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Männer und Motoren: Ein Auto, das auffällt

METZINGEN. Auf einem großen Feld inmitten vieler automobiler Wracks hat er ihn im US-Bundesstaat Kansas entdeckt. Und gleich gekauft. Für 600 Dollar. Ein Schrotthaufen, wie Michael Holloköi sagt. »Nur das Getriebe hat gefehlt.« Doch das hat ihn wenig gestört. Den alten Reihensechszylinder und damit auch das Getriebe wollte er sowieso gegen einen neueren V 8 tauschen. Das war 2002.

Lässig hinter dem großen Lenkrad: Michael Holloköi in seinem Chevrolet.
Lässig hinter dem großen Lenkrad: Michael Holloköi in seinem Chevrolet. Foto: Thomas Füssel
Lässig hinter dem großen Lenkrad: Michael Holloköi in seinem Chevrolet.
Foto: Thomas Füssel
Er schaffte den zweitürigen Chevrolet Super Deluxe aus dem Jahr 1940 zunächst zu einem Freund nach Chicago. Der hatte einen passenden Motor. Einen Small Block mit fünf Liter Hubraum. Natürlich von Chevrolet. »Für Amerikaner ist das ja nur ein Motörchen«, lacht Holloköi. Doch zum »Cruisen« auf deutschen Straßen sei das völlig ausreichend. Das Auto blieb zunächst noch mehrere Jahre in einer Garage in den USA, bis er es schließlich nach Deutschland brachte.
»Das Radio ist eigentlich überflüssig - beim Klang des V 8«
In Metzingen wurde dann daraus, was es heute ist: ein Schmuckstück. Die alte Innenausstattung aus Stoff - Himmel, Sitzbezüge und Türverkleidungen - wurde durch cremefarbenes Leder ersetzt. Hier hat ein Freund geholfen, der Sattler ist, hinzu kam noch ein Kfz-Mechaniker, und Holloköi selbst, der als Karosseriebauer arbeitet. Alle auf ihrem Gebiet Fachleute - und Oldtimer-Fans. »Ich will gar nicht wissen, wie viele Stunden wir daran gearbeitet haben.« Sichtbar ist, dass viel Liebe, Zeit und Geld drinsteckt.

Holloköi sitzt locker auf der durchgehenden Sitzbank und startet den Motor. Der 8-Zylinder läuft leise an. Eine Servolenkung gibt es nicht. Das große Lenkrad mit viel Spiel muss fest in die Hand genommen werden. »Das ist noch Arbeit.« Die Drei-Gang-Automatik schaltet ruckfrei hoch.

Wie kam er denn dazu, sich solch ein Auto zuzulegen? »Am Anfang haben mich die amerikanischen Hot Rods begeistert«, sagt er während der Fahrt durch Metzingen. Alte US-Cars mit neuen leistungsfähigen Motoren, getrimmt auf Rennen über die Viertelmeile. Als er dann noch einem Freund bei Karosseriearbeiten an einem Ford aus dem Jahr 1934 geholfen hat, war's um ihn geschehen. »Ein Auto, wie es schon Al Capone fuhr.«

Die Blicke der Passanten und anderer Autofahrer richten sich immer wieder auf Holloköis Chevy. Anerkennendes Nicken auf der einen, Daumen hoch auf der anderen Seite. Das Auto fällt auf, was heute auf viele Oldtimer schon nicht mehr zutrifft. Wer sich nicht auskennt, wer nicht zufällig das H-Kennzeichen sieht, nimmt kaum war, was sich so alles im Verkehr bewegt. »Als meine Frau das erste Mal mit mir im Chevy unterwegs war, hat sie sich noch beschwert, dass wir von allen Seiten angestarrt werden.« Und dabei gilt das Interesse dem Auto.

Vieles in seinem Chevy aus dem Jahr 1940 ist moderne Technik. Die Geschwindigkeit wird über Satellit gemessen, das Radio, das auf den ersten Blick nostalgisch wirkt, ist ein modernes Gerät mit USB-Anschluss. »Ich hab's noch nie angemacht. Eigentlich ist es überflüssig - bei dem Klang.« Er meint den chromblitzenden V 8, der vorne unter der Haube souverän werkelt, so wie es nur solch ein Motor kann und eingefleischte Fans zu fast schon philosophischen Betrachtungen hinreißt.

Mit 80 Sachen geht es inzwischen über die B 28 Richtung Neuhausen. PS? »Das weiß ich nicht genau. Es müssten so um die 150 sein.« Für solch ein »Motörchen« ist das fast nichts. 140 Stundenkilometer darf er damit fahren. Wegen der Reifen. Weißwand-Diagonal-Reifen, wie man sie in den 40er-Jahren fuhr. »Schneller als mit 100 bin ich sowieso nicht unterwegs.« Was völlig ausreicht. Für den Weg zur Arbeit, zum Einkaufen oder mal ins Kino nach Stuttgart. »Ich brauche keinen Rennwagen, ich will nur cruisen«, erklärt Holloköi, der lässig hinterm Lenkrad sitzt.

Nur im Winter oder wenn das Wetter im Sommer doch zu heftige Kapriolen schlägt, sagt er, bleibt der Chevrolet in der Garage. Dann nimmt er seinen VW Tiguan. Auch für den Urlaub. Apropos Winter. Das wäre in seinem Chevy dann doch etwas heftig. Das Auto hat keine Heizung. »Da war nie eine verbaut, sonst hätte ich sie repariert.« Die notwendigen Lüftungsschlitze unterhalb der zweigeteilten Frontscheibe gibt es aber. »Ich vermute deshalb, dass die Heizung als Option angeboten wurde.«
»Ich brauche keinen Rennwagen, ich möchte cruisen«
Ein kurzer Stopp in Neuhausen gegenüber der Inneren Kelter, um noch ein paar Fotos zu machen. Die Farbe? »Schwarz-braun«, erklärt Holloköi, »wie sie heute noch viele Hersteller im Angebot haben.« Fünf Schichten übereinander. »Aber ohne Klarlack, das macht es leichter, wenn irgendwann einmal nachlackiert werden muss.«

Verbrauch? Unerheblich. Wen interessiert es bei solch einem Auto. Auf der Rückfahrt wieder anerkennende Blicke, was Holloköi durchaus genießen kann. An der Ampel steht ein flaches Cabriolet neben dem hohen Chevrolet. Wie alt ist der denn? Michael Holloköi, der demnächst 43 wird, antwortet gerne. »Das wird meiner wohl nicht erreichen«, sagt der Fahrer des Flitzers noch und ist schon wieder weg. Im großen amerikanischen Super Deluxe aus dem Jahr 1940 geht es dagegen gemütlich weiter. Zurück in die Garage. Bis zur nächsten Ausfahrt. Zum Beispiel zum Einkaufen.

Männer und Motoren

Diese GEA-Serie handelt von Oldtimern und ihren Besitzern. Wenn Sie ein schönes Fahrzeug in der Garage stehen haben, das älter ist als 30 Jahre, melden Sie sich bei uns. Alle bisher erschienenen Folgen stehen auf der GEA-Internetseite. (co) oldtimer@gea.de www.gea.de/maenner-und-motoren
Der Chevrolet ist es ein Schmuckstück, das im Straßenverkehr die Blicke auf sich zieht. FOTO: PRIVAT
Der Chevrolet ist es ein Schmuckstück, das im Straßenverkehr die Blicke auf sich zieht. FOTO: PRIVAT
Der Chevrolet ist es ein Schmuckstück, das im Straßenverkehr die Blicke auf sich zieht. FOTO: PRIVAT