PLIEZHAUSEN. »Lernen ist schwer, da komm’ ich nicht drumher. Dann lern’ ich ein bisschen mehr. Dann ist es nicht so schwer«, so poetisch kann die achtjährige Lina nach zwei Schulstunden mit dem Stuttgarter Harry Fischer schreiben. Fischer geht bereits seit mehr als 18 Jahren in Kitas und Schulen und nimmt die Kinder mit auf eine »poetische Reise«.
»Dafür müsst ihr nicht einmal einen Koffer packen«, erklärt er den Schülern der 2 b der Pliezhäuser Grundschule. »Das findet alles in eurem Kopf statt.« Einmal kurz kollektiv die Augen geschlossen und schon beginnt die Reise im alten Griechenland beim Ursprung der Philosophie. Dabei stellen die Kinder fest, dass Philosophie alles sein kann, worüber sie nachdenken und was sie schön finden. Damit ist sie eng verbunden mit der Poesie. Hier sind freies Assoziieren und Kreativität gefragt, richtig und falsch gibt es nicht.
Nach dem Theorieteil geht es schnell über in die Praxis: Zum Aufwärmen gibt’s ein Spiel, bei dem die Sieben- bis Achtjährigen Sätze ergänzen müssen. »Kleine süße Maus geht aus ihrem …«, beginnt der dreifache Vater Fischer. Im Nu sind die Zweitklässler mental aufgewärmt.
In der zweiten Stunde wird dann selbst gedichtet. »Wenn es sich reimt, ist es schön«, erklärt Fischer. »Aber das muss nicht unbedingt sein.« Als Beispiel und Inspiration dürfen vier Schüler Gedichte von anderen Schülern vorlesen. Die Themen: Kartoffeln und Löwen. »Ihr könnt über Dinge schreiben, die euch interessieren. Wenn euch so gar nichts einfällt, dann schaut aus dem Fenster und schreibt über etwas, das ihr seht«, so der Ratschlag Fischers.
Inspiration aus der Natur
Gesagt getan: »Der Baum muss Wind und Wetter überstehen. Wenn es donnert, blitzt und hagelt muss der Baum das überstehen. Oh du armer Baum musst alles überstehen. Und bleibst auch noch stehen. Hurra.« Dazu lässt sich Klara inspirieren, als sie den Baum vor dem Zimmerfenster betrachtet. Während die einen fleißig dichten, tun sich die anderen schwerer bei der Themenfindung. Fischer und Klassenlehrerin Eva Nagel versuchen, zu helfen. »Was gefällt dir denn besonders gut?«, fragt sie eine Schülerin. »Tiere«, kommt die Antwort prompt. Der Meinung ist auch David. »Es gibt große und kleine, liebe und gemeine. Schweine haben vier Beine. Schlangen haben keine«, pinselt er aufs Blatt.
Das Resümee der Schüler nach dem etwas anderen Unterricht ist durchweg positiv. »Es kam mir gar nicht vor wie zwei Stunden, weil es so Spaß gemacht hat«, meint Emma. »Ich dachte, schreiben macht keinen Spaß«, gibt Ali zu. Doch da wurde er eines besser belehrt, teilt er die Meinung seiner Mitschüler. Zur Erinnerung an den poetischen Unterricht gibt es in etwa einer Woche eine kleine gedruckte Ausgabe mit ihren gesammelten Werken für die Schüler. (GEA)