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Aktuell Ansiedlung

Hengener streben Bürgerentscheid zu Amazon an

Das Bürgerforum Hengen sammelt nach Stadtinformationen Unterschriften für eine direkte Abstimmung über ein Verteilzentrum im Uracher Stadtteil. Die Initiative hat dazu keine Auskunft gegeben.

Dieses Flugblatt des Bürgerforums Hengen hat eine Bürgerin in Bad Urach im Briefkasten gefunden.
Dieses Flugblatt des Bürgerforums Hengen hat eine Bürgerin in Bad Urach im Briefkasten gefunden. Foto: Kirsten Oechsner
Dieses Flugblatt des Bürgerforums Hengen hat eine Bürgerin in Bad Urach im Briefkasten gefunden.
Foto: Kirsten Oechsner

BAD URACH. Am Dienstag wird im Technischen Ausschuss des Uracher Gemeinderats und des Ortschaftsrats Hengen über das umstrittene Bauprojekt des Onlinehändlers Amazon am Rande von Hengen informiert. Dabei geht es in dieser Sitzung inhaltlich um das Bauvorhaben im Gewerbegebiet Rübteile II an sich und um das Verkehrsgutachten. Dass die Anbindung und die Frequenzen der Fahrzeuge zu und vom Verteilzentrum von besonderem Interesse sind, hat sich auch in der Gemeinderatssitzung Ende Juni gezeigt. Damals hatte sich zum Beispiel der CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Schweizer zu Wort gemeldet und gesagt, er fürchte im Falle einer Amazon-Ansiedlung Schleichverkehr. Der von Bad Urach beauftragte Verkehrsplaner Andreas Weber hatte das mit Verweis auf die Leistungsfähigkeit der Hauptstraßen als unwahrscheinlich bezeichnet. »Es gibt dort keine Wartezeiten und darum auch keinen Grund, Umwege zu fahren«, hatte Weber gesagt.

Für die Sitzung am Dienstag hat Bad Urachs Bürgermeister Elmar Rebmann angekündigt, dass er diese unterbrechen möchte, damit die Einwohner Urachs Fragen stellen können und Antworten bekommen. Weil mit so viel Interesse von Einwohnern gerechnet wird, tagen die Kommunalpolitiker nicht im Saal des Rathauses, sondern im Haus des Gastes im Kurgebiet.

Flugblätter weisen auf Verkehr hin

Kritiker gegen das Bauvorhaben von Amazon haben sich im Bürgerforum Hengen zusammengeschlossen und in der vergangenen Woche Flugblätter verteilt, in denen sie auf eine angebliche Verkehrszunahme in Urach hinweisen. Demnach soll es nach der Inbetriebnahme des Verteilzentrums eine Verkehrszunahme von 1.450 Fahrzeugen auf der B 28 durch Bad Urach und 1.300 Fahrzeuge mehr auf der L 245 durch Seeburg geben. Quellen gibt das Bürgerforum nicht an. Die Verfasser werfen zwei Fragen auf: »Wohin fahren denn all diese Fahrzeuge?« und »Wollt Ihr das?« Das Bürgerforum leitet aus der Ansiedlung des Verteilzentrums vier Schlussfolgerungen ab: Mehr Stau auf der B 28, mehr Schleichverkehr durch die Pfählerstraße, einen Lastwagen-Stau auf der Steige und längere Wartezeiten an Tankstellen. Darunter steht »Ja zum Bürgerentscheid!«

Was nicht auf dem Flugblatt steht, sind Namen des oder der Verfasser. Statt einer E-Mail-Adresse, einer Postadresse oder Telefonnummer steht auf dem Zettel nur ein Satz mit Ausrufezeichen hinter der Organisation Bürgerforum Hengen: »So geht Demokratie!« Wer sich da zusammengeschlossen hat und kommuniziert, ist nicht ersichtlich.

Amazon-Fahrer sollen nicht stehen

Der Amazon-Pressesprecher Steffen Adler aus München stellt auf GEA-Anfrage klar: »Ganz wichtig ist uns: Wir haben kein Interesse daran, dass unsere Fahrer im Stau stehen.« Daher analysierten die Amazon-Mitarbeiter sehr detailliert die Verkehrssituation eines geplanten Standorts. Ansonsten wird Adler am Dienstag in der Sitzung im Haus des Gastes dabei sein und Fragen der Bürger beantworten.

Zum Hintergrund: Ein Bürgerentscheid ist eine Form der direkten Demokratie. Damit es dazu kommt, müssen die Initiatoren, also das Bürgerforum Hengen, zunächst in einem Bürgerbegehren Unterschriften sammeln. Kommen genug Unterschriften zusammen, mündet das Bürgerbegehren in einen Bürgerentscheid, während dem die Wahlberechtigten in geheimer Wahl abstimmen.

Keine Auskunft vom Bürgerforum

Das Bürgerforum hat sich auf eine GEA-Anfrage bis zum Redaktionsschluss dieses Artikels nicht gemeldet. Unsere Zeitung hatte am Montagvormittag per E-Mail gefragt, ob die Gruppe wirklich einen Bürgerentscheid anstrebt, ob sie, wenn dies zutrifft, bereits Unterschriften sammelt und wie der Zeitrahmen ist. Ansonsten hatte der GEA wissen wollen, was das konkrete Anliegen des Bürgerentscheids ist, welche Quellen für die befürchtete Verkehrszunahme herangezogen wurden und was die Gründe für die weiteren Aussagen sind - etwa mehr Stau und einen LKW-Stau auf einer Steige.

Bernd Mall, der Pressesprecher der Stadt Bad Urach, bestätigt auf GEA-Anfrage, dass das Bürgerforum Hengen einen Bürgerentscheid anstrebe. Darüber sei die Stadt in der vergangenen Woche informiert worden. »Das Bürgerforum ist momentan dabei, Unterschriften einzuholen«, teilt Mall mit. Wie viele bereits zusammen gekommen sind, wisse der Pressesprecher nicht. Unterschreiben dürften nur Bürgerinnen und Bürger, die nach dem Kommunalgesetz wahlberechtigt seien und seit drei Monaten ihren Wohnsitz in Bad Urach gemeldet hätten.

Initiatoren brauchen 670 Unterschriften

Damit es zu einem Bürgerentscheid, also einer Abstimmung kommen kann, müssen sich am Bürgerbegehren mindestens sieben Prozent aller Wahlberechtigten beteiligen. »Für Bad Urach sind das circa 670 Unterschriften«, teilt Mall mit. Nach Regularien für Bürgerentscheide werden diese Thema im Gemeinderat, der die Formalia prüft und dann darüber abstimmt. (GEA)