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Aktuell Fachtagung

Licht als Quelle von Verschmutzung

RÖMERSTEIN-BÖHRINGEN. Vor lauter Licht sieht man nachts keine Sterne mehr. Welch ein Paradoxon. Doch es gibt sie tatsächlich, die Lichtverschmutzung, die der sternenhellen Nacht ihre Faszination nimmt.

Die Lichtverschmutzung, die künstliche Aufhellung von Nachthimmel und Natur, war deshalb nicht von ungefähr das große Thema einer Fachtagung aus der Alb-Talk-Reihe der Umweltakademie Baden-Württemberg im Dialog mit der Naturschutzverwaltung sowie in Kooperation mit dem Biosphärengebiet Schwäbische Alb und dem Projekt »Sternenpark« am Donnerstag im Rathaus von Böhringen.

Fast 60 Teilnehmer aus allen gesellschaftlichen Bereichen nutzten rege die Gelegenheit, mit Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft (angereist aus Frankreich, Deutschland und der Schweiz) über das Thema Lichtverschmutzung zu diskutieren und nach Lösungen zu suchen.

Überzeugungsarbeit notwendig

Die Fachleute stellten sich nach Referaten und der anregenden Podiumsdiskussion "Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten" bereitwillig den Fragen des Publikums. "Garten- und Weihnachtsbeleuchtung brennt bei manchen Leuten das ganze Jahr, auch die ganze Nacht", beobachtet Dr. Andreas Hänel, Leiter der Fachgruppe Dark Sky Deutschland aus Osnabrück. "Es ist schwierig die Leute davon zu überzeugen, dass das nicht notwendig is.t. So könne man sich beispielsweise auch den Beleuchtungs-Schrott der Discounter, Billig-Funzeln mit ultrakurzem Leben, ganz sparen. "Das ist Sondermüll, den man kauft und sich damit zugleich ein ökologisches Problem einhandelt", mahnt er.

Mit Unternehmen, die ihr Licht nicht nur zum Arbeiten nutzten, sondern gleichzeitig auch ganze Straßenzüge und Fassaden, wenn auch unbeabsichtigt, damit ausleuchteten, müsse man einfach reden, glaubt Adrian Ettwein, Rechtsanwalt aus dem schweizerischen Bern. »Man stößt meist auf offene Ohren«, ist seine Erfahrung in Sachen Aufklärungsarbeit. »Die meisten haben einfach nicht daran gedacht und benutzen hinterher die Jalousien.«

Hingegen beschäftigt sich Frankreich schon länger intensiv und ganz konkret mit der Lichtverschmutzung. Peu à peu sollen nachts von diesem Jahr an die Lichter in den Gemeinden und Unternehmen öfters oder sogar ganz ausgehen, wie Jean-Michel Lazou aus Strasbourg bestätigt. Getestet werde das bereits vielerorts mit Erfolg, wie er sagt. »Man muss den Kontakt zu den Menschen suchen, die die Nacht ganz anders erleben. Für Senioren mit Ein- und Durchschlafproblemen spielt die permanente, störende Außenbeleuchtung sicherlich eine große Rolle«, glaubt Lazou.

Für Einbrecher auch? »Sicherheitsexperten und Statistiken in Frankreich bestätigen, dass eine Abschaltung des Lichts keine negativen Auswirkungen in Sachen Einbrüche hat.« Scheuen Einbrecher die Dunkelheit also? »Mit der Taschenlampe einen Einbruch zu wagen, ist schwierig und viel zu riskant«, sagt der Franzose. »Einbrecher brauchen Licht.«

»Wenn Statistiken das belegen, nun gut«, meldet sich da Römersteins Bürgermeister Michael Donth zu Wort. »Sicherlich gibt es auch eine Statistik, die besagt, dass es keinen bösen Mann im Keller gibt. Trotzdem ist das emotionale Empfinden womöglich ein anderes, das dem rationalen Empfinden hier im Weg steht und das Licht trotzdem anknipsen lässt.« Auf eine »Halbnächtigkeit« der Straßenbeleuchtung - nur jede zweite Leuchte brennt - habe man sich deshalb in Römerstein verständigt. Das Unsicherheitsempfinden ist riesig, wenn es ganz dunkel ist, so Donths eigene Erfahrung. Zeitungsausträger könnten das wohl bestätigen.

Ohne Licht oft Unsicherheit

Und: »Kommunen laufen Sturm, wenn man das Licht ganz ausmacht«, hätten Testversuche auf der Alb, wie in St. Johann, bereits gezeigt. Macht »Gewohnheitsrecht« Straßenbeleuchtung à la Sherlock Holmes also den Garaus?

Nur eine knappe Mehrheit im Saal war dafür, die Lichter nachts ganz auszuschalten, wie die spontane Frage von Moderator Thomas Scholz von SWR 4 (Studio Tübingen) zeigte. Ein Schritt in die richtige Richtung seien jedenfalls Straßen- und Außenbeleuchtungen, die einen ökologischen wie effizienten Beleuchtungszweck erfüllten, ohne große Lichtmengen sinnlos nach oben oder zur Seite abzustrahlen.

»Um den Sternenhimmel besser zu sehen, haben wir gewiss nicht 560 000 Euro in die Hand genommen«, gibt Donth zu und spricht dabei von Römersteins neuer LED-Straßenbeleuchtung. »Wir haben es aus Nachhaltigkeitsgründen getan und weil wir 70 Prozent Energiekosten im Jahr einsparen.« Vorschläge des Projekts Sternenpark Schwäbische Alb seien mit eingeflossen.

Ob staatliche Regelungen grundsätzlich wohl sinnvoll sind? »Den gesunden Menschenverstand bei den Leuten mehr fördern und an ihrem Bewusstsein ansetzen«, so das Plädoyer von Adrian Ettwein und Michael Donth.

»Lichtverschmutzung ist oft Nichtwissen und Gedankenlosigkeit«, weiß Sabine Frank von der Initiative zum Schutz der Nacht. Trotzdem: Richtlinien gegen eine Beleuchtung à la Las Vegas fände sie hilfreich. Wenn man durch Überzeugung die Problematik beheben könne, umso besser, aber Skybeamer hätten am Nachthimmel einfach nichts verloren, so Matthias Engel, Initiator des Sternenparks Schwäbische Alb.

»Natur- und Umweltschützer sind keine Gegner der Beleuchtungsindustrie«, betont Lazou. »Mit Know-how und Technologie könnten gemeinsam viele Innovationen auf den Weg gebracht werden, ja gar ein neuer Markt geschaffen werden, der allen - Mensch, Tier und Natur - Gutes tut«. (GEA)

Ausstellung in Metzingen

»Der Sternenhimmel über der Schwäbischen Alb«: In der Kreissparkasse in Metzingen läuft noch bis zum 28. Februar eine Ausstellung zum Projekt »Sternenpark Schwäbische Alb« mit faszinierenden Fotos des Tübinger Astrophysikers Till Credner. Außerdem gibt es in der Schau Wissenswertes zum Thema Lichtverschmutzung und zu möglichst effizienter Beleuchtung. (GEA)