt der frisch eingefüllte unbehandelte Saft im Druckfass nur ein bis zwei Wochen. Da der Gärdruck nicht entweichen kann, wird die Gärung gestoppt. Der Most bleibt dadurch alkoholarm mit viel Restzucker. Das macht den Druckmost runder im Geschmack und er hat mit zwei Prozent deutlich weniger Alkohol als der klassische Most mit seinen fünf bis sechs Prozent.

Bei der Ergebnisbekanntgabe durch Simon Walch bewahrheitete sich die Einschätzung der beiden Juroren: Die Platzierten lagen dicht beieinander: Bei den voll ausgegorene Mostsorten aus Birnen und Äpfeln siegte am Ende der Pfullinger Klaus Riexinger vor Karl Kleih und Uli Remensperger. Bei den Druckmosten lag Gabi Hilbert vorne.

Stefan Reusch freut sich schon auf die fünfte kreisweite Mostprämierung: »Wir haben keine Frostschäden, die Ernte wird gut, und wenn die Moster einige unsere Tipps umsetzen, wird die Qualität weiter steigen«, ist er sich sicher. (GEA)