DETTINGEN/BAD URACH. Mit zwei ausgemusterten Feuerwehrfahrzeugen, zahlreichen Sachspenden und einem klaren politischen Auftrag reisten jetzt mehrere Vertreterinnen und Vertreter aus Dettingen und Bad Urach in die südliche Ukraine. Der Besuch war Teil einer umfangreichen humanitären Tour, organisiert von Ermstal hilft. Die Bilder, die die Delegation mit nach Hause brachte, erzählen von Hoffnung, Not, Widerstandskraft – und davon, wie viel direkte Hilfe bewirken kann.
Die Überführung der beiden Feuerwehrfahrzeuge erfolgte durch die Vereinsvorstände Simon Nowotni und Martin Salzer, die sich über 2.000 Kilometer hinter das Steuer setzten – quer durch Europa, über die Karpaten, bis in die südukrainische Region rund um Odessa. Die Fahrt war nicht nur körperlich fordernd, sondern verlangte angesichts technischer Zwischenfälle und komplizierter Zollprozesse auch handwerkliches Geschick, Geduld und Entschlossenheit.
Alles aus Spendengeldern
Jeder gefahrene Kilometer, jede Zollstation, jedes Gespräch mit Grenzbeamten steht sinnbildlich für den Einsatz-willen aus dem Ermstal. Für den symbolischen Kaufpreis für das Feuerwehrauto von 5.000 Euro sowie die gesamte Überführung ist der Verein vollständig auf Spenden angewiesen. Das Fahrzeug wurde einst gebaut, um Leben zu retten – und genau das soll es weiterhin tun, so Martin Salzer. Es ist nicht dafür gedacht, irgendwann als Camper umgebaut zu werden, sondern soll als Rettungsmittel im Einsatz bleiben, bestätigt Simon Nowotni.
Besonders die Rolle der kommunalen Delegierten verdient Aufmerksamkeit: Jochen Kleih (Gemeinderat Dettingen), Susanne Müller (Schulleiterin Bad Urach), Michael Schweizer (Gemeinderat und stellvertretender Bürgermeister Bad Urach), Anja Bischoff und Axel Walcher (Gemeinderat Bad Urach) sowie Jaron Immer (Gemeinderat Reutlingen) machten sich ein persönliches Bild vor Ort. Sie übergaben zusammen mit Ermstal hilft ein komplett ausgestattetes Feuerwehrfahrzeug an die Gemeinde Bessarabske – ein Symbol praktischer Nothilfe und europäischer Partnerschaft.
»Es war bewegend zu sehen, wie viel Hoffnung dieses Fahrzeug bringt. Es geht nicht nur um Technik, sondern um das Vertrauen in Europa«, sagte Michael Schweizer. Die Feuerwehrleute vor Ort wurden durch die beiden Kameraden aus Dettingen, Simon Nowotni und Martin Salzer, mit Geräten und Schutzausrüstung eingewiesen.
Neben der technischen Hilfe war es der politische und menschliche Dialog, der beeindruckte. In Gesprächen mit dem Bürgermeister von Arzis, mit Lehrerinnen, Studierenden und Ärzten, mit ukrainischen Soldaten in Reha, mit Akteuren aus der Region wurde deutlich, wie tief die Hoffnung auf Europa verankert ist. Besonders deutlich wurde dies in Bessarabske, als eine von Dettinger Gemeinderäten und Amtsleitern unterschriebene Europaflagge überreicht wurde.
Der Wille, durchzuhalten
Besonders hervorzuheben ist auch das offizielle Treffen mit Vertretern des Gouverneurs von Odessa. In einem intensiven Gespräch wurden Möglichkeiten der humanitären Zusammenarbeit ausgelotet, konkrete Beschleunigungen in der Zollabwicklung diskutiert und ein starkes Zeichen der Wertschätzung gegenüber den deutschen Gästen gesetzt. Auch ein Treffen mit dem Betriebsleiter eines Hafenunternehmens in Odessa verdeutlichte die prekäre Versorgungslage: Mangel an Fachkräften, wiederholte Angriffe, chronischer Mangel an Material – und dennoch der unbedingte Wille, durchzuhalten.
»Das ist keine symbolische Geste. Diese Partnerschaft ist real und lebt von konkreten Taten«, so die ehemalige Bundestagsabgeordnete Beate Müller-Gemmeke. Ein bedeutender Meilenstein war die feierliche Unterzeichnung einer Absichtserklärung zur Solidaritätspartnerschaft zwischen dem Landkreis Mykolajiw und Partnern aus der Region. Diese Partnerschaft soll den Weg ebnen für weitere konkrete Hilfsprojekte – etwa im Bereich Bildung, Wasserversorgung und Katastrophenschutz – und die zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der Ukraine weiter stärken.
Ermstal hilft ruft weiterhin dringend zur Unterstützung auf: Geldspenden machen solche Hilfeleistungen überhaupt erst möglich. Die Organisation unterhält Partnerschaften mit mehreren Kommunen im südlichen Kriegsgebiet und plant weitere Projekte im Bereich Schulbildung, medizinische Versorgung und zivile Infrastruktur. (eg)

