ERMSTAL. Ein Mann möchte in einem Fitness-Studio im Ermstal in einem Tanktop trainieren. Doch das ist für ihn als Mann offenbar nicht erlaubt. Denn nach seiner Ansicht verbieten das vier auf einem Plakat abgebildete männliche Oberkörper und die Aufschrift, dass Muskelshirts beim Training nicht gestattet seien. Frauenkörper sind auf dem Schild nicht zu sehen. Den Mann stört das, und er beschwert sich etwa vier Wochen nachdem er Mitglied geworden ist über die unterschiedlichen Kleidervorschriften für Männer und Frauen. Er fühle sich dadurch benachteiligt und wolle, dass die Ungleichbehandlung in Form des Plakats beseitigt werde. Sonst, so kündigte er damals der Geschäftsführung des Studios an, werde er Schritte einleiten. Es sei nicht erlaubt, argumentiert der Sportler, zwischen Männern und Frauen zu unterscheiden.
Letztlich kam es zu einem Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Bad Urach, den der Kläger teilweise gewonnen hat. Das Urteil liegt dem GEA vor. Der Sportler bekommt vom Fitness-Studio, in dem er nun nicht mehr Mitglied ist, eine Entschädigung von 250 Euro. Weitere Forderungen des Klägers wies das Gericht ab. Der Sportler hatte eine Zahlung von 1.500 Euro erwartet - für seine direkte persönliche Beeinträchtigung, für die Ungleichbehandlung, seinen Aufwand und präventiv.
Fachzeitschrift berichtet
Das Tanktop-Urteil des Amtsgerichts Bad Urach schlägt mittlerweile Wellen in der juristischen Welt. So berichtet etwa die Fachzeitschrift Neue Juristische Wochenschrift darüber, die sonst meistens Urteile des Bundesgerichtshofs und der Oberlandesgerichte aufgreift. Doch wie kam es zu diesem Rechtsstreit?
Das Fitness-Studio aus dem Ermstal hatte dem Kläger auf seine Beschwerde per E-Mail ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt und geantwortet, dass das Unternehmen möchte, dass sich alle Kunden dort wohlfühlten. Wolle der Sportler im Tanktop trainieren, sei er in diesem Studio leider falsch. Diese Mail - so sagt es Amtsgerichts-Direktors Dr. Johannes Ady später - zeige, dass die Kleiderordnung nicht nur auf dem Papier bestanden habe, sondern dass sie auch restriktiv durchgesetzt wurde.
Tanktop in Randzeiten erlaubt
Die Betreiber des Fitnessstudios beantragten vor Gericht, die Klage abzuweisen. Das Vertragsverhältnis bestehe nicht mehr. Außerdem würden die Mitglieder unabhängig vom Geschlecht gebeten, keine Muskelshirts zu tragen. Sie sollten trainieren, nicht posieren. Mit der beanstandeten Kleiderordnung wolle das Studio die Kunden steuern, heißt es weiter. Frauen würden nach Überzeugung des Studios ihre Muskeln nicht zur Schau stellen, Männer hingegen schon. Das zeige eine Statistik. Anders als vom Kläger dargestellt, sei dieser wegen des Muskelshirts nicht aus dem Studio verwiesen worden, sondern habe darin trainieren dürfen. Nur eben zu Randzeiten.
Final kommt das Gericht zu folgender Sichtweise: Eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts sei unzulässig, das Studio habe den Sportler durch die geschlechtsspezifische Kleiderordnung aber benachteiligt. Richter Ady ist überzeugt, dass es eine Kleiderordnung nur für Männer gegeben habe. Die besagte E-Mail des Studios zeige, dass diese auch umgesetzt worden sei. Der Sportler könne eine angemessene Entschädigung verlangen.
Keine Wiederholungsgefahr
Auf der anderen Seite habe der Sportler ja zu bestimmten Zeiten im Muskelshirt trainieren dürfen und die Regelung sei nach einigen Wochen zugunsten des Klägers geändert worden, argumentiert das Gericht weiter. Die dem Kläger zugesprochene Summe habe eine gewisse präventive Wirkung. Ein Unterlassungsanspruch bestehe nicht. Weil der Kläger weggezogen sei, bestehe keine Wiederholungsgefahr.
Der Geschäftsführer des Fitness-Studios im Ermstal spricht vom Rechtsstreit als »leidigem Thema«. Aus seiner Sicht habe es gar kein Tanktop-Verbot gegeben, sondern vielmehr ein Gebot, das alle Kunden betraf. Unabhängig vom Geschlecht sollten die Sportler auf entsprechende Kleidung achten. »Zum einen wollen wir uns vom klassischen Muckibuden-Image distanzieren, welches leider noch viele Menschen im Kopf haben«. Denn: »Wir bieten gesundheitsorientiertes Fitnesstraining an, bei dem die Gesunderhaltung und der Spaßfaktor ganz oben stehen«, charakterisiert der Geschäftsführer die Strategie des Studios.
Studiochef spricht von gleichen Rechten
Das Urteil selbst könne er nicht nachvollziehen, »da es auf teilweise falsch dargelegten Behauptungen des Klägers beruht und eine völlig falsche Signalwirkung« biete. Die Diskriminierung existiere nicht. Alle Menschen hätten gleiche Rechte und seien im Studio willkommen. Von der Klage sei er als Geschäftsführer überrascht gewesen, »da dem Kläger überhaupt kein Schaden entstanden ist und er in keinster Weise eingeschränkt war«. (GEA)