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Kreis Reutlingen mietet Haus für Flüchtlinge in Pliezhausen an

In einen Block in Pliezhausen ziehen im Januar 80 geflüchtete Menschen befristet in die Erstunterbringung ein.

In diesen Gebäudekomplex in der Juchtlenstraße in Pliezhausen sollen im Januar Flüchtlinge einziehen.  FOTO: KLEIN
In diesen Gebäudekomplex in der Juchtlenstraße in Pliezhausen sollen im Januar Flüchtlinge einziehen. Foto: Malte Klein
In diesen Gebäudekomplex in der Juchtlenstraße in Pliezhausen sollen im Januar Flüchtlinge einziehen.
Foto: Malte Klein

PLIEZHAUSEN. Vor dem Wohnblock Juchtlenstraße 33 und 35 in Pliezhausen ist es ruhig. Niemand ist auf dem Weg von den Häusern zur Straße zu sehen. Hinter den Gardinen brennt kein Licht. Und auf manchen Klingelschildern stehen noch die Namen früherer Mieter.

In wenigen Wochen wird in diesem Wohnblock wieder Leben sein, wenn Flüchtlinge einziehen. Das hat Steffen Sautter, der Ordnungsamtsleiter von Pliezhausen, in der Gemeinderatssitzung vor Weihnachten berichtet. »Der Landkreis ist unter Druck und möchte dort für sechs Monate Flüchtlinge unterbringen«, sagte Sautter. Sie sollen Mitte Januar in diese Unterkunft der Erstunterbringung einziehen. »Es wird ein Sozialpädagoge da sein und die Flüchtlinge betreuen«, sagte Sautter. Nach und nach werden die Flüchtlinge auf andere Gemeinden im Kreis Reutlingen verteilt.

Bürgermeister Christof Dold ergänzte, dass die Zahlen der Flüchtlinge aktuell steigen. »Die unterzubringen, ist eine Wahnsinnsherkulesaufgabe«, sagte er. Das sei neulich im Kreistag ein Thema gewesen. Im Ort kümmerten sich Ehrenamtliche des Freundeskreises Asyl Pliezhausen sehr um die Flüchtlinge, die dauerhaft im Ort leben. Manche Helfer seien von morgens bis abends im Einsatz. »Auch unser Rathaus-Team arbeitet weit über das normale Maß hinaus«, sagte Dold und ergänzte: »Das ist ein dicker, fetter Rucksack, den sie jeden Tag schultern.« Doch jede Belastung komme auch an ihre Grenzen. Dold sagte, er wolle vermeiden, dass Flüchtlinge in Hallen untergebracht werden – wegen der räumlich beengten Situation dort und damit Sport weiterhin möglich ist.

Pliezhausen ist im Plus

Steffen Sautter beleuchtete die Situation der Anschlussunterbringung in Pliezhausen: Aktuell leben 149 Flüchtlinge mit geklärtem Status langfristig im Ort. Davon sind 79 Ukrainer, von denen 50 in gemeindeeigenen Häusern untergebracht sind. Sautter ordnete ein: Bis Ende März nächsten Jahres gerechnet habe Pliezhausen 29 Ukrainer und 28 weitere Flüchtlinge aus anderen Ländern mehr als der Zuweisungsschlüssel aufgenommen. »Der Druck auf uns ist also überschaubar. Nach dem aktuellen Stand müssen wir niemanden mehr in der Anschlussunterbringung aufnehmen.« In der Gemeinde kümmern sich vorrangig Ana Lataria, deren Stelle vom Landkreis finanziert wird, und Björn Hegmann um die Flüchtlinge. Hausmeister der Gemeinde übernehmen Reparaturen in den Unterkünften. Hinzu kommen sein Stellvertreter Martin Greiner und er selbst als Ansprechpartner. Das sei nach der Arbeit zu Spitzen der Corona-Pandemie eine große Herausforderung. »Wir können es noch leisten, aber es geht weit über das allgemeine Maß hinaus«, sagte Sautter. Andreas Keinath (CDU) fragte, ob die Gemeinde noch Kapazitäten für Flüchtlinge habe, wenn nun der Kreis die Häuser in der Juchtlenstraße belegt. Sautter sagte, diese gebe es durchaus.

Dass der Landkreis Flüchtlinge in Pliezhausen unterbringt, kritisiert die AfD. Deren Pliezhäuser Fraktionsvorsitzende im Kreistag, Harald Rinderknecht, hatte in seiner Haushaltsrede und in einer Anfrage Gerüchte angesprochen, wonach 120 Flüchtlinge Pliezhausen zugewiesen würden. Das teilte Hansjörg Schrade, Stadtrat in Reutlingen und Kreistagsmitglied, der Presse mit. »Mit den von Ihnen erarbeiteten Steuergeldern mietet der Landrat den einheimischen Arbeitnehmern den dringend benötigten Wohnraum weg«, kritisierte Rinderknecht.

Nur 80 statt 120 Flüchtlinge

Damit bezog er sich auf die Auskunft von Landrat Dr. Ulrich Fiedler, dass der Kreis monatlich 11.839 Euro plus Nebenkosten für die Miete der Wohnungen in der Juchtlenstraße an die Kreisbaugesellschaft Tübingen zahlt. Allerdings stellt Fiedler auch klar, dass nicht 120, sondern 80 Flüchtlinge befristet untergebracht werden sollen. Rinderknecht kritisierte ebenfalls, dass »die Hälfte der Flüchtlinge auch nach mehreren Jahren noch nicht arbeitet und damit nicht in die Sozialsysteme einzahlt«. Damit bezog er sich auf ein Video vom früheren Bild-Chefredakteur Julian Reichelt. Rinderknecht sieht wegen vieler Flüchtlinge eine »Unruhe in der Bevölkerung«, die einen »sehr realen Hintergrund« habe. Er benannte ein »Elitenversagen« und eine »Überforderung von Polizei, Kommunen und Kreisen«. Woher die neuen Flüchtlinge in Pliezhausen kommen, konnte Fiedler noch nicht genau sagen. Der Kreis sei bestrebt, ukrainische Flüchtlinge dort unterzubringen. Derzeit bestünde ein großer Aufnahmedruck, sodass die Länder nicht genannt werden könnten. (GEA)