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Mit farbigem Weizen in Römerstein fürs Vollkornbrot begeistern

Backmarathon unter dem Motto »Handwerk trifft Wissenschaft« in Böhringen bei Becka Beck.

Von hell bis dunkel reicht die Farb- palette des neuen Vollkornbrots das Heiner Beck (links),  Christian Böck, Mario Jekle und F
Von hell bis dunkel reicht die Farb- palette des neuen Vollkornbrots das Heiner Beck (links), Christian Böck, Mario Jekle und Friedrich Longin präsentieren. FOTO: RUOF
Von hell bis dunkel reicht die Farb- palette des neuen Vollkornbrots das Heiner Beck (links), Christian Böck, Mario Jekle und Friedrich Longin präsentieren. FOTO: RUOF

RÖMERSTEIN. Deutschland ist ein Brotland. Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks geht von 3.200 Sorten aus. Nun sind noch 25 Vollkornsorten dazugekommen beim Brotbackmarathon in Böhringen bei Becka Beck. Gemeinsam mit der Universität Hohenheim nach der Devise »Handwerk trifft Wissenschaft« wurde nach den Worten von Professor Friedrich Longin über fünf Jahre experimentiert, farbiges Saatgut aus Europa und Übersee aufgetrieben, im Labor untersucht, es vermehrt und schließlich gebacken.

»Wir wollen Vollkorn liebenswert machen«, sagt Inhaber Heiner Beck. Denn der Anteil des Vollkornbrots am Brotverzehr der Deutschen insgesamt liegt gerade mal bei knapp elf Prozent, Tendenz eher sinkend. Mischbrote und Toast führen das Ranking an.

Trend gehr zu süßen Backwaren

Die Farben der Weizensorten reichen von hellen über blaue, schwarze bis zu purpurfarbenen Körnern. »Weißer und purpurner Weizen ist in Deutschland kaum etabliert, kann aber helfen, Vollkornbrote attraktiver zu machen. Die helleren Brote schmecken weniger nach Vollkorn und überbieten die gängigen Weizensorten dennoch durch ein breites Spektrum an gesunden Inhaltsstoffen«, sagte Longin.

»Soft und hell – so muss ein Brot für einen Großteil der Verbraucher aussehen und schmecken, die häufig dunklen Vollkornbrote sind weniger beliebt. Der Trend geht zu hellen, süßen Backwaren«, weiß der Leiter der Arbeitsgruppe Weizen an der Landeszuchtanstalt der Universität Hohenheim.

Mit im Boot war Mario Jekle, Leiter des Fachgebiets für Pflanzliche Lebensmittel an der Uni Hohenheim. Er untersuchte, ob farbige Weizensorten den Verzehr von Vollkornbroten attraktiver machen können. Für ihre Studie testeten die Forscher sechs weiße Weizensorten, acht übliche, zehn purpurne sowie ein Gelbmehlweizen-Sorte. Das Getreide, so Jekle, wurde an unterschiedlichen Anbauorten sowie unter den Bedingungen von konventioneller und ökologischer Landwirtschaft angebaut. »Anschließend wurden Weizensorten im Labor auf ihre Inhaltsstoffe und Backeigenschaften getestet«, betonte Jekle.

Bevor es aber vom Acker in die Verkaufsregale geht, buken Heiner Beck und sein Schwiegersohn Christian Böck die 25 Brote »freigeschoben« oder in Kastenform.

»1,5 Kilogramm Mehl standen pro Vollkornsorte zur Verfügung, das ergab jeweils drei Brote«, erklärte Böck. »Unsere Angst aus Bäckersicht ist, dass eines nicht schmecken könnte, war unbegründet. Kein Brot ist durch den Raster gefallen.«

Das Farbspektrum der Brote ist laut Böck faszinierend. Von extrem dunklen Broten, die teilweise einen schokoladigen Geschmack aufwiesen wie beim purpurfarbenen Getreide bis zu den ganz hellen Broten, die fast schon einem Weißbrot ähneln.

»Die Menschen wollen sich immer proteinhaltiger ernähren, aber auch Ballaststoffe sind für eine gesunde Ernährung notwendig«, sagte Mario Jekle. Vollkornbrot sei ideal für eine ballaststoffhaltige Ernährung.

Dinkel erlebt eine Renaissance

Es reiche jedoch nicht, den Menschen zu erzählen, dass Vollkornbrot gesund sei oder Plakate aufzuhängen, auf denen der Verzehr beworben werde. Seiner Aussage nach verfügen die neuen farbigen Sorten zudem über weitere positive Inhaltsstoffe wie Anthocyane. Sie binden freie Radikale und schützen somit die DNA sowie Lipide und Kohlenhydrate vor Schädigung. Den Anthocyanen werden noch andere Wirkungen zugeschrieben: Sie sollen die Sehvorgänge verbessern, entzündungshemmend und gefäßschützend wirken", sagte Jekle.

Heiner Beck sieht auf jeden Fall genügend Entwicklungspotenzial. »Vor 30 Jahren hätte niemand gedacht, dass Emmer und Dinkel eine Renaissance erleben. Wir müssen jetzt an verschiedenen Stellschrauben drehen: Das Saatgut vermehren, die Landwirte unterstützen und nach und nach das Bäckerhandwerk vorbereiten, dass wenn die Nachfrage kommt, wir bereit sind.« (GEA)