METZINGEN. Wo früher Dachziegel lagen, ragen nur noch verkohlte Balken in den Himmel. So sehen Passanten das Dach eines Hauses an der Lange Straße im Metzinger Ortsteil Neuhausen einen Tag nach dem Brand. Am späten Abend des 22. Juli war in einem früher landwirtschaftlich genutzten Haus ein verheerendes Feuer ausgebrochen, das sich rasch ausbreitete. Nachdem die Feuerwehrleute gelöscht hatten, begann die Arbeit der Brandermittler. Ihre Aufgabe ist es, zu klären, wo der Brand begonnen und was diesen ausgelöst hat. Wie sie in diesem Fall in Metzingen vorgehen, kann die Pressesprecherin Andrea Kopp des Polizeipräsidiums Reutlingen nicht sagen und begründet das so: »Bezüglich des Vorgehens der Polizei in konkreten Fällen sind Interviews mit Ermittlern ausgeschlossen - nicht nur, aber ganz besonders dann, wenn die Ermittlungen noch laufen.«
Wie Brandermittlungen im Allgemeinen verlaufen und worauf es ankommt, dazu gibt der Dozent Knut-Reimer Dietrich vom Institut für Fortbildung der Polizei in Böblingen Auskunft. Er hat früher selbst als Brandermittler gearbeitet und bildet heute Beamte an der Hochschule für Polizei in Villingen-Schwenningen für Brandermittlungen aus. Dietrich kann sich allerdings nicht zum konkreten Fall in Metzingen äußern. »Brandermittlungen sind einer der schwierigeren Bereiche«, ordnet Dietrich ein und liefert den Grund: »Oft ist durch den Brand viel zerstört, und es können meist nicht viele kriminalistische Spuren gesichert werden.« Allerdings gebe es mitunter Aufbruchspuren an einem Brandort, die einen Hinweis geben.
Feuerwehrleute sind wichtige Zeugen
Zunächst sei es vor Ort wichtig, den Brandort zu dokumentieren. »Polizisten befragen Feuerwehrleute, die gerade im ländlichen Raum oft vor ihnen an der Brandstelle sind.« Sie hätten aus Ermittlersicht den Vorteil, dass die geschulter sind als andere Zeugen. »Gerade Brandentdecker sind für uns auch wichtig und werden befragt.« Sie könnten Hinweise geben. Wenn der oder die jemanden vom Brandort hat weglaufen sehen, führe das zu Verdachtsmomenten. Für die Ermittler stellen sich Fragen nach den Motiven. Dazu gehöre die Frage, ob ein Hauseigentümer klamm sei, ob die Immobilie denkmalgeschützt und nicht recht nutzbar sei. Ein anderer Ansatz sei, ob jemand den Eigentümer schädigen wolle. »Gibt es Feinde, wie Ex-Partner? Hat jemand Wut auf den Besitzer als Arbeitgeber?«, nennt Dietrich Beispiele.
Zusätzlich zu diesen subjektiven Ermittlungen durch Befragungen kommen objektive, bei denen Chemiker und Ingenieure als Sachverständige gefragt seien. Einen Hinweis können Rauchfahnen an Fensterstürzen geben. »Der warme Rauch bildet an der kühlen Wand Ruß aus Kohlenstoff«, erklärt Dietrich. Flammen erreichten Temperaturen von 1.000 Grad Celsius. Wo diese am längsten auf das Dach einwirkten, sei dieses verbrannt, an anderen Stellen besser erhalten. Auch das ließe Schlüsse zu, wo es als erstes gebrannt hat. Für Brandermittler seien auch Fotos vom Haus vor dem Brand von Interesse.
Hunde schnüffeln nach Benzin
An manchen Brandorten kämen Hunde zum Einsatz, die Brandbeschleuniger wie Benzin und Spiritus suchen und den Ort anzeigen können, wo dieser vergossen sein könnte. »Wenn ein Hund anzeigt, müssen die Ermittler die Stelle vorsichtig von Schutt freiräumen«, sagt Dietrich. Später werden die dort genommenen Proben im Labor auf Brandbeschleuniger untersucht. Bei großen Bränden sei es wichtig, alles vor Ort zu erheben, was möglich sei. »Dann gilt: Objektive Beweise schlagen subjektive.« Zunächst ermittelten die Polizisten in alle Richtungen. Sie könnten aber je nach Situation und Brandort manches ausschließen, wie Sonneneinstrahlung des Nachts, Blitze, wenn es kein Gewitter gab, und fahrlässige Brandstiftung, wenn es dort keine Arbeiten wie Schweißen gab.
Technische Defekte als Brandursachen ließen sich recht einfach feststellen, weil sie typische Spuren an Haushaltsgeräten verursachten: »Kühlschränke brennen unten an der Rückseite und bei Geschirrspülern die Bedienleiste an der Tür.« Letztlich komme es auf Erfahrung an: »Die Ermittler werden von älteren Kollegen dahin geführt, dass sie ein gutes Näschen entwickeln. Das ist einmal die Menschenkenntnis, aber auch wörtlich das Riechen von nicht vollständig verbranntem Brandbeschleuniger.« Und doch ließen sich manche Brände nie aufklären.
Ermittlungen dauern an
Zurück zum Feuer in Neuhausen: Am Donnerstag liegen noch keine Ergebnisse vor. »Die Ermittlungen dauern an und das Gutachten steht noch aus. Darum können wir zur Brandursache nichts sagen«, berichtet Michael Schaal, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Reutlingen. (GEA)

