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Martinskirche von Zainingen zweitschönste Kirche Deutschlands

Die 500 Jahre alte Zaininger Martinskirche bekommt Publikumspreis. Menschen als »Lebendige Steine«.

Die eingefriedete Zaininger Kirche im Jahr 1900. Die 1559 gebaute Ringmauer bot einst Kaufleuten auf der Handelsstraße von Paris
Die eingefriedete Zaininger Kirche im Jahr 1900. Die 1559 gebaute Ringmauer bot einst Kaufleuten auf der Handelsstraße von Paris nach Prag Schutz. Foto: Kirche
Die eingefriedete Zaininger Kirche im Jahr 1900. Die 1559 gebaute Ringmauer bot einst Kaufleuten auf der Handelsstraße von Paris nach Prag Schutz.
Foto: Kirche

RÖMERSTEIN-ZAININGEN. Die Zaininger Martinskirche ist die zweitschönste Kirche des Jahres 2024 nach Meinung der Teilnehmer eines Wettbewerbs der Stiftung KiBa. Sie kürten die Dorfkirche im sächsischen Selben zur schönsten Kirche 2024. Nur knapp dahinter lag bei der Abstimmung für den undotierten Publikumspreis die Martinskirche. Die Stiftung zur Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler in Deutschland (Stiftung KiBa) ist eine Stiftung der Evangelischen Kirche in Deutschland und ihrer Mitgliedskirchen. Die Stiftung wurde 1997 gegründet und kümmert sich um den Erhalt.

»Unser lebendiger Gott möge auch künftig die Menschen segnen, ermutigen und begleiten, die in diese Kirchen und alle Kirchen weltweit gehen oder diese unterstützen«, so der Zaininger Pfarrer Daniel Mangel. Damit macht er bewusst, dass das vermutlich im 15. Jahrhundert erbaute ehrwürdige Gebäude zwar eine lange Geschichte als Bauwerk hat, aber von innen heraus aus »lebendigen Steinen« besteht: den Menschen, die Glauben leben, gestalten und weitergeben im historischen Ambiente.

Der Römersteiner Pfarrer Daniel Mangel und die Kirchengemeinderatsvorsitzende Elfriede Hagmeyer im neuen Museum der Zaininger Ki
Der Römersteiner Pfarrer Daniel Mangel und die Kirchengemeinderatsvorsitzende Elfriede Hagmeyer im neuen Museum der Zaininger Kirche. Foto: Mara Sander
Der Römersteiner Pfarrer Daniel Mangel und die Kirchengemeinderatsvorsitzende Elfriede Hagmeyer im neuen Museum der Zaininger Kirche.
Foto: Mara Sander

»Lebendig, kein Mauerwerk«, be-schreibt Mangel den Grundgedanken für Glaubensinhalte und nennt als Beispiel Predigten. Es geht nicht um feste Texte, sondern darum, die Menschen einzubinden, auf sie und ihre Probleme und Schicksale einzugehen. »Jede Predigt ist auch Seelsorge«, so Mangel, der Predigtgedanken aus Gesprächen und Impulsen seiner Gemeindemitglieder entwickelt.

So wird die äußerlich zweitschönste Kirche des Jahres 2024 innen mit Leben erfüllt, nicht nur in diesem Jahr. Das war auch schon in früheren Zeiten so. Davon zeugt das überlebensgroße Christopherus-Fresko an einer Wand innen. Dieses Bild von Christopherus, der Jesus trägt, deute auf eine inhaltliche Leitlinie der Gemeinde hin, erklärt Mangel.

»Jede Predigt ist auch Seelsorge«

»Christen sind Christusträger. Christen tragen Christus in, an und bei sich. Sie tragen ihn in ihrer Lebensmitte. Sie tragen Christus in ihre kleine Welt, manchmal sogar über große Gräben hinweg«, erläutert der Pfarrer die Symbolik des Bildes.

Im Jahr 1559 ließ Herzog Christoph eine Ringmauer um die Martinskirche bauen, die einst Kaufleuten auf der Handelsstraße von Paris nach Prag in gefährlichen Situationen Schutz bot. Sie diente vor allem dem Schutz durchreisender Transporte, insbesondere der Salzfuhren, die auf der Durchgangsstraße Wien – Paris eine große Rolle spielten.

Zur Erhaltung der Ringmauer kann jeder eine Patenschaft für einen Meter Kirchenmauer mit fünf Euro pro Monat erwerben. Mit dem Beitrag wird nicht nur der Erhalt der Festungsmauer, sondern auch von Turm und Kirchenschiff gesichert. »Die Martinskirche Zainingen prägt zusammen mit der Hüle unser Zaininger Ortsbild«, so der Pfarrer.

»Lebendige Steine« im historischen Umfeld sind vor allem die vielen Gruppen und Veranstaltungen in der Gemeinde, die eigentlich aus zwei Gemeinden besteht, weil Feldstetten seit 2020 dazugehört. Die Gemeindemitglieder und weitere Bürger sind so aktiv und mit ihrer Kirche verbunden, dass sie bis jetzt für die Turmsanierung fast 80.000 Euro gespendet, aus Aktionserlösen und an Eigenleistungen erbracht haben. Ein solches Engagement gab es übrigens auch schon bei der Renovierung des Gemeindehauses. Darum ist die Vision, auch das Kirchenschiff trotz derzeitigen allgemeinen Baustopps irgendwann renovieren zu können, keine Illusion. Eine Erklärung für derart hohes Engagement kann die Kirchengemeinderatsvorsitzende Elfriede Hagmeyer geben als Antwort auf die Frage, warum sie dieses Ehrenamt übernommen hat. »Ich finde, wir dürfen in unserer Kirche weitergeben. Jeder hat kaum mehr Zeit für irgendwas. Dem muss man etwas entgegensetzen.«

»Martinskirche und Hüle prägen unser Ortsbild«

Zeit-, Geld- und Arbeitsleistungsspenden sind Möglichkeiten sich zu engagieren. Die Weitergabe eigener Glaubenserfahrungen in Gesprächen mit anderen Menschen und die Teilnahme am Gemeindeleben sind neben Gottesdiensten und Seelsorgeangeboten das Fundament dafür, dass die Zaininger Martinskirche nicht nur als Bauwerk zu den schönsten im Land zählt, sondern von innen heraus noch viel mehr zu bieten hat.

Die Glocken im Turm der Martinskirche und die Weigle-Orgel verkünden das hörbar, das neue Turmmuseum macht es sichtbar und die Teilnahme an den vielen Angeboten erlebbar. (GEA)