METZINGEN. »Was für die eine Art Gold ist, ist für die andere Gift«, sagt Dr. Florian Wagner: Fangen lichtliebende Vögel mit Hecken in Albvorland-Wiesen nichts an, fühlen sich Igel oder Spitzmäuse darin umso wohler. Mähen Ziegen den Magerrasen am Floriansberg regelmäßig ab, »hockt dort die Heuschrecke drin«, informiert der Fachmann vom Institut für Naturschutz (INA) und Fachplanungen Südwest. Frösche am Schmiedstobelsee behalten wiederum nur dann ihren Lebensraum, wenn der See nicht verlandet. Dafür sorgt regelmäßig der Nabu, der den Bewuchs zurückdrängt, den See dadurch auch am Licht hält.
Auch andere engagierte Bürger können sich einbringen: beim Schutz bestehender Biotope genauso wie bei der Schaffung neuer: Wo finden sich welche schützenswerten Tier- oder Pflanzenarten? »Gebietskenner sind gefragt«, sagt Wagner. Sie können ihren Input an die Stadt weitergeben. Diese stellt zusammen mit dem INA, den Gemeinden Grafenberg und Riederich und dem Landkreis Reutlingen eine Biotopverbundplanung auf.
Streuobst als größte Herausforderung
Sie arbeiten damit dem Land zu, das gesetzlich dazu verpflichtet ist, ein Netz zusammenhängender Biotope zu knüpfen und zu erhalten. Ziel ist die Erhaltung der Biodiversität, also der Artenvielfalt bei Flora und Fauna. Eine lebende, fruchtbare und das Klimagas CO2 bindende Natur ist wiederum Basis für das Überleben des Menschen. Im Ermstal geht es vor allem um die Ränder: um den Albtrauf, den gegenüberliegenden Metzinger Weinberg und den Floriansberg etwas dahinter, beide Zeugen des Schwäbischen Vulkans. Die Mitte des Tals ist fast durchgehend besiedelt.
Metzingen hat das Soll von 15 Prozent Biotopverbundfläche schon erfüllt. »20, 30, 40 Prozent sind Streuobstwiesen«, erläutert Wagner auf Frage von Grünen-Gemeinderätin Charlotte Stocker. Diese hat auf den Pflegeaufwand der Bäume hingewiesen. »Wir müssen sie in vernünftigem Zustand halten«, ist auch für den Experten klar, »das Thema Streuobst ist die größte Herausforderung. Eine Überforderung der Eigentümer droht. «
Denn der Pflegeaufwand muss sich für sie lohnen. Die Obstvermarktung wirft angesichts großer Konkurrenz aus anderen Regionen und Ländern zu wenig ab. Landwirte bekommen staatliche Prämien für den Erhalt der typischen Landschaft, eines der europaweit größten zusammenhängenden Streuobstgebiete, das sich am Albtrauf entlang über 26.000 Hektar und durch sechs Kreise zieht, doch auch sie tragen den Lebensunterhalt nicht. Auf Florian Wagner, den Fachplaner, der in Pliezhausen wirkt, machen die Wiesen rund ums Ermstal aber einen vergleichsweise guten Eindruck. »In Rübgarten sind die Streuobstbäume viel ungepflegter.«
»Es gibt eine Baumschnittförderung«, macht Metzingens noch neue Umweltberaterin Sarah Laib deutlich, »Privatpersonen bekommen Geld dafür, sie können sich bei uns melden.« Auch solche, die Ideen für den Biotopschutz einbringen wollen. Mit Grundeigentümern, Gebietskennern und Naturschutzverbänden will die Stadtverwaltung sprechen, Handlungsfelder für sie entwickeln. Die Leute des Planungsbüros um Florian Wagner werden sich bei Geländebegehungen ein Bild von Flora und Fauna vor Ort machen.
Wildbrücken angeregt
Robert Schmid von den Freien Wählern könnte sich »Wildbrücken über Straßen« vorstellen, »da könnten kleinere Amphibien drübergehen. Gibt es die Möglichkeit, Straßen zu unterqueren?« Das hält Naturplaner Wagner für eher schwierig, »weil die Straßen schon da sind. Für den Bau einer Unterquerung müssten sie für zwei bis drei Wochen gesperrt werden.« Ist der Tierschutz doch nicht so überragend wichtig? Bei neuen Straßen durch die Natur wird regelmäßig an kreuzende Kröten oder Wild gedacht.
Grünen-Rat Klaus Rümmelin will bei den Biotop-Plänen »Grundstücksbesitzer mitnehmen«, aber das haben die Macher sowieso vor. Eine anderweitige Nutzung, etwa durch Bebauung, wird auf den Biotop-Flächen ausgeschlossen sein.
Schon 1978 hat sich die Stadt Metzingen Gedanken über schützenswerte Biotope gemacht und den Bestand aufgenommen. Diese Zusammenstellung ist die Basis für die neue. Die Biotopverbundplanung soll 2026 abgeschlossen werden. Während und gegen Ende der Planungen werden öffentliche Info-Veranstaltungen einen Überblick über den Stand der Dinge geben und zu weiteren Anregungen einladen. (GEA)