METZINGEN-GLEMS. »Wenn der Computer ausfällt, kann ich nicht telefonieren«, sagt eine Frau, die in Glems arbeitet. Denn sie hat einen Handyvertrag mit Vodafone, während der Computer, über den sich auch telefonieren lässt, über einen anderen Anbieter läuft. Beide bieten in Glems keinen lückenlos zuverlässigen Empfang. Der Telekom-Mobilfunk auch nicht: Das Smartphone zeigt vor dem Rathaus keinen Sendebalken an, Anrufe gehen nicht raus, bei WhatsApp wird die Sanduhr statt der Haken eingeblendet. Der GEA berichtet seit Jahren über das Funkloch in Glems. Geändert hat sich nichts.
Wenn die Frau mit dem Vodafone-Handy nicht erreichbar ist, kann sie nur begrenzt arbeiten. Und der Telekom-Kunde fragt sich, warum er über 30 Euro im Monat an den Magenta-Riesen löhnt, wenn er nicht auch in Metzingens ländlichstem Stadtteil im Kessel vor der Alb telefonieren oder chatten kann. Liegt Glems bei den Mobilfunk-Anbietern im Schatten, weil dort zu wenige Menschen wohnen und zu wenig Gewinn abgeschöpft werden kann? Widerstand aus den Reihen der gut 1.000 Einwohner gegen neue Sendemasten im Flecken ist jedenfalls nicht spürbar.
Neue Technik am bestehenden Mast
Der GEA hat Mitte September zwei Telekom-Unternehmenssprecher angeschrieben und gefragt, wann der Mobilfunk-Empfang in Glems denn nun besser wird. Sie haben bisher nicht geantwortet. Vor Jahren hatte ein Sprecher darauf verwiesen, dass man auf der Suche nach dem Standort für einen zusätzlichen Sendemasten sei, und an die Stadt Metzingen appelliert, bei der Grundstück- oder Gebäude-Suche doch bitte behilflich zu sein. Die Stadtverwaltung sah sich dafür nicht zuständig: Die Suche sei der Job der Mobilfunkanbieter.
Auf die aktuelle GEA-Anfrage geantwortet hat dagegen Vodafone. Konzernsprecher Volker Petendorf weist daraufhin, dass Glems aktuell von dem GSM-Standort S0838 versorgt werde. »Durch die GSM-Versorgung bieten wir den Kunden in Glems die Möglichkeit, in den besiedelten Gebieten mobil zu telefonieren.« Das deckt sich allerdings nicht mit den Schilderungen der eingangs erwähnten Handynutzerin, die über Empfangslücken bei Vodafone berichtet.

In Zukunft soll jedenfalls alles besser werden, wie Petendorf deutlich macht: »Die Erweiterung der örtlichen Mobilfunkstation mit LTE-Systemen (in den Frequenzbereichen LTE700, LTE800 und LTE 900) sowie 5G (im Frequenzbereich 700) ist bereits im Planungs- und Realisierungsprozess.« Die entsprechenden Antennen würden an die bestehende GSM-Station montiert, danach an das weltweite Telekommunikationsnetz angebunden und schließlich frequenztechnisch in die bestehenden Mobilfunknetze im Landkreis Reutlingen integriert. »Wenn alles glatt läuft, wird die Aufwertung der aktuellen GSM-Station zu einem modernen 5G-Standort im Laufe des nächsten Jahres 2026 erfolgen«, informiert der Vodafone-Sprecher.
Die Telekom fokussiert sich derweil auf einen neuen Mobilfunkmasten an der Bahnstrecke und der B 28 zwischen Metzingen und Reutlingen. »Die Datennutzung im Mobilfunk steigt jedes Jahr um rund 30 Prozent«, sagt Abdu Mudesir, Vorstand für Technologie und Innovation der Deutschen Telekom, »wir erweitern deshalb unser Netz und erhöhen fortlaufend die Geschwindigkeit, Verfügbarkeit und Kapazität.« Mit den Bauarbeiten für den 35 Meter hohen Stahlgittermast nahe Bundesstraße und Bahnlinie wurde bereits begonnen, 2026 soll er in Betrieb gehen.
Ortsvorsteher Seiz hat guten Empfang
Von solchen Neuerungen können die Glemser nur träumen. »Unser Mobilfunknetz ermöglicht es Menschen, jederzeit und überall miteinander zu kommunizieren«, behauptet Mudesir. Für Glems stimmt das offenbar nicht. Ortsvorsteher Andreas Seiz hat 2021 den Mobilfunk-Ausbau im kleinsten Metzinger Teilort als »für manche Leute sehr sensibles Thema« bezeichnet, das man im Ortschaftsrat noch nicht behandelt habe.
GSM, UMTS, LTE, 5G
Das Global Systeme for Mobile Communication (GSM) ist ein 1990 eingeführter Mobilfunkstandard, der in über 200 Ländern genutzt wird. In Deutschland ist es die technische Grundlage der D- und E-Handynetze. Das volldigitale GSM mit den Erweiterungen GPRS und EDGE hat als zweite Generation des Mobilfunkstandards (2G) hierzulande den analogen A-, B- und C-Mobilfunk der ersten Generation abgelöst.
Die dritte Generation (3G) war das Universal Mobile Telecommunications System (UMTS) mit deutlich höheren Datenübertragungsraten, das in Deutschland aber Ende 2021 abgeschaltet wurde. Als nächster technischer Entwicklungsschritt kam das LTE (Long-Term-Evolution)-System, auch als 4G bezeichnet und zu LTE-A(dvanced) oder LTE+ / 4G+ ausgebaut. Seit 2019 ist mit 5G der derzeit aktuellste Mobilfunkstandard aufgebaut worden.
Alle Systeme setzen voraus, dass die jeweilige Infrastruktur für sie bereitgestellt wird, also etwa Masten und Sendeanlagen. Da das nicht überall gleich schnell geschieht oder gleichermaßen rentabel ist, existieren je nach Ort unterschiedliche Mobilfunkstandards. (pfi)
Es habe Gespräche mit Unternehmen gegeben, ob sie nicht am großen Sendemast der EnBW auf dem Grasberg nah beim oberen Stausee des Glemser Pumpspeicherwerks andocken könnten, doch das entsprach offenbar nicht den Vorstellungen der Mobilfunkbetreiber. Seiz selbst, der kein Telekom-Kunde ist, sieht weniger Defizite als andere. »Ich habe keine Probleme mit dem Handytelefonieren in Glems.« Fein raus ist auch, wer einen Internetanschluss hat, von dem sich Handys das Empfangssignal holen können. (GEA)

