Logo
Aktuell Integration

Metzingens Integrationsprojekt "Herz&Fäden" auf Fair-Handeln-Messe präsent

Frauen mit Migrationshintergrund machen aus alten Bannern, Fahnen und anderen Dingen Taschen, Kissen und mehr. Metzingens Integrationsbeauftragte Karina Montes spricht von einer Erfolgsgeschichte, die Integration und Nachhaltigkeit verbindet.

Sie machen aus alten Neues (von links): Arek Warstad, Integrationsbeauftragte Karina Montes und Samira Jawish
Sie machen aus alten Neues (von links): Arek Warstad, Integrationsbeauftragte Karina Montes und Samira Jawish Foto: Kirsten Oechsner
Sie machen aus alten Neues (von links): Arek Warstad, Integrationsbeauftragte Karina Montes und Samira Jawish
Foto: Kirsten Oechsner

METZINGEN. Upcycling liegt im Trend, aus nicht mehr gebrauchten Dingen werden Sachen mit neuem Nutzen. Von Upcycling der besonderen Art spricht eine Gruppe aus Metzingen und das aus gutem Grund: Bei den Aktiven handelt es sich um Frauen mit Migrationshintergrund, zusammen gefunden haben sie sich 2023 nach dem zweiten Metzinger Frauen-Dialog. Was klein angefangen hat, wurde zu einer Erfolgsgeschichte: »Herz&Fäden« ist am Wochenende auf der Messe Fair Handeln in Stuttgart mit einem Stand vertreten – das sei eine große Ehre, macht Integrationsbeauftragte Karina Montes deutlich: »Wir sind stolz, was wir erreicht haben.« Der Erfolg sei ein Verdienst der beiden kreativen Köpfe der Gruppe: Samira Jawish, syrische Kurdin, und Arek Warstad, die Armenierin stammt ursprünglich aus dem Irak.

Nach dem ersten Metzinger Frauen-Dialog 2019 verpuffte die Dynamik aufgrund von Corona, nach der Wiederaufnahme der Veranstaltung 2023 waren unzählige Frauen mit und auch ohne Migrationshintergrund voller Tatendrang – der hält bis heute an. Eine Fotoausstellung mit Motiven einiger Migrantinnen gab den Anstoß, als Gruppe eng zusammenzuarbeiten: Als die Banner mit den Fotos ausgedient hatten, sollten die nicht einfach weggeschmissen werden – die Idee des Upcyclings war geboren. Verarbeitet wurden auch übrig gebliebene Kalender mit den Fotos. Bereits ein Jahr später wurden dann beim dritten Frauendialog die aus den Bannern hergestellten Taschen ausgestellt. Auch Metzingens Marketing und Tourismus GmbH (MMT) stellte seine ausgemusterten Fahnen und Banner zur Verfügung.

Besuch von der baden-württembergischen Landesministerin

Dann ging es Schlag auf Schlag, im Juli folgte eine Ausstellung in der Stadtbibliothek – die gefertigten Kissen blieben gleich dort. Im September folgte dann ein Besuch von der baden-württembergischen Landesministerin Thekla Walker bei der Frauengruppe, die hatte im Vorfeld dazu eigens Upcycling-Material für eine Ausstellung zur Verfügung gestellt bekommen. »Der Besuch hat uns sehr motiviert und hat uns ermutigt, unsere Sachen auch für den Verkauf herzustellen«, erzählt Karina Montes. Das war dann beim letztjährigen Weihnachtsmarkt der Fall: »Wir wollten unsere Gruppe sichtbar machen«, so Montes und es sei auch immer wichtig gewesen, die Bildungsarbeit zu zeigen, die hinter einem solchen Projekt stecke.

Nun folgt mit der Präsenz auf der Fair Handeln-Messe der nächste Schritt einer Entwicklung, deren Ende noch nicht absehbar sei: »Wir haben nicht damit gerechnet, in so kurzer Zeit so weit zu kommen«, macht Montes deutlich. Hinter Samira Jawish und Arek Warstad liegen arbeitsintensive Wochen: »Ich war oft auch samstags und sonntags hier, uns geht langsam die Zeit aus«, erzählt Samira Jawish, die in Syrien Textiltechnik studiert hatte. Ihr Wissen sei lange eher theoretisch gewesen, nun sei sie auch in der Praxis fit. Arek Warstad erzählt, dass sie schon immer gerne viel genäht habe. Etwa zehn Frauen, vornehmlich aus dem arabischen Raum, aber auch eine Peruanerin und eine Taiwanesin gehören zur Gruppe, Näherfahrung haben nicht alle – es würde dennoch genug zu tun geben. Karina Montes erinnert sich, wie die Banner mehrfach per Hand gereinigt werden mussten – immerhin hatten sie teilweise monatelang im Freien hängend oder wehend auf Veranstaltungen hingewiesen.

Aus Taschen ist längst mehr geworden, Mäppchen, Kissen und viele andere Dinge werden inzwischen aus alten Materialien hergestellt: »Es ist ein schönes Gefühl, wenn ein neues Produkt entsteht und nichts weggeschmissen wird«, erklärt Arek Warstad. Sie und Samira Jawish sind bei Integrationsprojekten der Stadt Metzingen als Mitarbeiterinnen involviert, das Nähprojekt betreiben sie ehrenamtlich. Nach Jahren im Familienzentrum, wo zwei Stunden in der Woche zur Verfügung standen und danach alles aufgeräumt werden musste, wird seit März in einem Raum in der ehemaligen Feuerwache gearbeitet. Wie lange das möglich ist, weiß Karina Montes nicht. Aber eines ist klar: Die Gruppe freut sich über neue Frauen, die mitmachen wollen. Bislang wird eingenommenes Geld ins Integrationsprojekt reinvestiert und die Gruppe überlegt sich, es auf professionellere Beine im Sinne eines Start-ups zu stellen: »Das Thema Nachhaltigkeit kommt an«, weiß Karina Montes. Seinen Ursprung hat »Herz&Fäden« im Frauen Dialog, eine Neuauflage ist für Samstag, 27. September terminiert. (GEA)