BAD URACH/GOMADINGEN-GRAFENECK. Das Bündnis für Demokratie und Menschenrechte hatte zum Gedenkstättenbesuch in Grafeneck eingeladen. 20 Menschen aus Bad Urach und Umgebung nahmen an einem Kurzseminar mit anschließendem Besuch des Dokumentationszentrums und der Gedenkstätte teil. Dieter Reichhold, ehrenamtlicher Gedenkstättenbegleiter, nahm sich sehr professionell auch dieser Gruppe und der Geschichte vor Ort an. Er führte die Teilnehmer gedanklich in die Jahre vor und um 1940 zurück, also die Zeit der Diktatur der Nationalsozialisten und des Beginns des Zweiten Weltkriegs.
Es ist eines der traurigen und düsteren Kapitel unserer Geschichte, bei dem sich tiefste menschenverachtende Abgründe auftun. Was war »lebenswertes Leben«? Wer definierte das früher? Wer hat entschieden, dass 10.654 Menschen mit Handicap in einem Jahr in den Baracken in Grafeneck vergast, im Krematorium verbrannt wurden und ihre Asche meist den Abhang hinunter gekippt wurde? Der Rauch war sichtbar, der Geruch verbrannter Leichen je nach Windrichtung riechbar.
Film mit Zeitzeugin am 4. April
Wer hat den Gashahn aufgedreht? Wer waren die Täter bei der Aktion T 4? Was hatte es mit den grauen Bussen, die systematisch täglich 75 Menschen aus Heimen anlieferten, auf sich? Die grauen »Krankenbusse« mit zugeklebten Scheiben waren sichtbar. Wie wurde mit den Hinterbliebenen umgegangen? Was ist mit den Mördern und Verantwortlichen geschehen? Wer hat Widerstand geleistet? Wie lange wurde geschwiegen? Auf viele Fragen bekamen die Besucher Antworten.
Gras über die Verbrechen der Nazis in Grafeneck nach 85 Jahren wachsen zu lassen, ist keine Antwort. Menschenrechte, Grundgesetz und auch die Bibel machen klare Aussagen dazu, was alle Menschen vor solchen Grausamkeiten schützt.
»Dieser Samstag, bei eisigem Wind und Kälte hat das damalige Verbrechen wieder ins aktuelle Bewusstsein gebracht und die Sinne der Anwesenden dafür geschärft, dass so etwas nie wieder vor unseren Haustüren passieren darf«, merkt Uthe Scheckel vom Bündnis für Demokratie und Menschenrechte an.
Dieses bietet in nächster Zeit zwei weitere Veranstaltungen an: »Geboren in Ravensbrück« ist ein Film und Gespräch mit Anne Günster von der Lagergemeinschaft Ravensbrück überschrieben, die am Freitag, 4. April, ab 18 Uhr in der Münsinger Zehntscheuer zu erleben sind.
Workshop gegen rechte Sprüche
Eine gute Woche später, am Samstag, 12. April, wird in Bad Urach der Workshop: »Kompetent gegen rechte Sprüche« angeboten. Er läuft von 9 bis 17 Uhr im Haus der Begegnung, der Rathausapotheke am Marktplatz. Der Workshop ist kostenlos und wird von der Landeszentrale für politische Bildung durchgeführt. Um Anmeldung per E-Mail beim Bündnis wird gebeten. (eb)
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