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Aktuell Jubiläum

Glems: Ortsvorsteher Andreas Seiz nach 25 Jahren noch lange nicht amtsmüde

Was in Metzingens kleinstem Teilort in dem Vierteljahrhundert geschehen ist und was den 59-Jährigen motiviert, bei der Kommunalwahl am 9. Juni wieder anzutreten.

Lächelnd am Rathausfenster: der Glemser Ortsvorsteher Andreas Seiz, der seit 25 Jahren im Amt ist.
Lächelnd am Rathausfenster: der Glemser Ortsvorsteher Andreas Seiz, der seit 25 Jahren im Amt ist. Foto: Markus Pfisterer
Lächelnd am Rathausfenster: der Glemser Ortsvorsteher Andreas Seiz, der seit 25 Jahren im Amt ist.
Foto: Markus Pfisterer

METZINGEN-GLEMS. Sein Dienstzimmer im ersten Stock ist geräumig und schmuck renoviert: Das Glemser Rathaus wurde schon vor der Ortskernsanierung auf den modernen Stand der Dinge gebracht. »Es wurde gemacht, als ich Ortsvorsteher wurde«, blickt Andreas Seiz zurück. Die 2001 begonnene und 2016 vorerst abgeschlossene Arbeit am Ortskern ist ein besonders helles Highlight in seiner Amtszeit: »Vorher haben im Sanierungsgebiet 15 Leute gelebt, heute sind es 105.« Seiz ist seit 25 Jahren Ortsvorsteher. Und will es nach der Kommunalwahl am 9. Juni bleiben. »Ich trete wieder an. Es macht mir weiter Spaß.« Und der Ur-Glemser ist mit vielen Mitbewohnern eng verbunden.

Bei der Kommunalwahl 1999 hat er erstmals für das Kümmerer-Amt kandidiert, war vorher schon fünf Jahre Ortschaftsrat. »Gotthilf Herr hat als Ortsvorsteher aufgehört und mich gefragt, ob ich Interesse an der Nachfolge habe.« Andreas Seiz, der als Bäckermeister schräg gegenüber vom Rathaus seine Brötchen verdient, hat Ja gesagt.

Alt, Baustelle, neu: Teilsanierter Glemser Ortskern
Alt, Baustelle, neu: Teilsanierter Glemser Ortskern Foto: Markus Pfisterer
Alt, Baustelle, neu: Teilsanierter Glemser Ortskern
Foto: Markus Pfisterer

Seither hat sich viel bewegt im gut 1.000 Einwohner großen Flecken. Zwei Ordner voll Zeitungsartikel hat der Ortsvorsteher über die Jahrzehnte gesammelt. Auf seinem großen Schreibtisch breitet er ein paar GEA-Berichte aus. In ihnen geht es um den Rückzug der Volksbank-Filiale aus dem Rathaus genauso wie um den Einzug des Tante-M-Ladens. Um die Freie Evangelische Schule (FES), die den Ableger der Uhlandschule Neuhausen abgelöst hat, und ums alljährliche Saften in der Moschdade neben dem Obstbaumuseum. Eine ganze Zeitungsbeilage dreht sich ums Jubiläum »750 Jahre Glems« im Jahr 2004.

Nicht alles war und ist gut gelaufen in Seiz' langer Amtszeit. Es gibt keinen Arzt mehr im Dorf. »Früher konnte man zu einem Allgemeinarzt, der in Dettingen praktiziert hat, am Wochenende in sein Haus in Glems kommen.« Metzger und Banken sind weg aus dem Ort, die einzige Bäckerei Gönninger steht altersbedingt auf der Kippe. Der Kulturverein z.B. Glems konnte seine beliebten Rock-Sommerfeste im Zirkuszelt nicht mehr auf dem Sportplatz bei der Otto-Single-Halle ausrichten, seit dort Kunstrasen liegt. Der Trachtenverein musste seine Volkstanzgruppe aufgeben, die Mitglieder gingen ihr aus.

»Man ist 365 Tage im Jahr 24/7 Ansprechpartner für die Mitbürger«

Umso erfreulicher für Seiz, dass sowohl die FES als auch der 2022 eröffnete Tante-M-Laden gefragt sind, beide nicht nur von Bewohnern des Metzinger Dorfs. Weitere Erfolgsprojekte seit 1999: das 2014 bis 2016 erschlossene und voll bebaute Gebiet Entensee, das für Nachverdichtung im Innenort statt Flächenfraß etwa auf den ortsbildprägenden Streuobstwiesen steht. Und Nahwärmenetze rund ums Rathaus und im Wohngebiet um die Zwerbachstraße und die Otto-Single-Halle. Hier wie bei der Ortskernsanierung war viel Überzeugungsarbeit nötig. Da kam es Stadt und Stadtwerken entgegen, dass Andreas Seiz die Sprache seiner Mit-Glemser spricht, als vertrautes Gesicht mit den Hauseigentümern und Bauwilligen in Kontakt kommen konnte.

Von Anfang an ein Erfolg: die Freie Evangelische Schule in Glems, die die Außenstelle der staatlichen Uhlandschule Neuhausen abg
Von Anfang an ein Erfolg: die Freie Evangelische Schule in Glems, die die Außenstelle der staatlichen Uhlandschule Neuhausen abgelöst hat. Foto: Markus Pfisterer
Von Anfang an ein Erfolg: die Freie Evangelische Schule in Glems, die die Außenstelle der staatlichen Uhlandschule Neuhausen abgelöst hat.
Foto: Markus Pfisterer

Als Ortsvorsteher will Seiz es weiter wissen, obwohl er nicht jünger wird und schon die Arbeitszeiten als Bäcker mit oft 60 Stunden die Woche seit 37 Jahren und ständiger Nachtarbeit schlauchen. Zudem ist er seit 2004 Metzinger Gemeinderat mit Sitzungen bis 22.30 Uhr. »Ich fühle mich gesund und topfit, aber nach langen Tagen ist man erledigt.« Als Ortsvorsteher hat er hinzustehen. »Man ist 365 Tage im Jahr 24/7 Ansprechpartner für die Mitbürger.« Andreas Seiz lebt sein Amt mit Herzblut. Auf Augenhöhe mit den anderen Dörflern. Und er ist vehement gegen eine Abschaffung der Ortschaftsräte, wie sie etwa Römersteins Bürgermeisterin Anja Sauer vorhat: »Wir haben das Ohr am Bürger ganz nah dran.« Näher als eine zusätzliche Person im Metzinger Rathaus, die regelmäßig in die Teilorte pendeln würde.

Viel geschehen: Der Glemser Ortsvorsteher Andreas Seiz hat im Lauf seiner 25-jährigen Amtszeit zwei Ordner voll mit Zeitungsarti
Viel geschehen: Der Glemser Ortsvorsteher Andreas Seiz hat im Lauf seiner 25-jährigen Amtszeit zwei Ordner voll mit Zeitungsartikeln über die Ortsentwicklung gesammelt. Im Bild ein kleiner Ausschnitt davon. Foto: Markus Pfisterer
Viel geschehen: Der Glemser Ortsvorsteher Andreas Seiz hat im Lauf seiner 25-jährigen Amtszeit zwei Ordner voll mit Zeitungsartikeln über die Ortsentwicklung gesammelt. Im Bild ein kleiner Ausschnitt davon.
Foto: Markus Pfisterer

Viele Jahre hat der Glemser Ortsvorsteher und Bäcker auch noch in der historischen Packpresse neben dem Obstbaumuseum gemostet. Irgendwann wurde ihm das zu viel. Die Zukunft »seines« Glems liegt im weiter am Herzen. Projekte? Bald werden Stadt, Ortsverwaltung und FES die ersten Spaten für den Erweiterungsbau der FES stechen. Ein weiteres Baugebiet am Ortseingang aus Richtung Neuhausen könnte kommen. Hochwasserschutz am Glemsbach steht an, und unsanierte Häuser in der Ortsmitte könnten renoviert werden, wenn die betreffende Erbengemeinschaft denn mitmachen würde. Ein Teilauto am Dorfgemeinschaftshaus ist eher der Wunsch des GEA-Reporters als der Plan des Ortsvorstehers: »Man braucht in Glems ein Auto, wenn man rumkommen will.«

Andreas Seiz macht einmal im Jahr eine Woche Urlaub in der Ferne, oft im warmen Süden. Ansonsten ist er immer gerne in seinem Heimatflecken geblieben. »Es ist ganz ruhig und bietet viel für die Naherholung, aber man ist auch schnell in der Stadt, in Metzingen oder Reutlingen.« Auch die Mitbewohner nimmt er überwiegend zufrieden wahr, zuletzt in der Bürgerversammlung Ende Januar in der Otto-Single-Halle. »Wenn das Parken an der Ortsdurchfahrt das größte Problem ist, geht's uns gut.« (GEA)