PLIEZHAUSEN. Pilze suchen und bestimmen, einem Eichhörnchen nachgucken, das den Baumstamm hochklettert, im Boden buddeln, sauerstoffreiche Luft atmen, die im Sommer nicht zu heiß und im Winter nicht zu kalt ist: Der Wald ist ein beliebtes Ausflugsziel. Schon für Kinder. Auch aus Schulen und Kindergärten, von wo aus es klassen- und gruppenweise hinaus unters grüne Blätterdach oder die kahlen Äste und Zweige geht.
In Pliezhausen ist das jetzt nur noch sehr beschränkt möglich. »Die Kindergartenkinder dürfen nicht mehr in den Wald«, beklagte FWV-Gemeinderätin Beate Saile-Sulz, »warum nicht?« - »Wir als Kommune haben eine Sorgfalts- und Verkehrssicherungspflicht«, erläuterte Markus Hillenbrand, Leiter der Finanz- und Personalverwaltung: Würde ein Kita-Kind beispielsweise durch einen abbrechenden Ast oder einen umstürzenden Baum gefährdet oder verletzt, könnte die Gemeinde als Kita-Betreiberin oder als Wald-Eigentümerin rund um Treff-Areale der Gruppen haftbar sein. »Ein persönliches Risiko besteht auch für die Erzieherinnen und Erzieher.« Auch der Landkreis besitzt Wald-Anteile.
»Wir als Kommune haben eine Sorgfalts- und Verkehrssicherungs-Pflicht«
Gefahren oder gar Verletzungen will die Gemeindeverwaltung natürlich vermeiden und beschränkt die sogenannten Wald-Aufenthaltsflächen für Kita-Gruppen oder auch Schulklassen deshalb auf einen einzigen: Sie liegt im Reisachwald oberhalb des Gewerbegebiets Pliezhausen in Richtung Dörnach. »Diese Fläche wurde von der Forstverwaltung genehmigt«, erläutert Andrea Kettnaker von der Verwaltung, und weiter: »Diese Fläche wurde bereits bisher von der Grundschule Gniebel und dem Kinderhaus Schillerplatz genutzt.«
Neu dort anzutreffen, sind Gruppen des Kinderhauses Regenbogen und des Kinder- und Familienzentrums Arche, die früher zu anderen Wald-Treffpunkten Ausflüge gemacht haben. Kettnaker weist darauf hin, dass »die Beschränkung der Waldaufenthalte unserer Kinderhäuser und Schulen aus einer Änderung des Waldgesetzes resultiert«. Die sei schon seit Jahren in Kraft, werde aber erst jetzt sukzessive umgesetzt. Das Gesetz erlassen hat das Land. Der Kreis setzt es um, die Gemeinden sind daran gebunden.
»Wenn Arche- und Regenbogen-Kinder alle in Richtung Dörnach laufen, ist das ein viel größeres Problem «
Hat das Land die Reduzierung von Gefahren für die Kinder im Wald im Auge, sehen Pliezhäuser Gemeinderäte solche auf dem Weg zum einzig verbliebenen baumumstandenen Treffpunkt erst lauern, zumindest potenziell: »Wenn Arche- und Regenbogen-Kinder alle in Richtung Dörnach laufen, ist das ein viel größeres Problem« meint Beate Saile-Sulz. Die Wege sind weiter, die Gehwege schmal, Straßen wollen gekreuzt werden, Autos können in die Quere kommen. Für die FWV-Gemeinderätin sind die geänderten Waldgesetz-Regelungen »überbürokratisch«.
Während der bisherigen, liberaleren Rechtslage ist über Kinder, die bei Ausflügen gefährdet oder verletzt wurden, zumindest öffentlich nichts bekannt geworden. Ist die Gesetzesänderung also eine reine Vorsichtsmaßnahme? An die neuen Regelungen halten müssen sich die rechtlich nachgeordneten Landkreise und Gemeinden jedenfalls allemal.
»Durchlaufen dürfen die man auch woanders. Lediglich längere Aufenthalte sind nicht mehr möglich«
Bürgermeister Christof Dold warnte vor einer »Vollkasko-Mentalität. Etwas passieren kann immer.« Den gefundenen Weg mit dem einen verbliebenen Treffpunkt auf der Pliezhäuser Gemarkung sieht er als kleinsten gemeinsamen Nenner an. Hildenbrand verwies darauf, dass lediglich längere Aufenthalte der Kindergruppen im Wald von der neuen, beschränkenden Regelung umfasst sind. Durch den Wald laufen dürfen die Mädchen und Jungen samt erwachsenem Begleitpersonal also allemal.
Der einzige noch zulässige Aufenthaltsplatz für Kindergarten- und Schulgruppen im Reisachwald wird dagegen »regelmäßigen Inspektionen« unterzogen, kündigte Stefan Adam, Leiter der Bau- und Liegenschaftsverwaltung, an, »dort können wir ad hoc auf Wetterlagen reagieren.« Wie jüngst nach dem Sturm, der die Kälte mitgebracht hat. (GEA)