METZINGEN-NEUHAUSEN. Pizza zu essen ist für viele eine große Leidenschaft, da ist Jonathan Brodbeck keine Ausnahme. Doch er geht noch weiter mit seiner Liebe zu der beliebten italienischen Spezialität: Er backt sie in seiner Freizeit für zum Teil große Runden. Weil’s Spaß macht und er anderen Menschen damit gerne eine Freude macht. Unterstützt wird er bei diesem ungewöhnlichen Hobby von seinem Bruder Benjamin und Jugendfreund Philipp Schäfer sowie weiteren 25 Freunden und Studienkollegen, die aus Verbundenheit zu Jonathan Brodbeck Teige ausrollen, Pizzen belegen und sie in den Backofen schieben. Einfach so, weil’s sie Lust darauf haben und so die Gemeinschaft pflegen können – wie in Studienzeiten, die für die einen schon vorbei und für Jonathan Brodbeck bald vorbei sein wird.
Spontan auf dem Weihnachtsmarkt gebacken
Als er mit Abi und einem anschließenden FSJ an einer Schule in Nürtingen fertig war, wollte er erst einmal weit weg und das heimische Neuhausen hinter sich lassen: »Ich bin im Ort verwurzelt, wollte aber meinen Horizont erweitern.« Zurück gekommen aus Karlsruhe ist der Lehramtsstudent vor anderthalb Jahren als Freizeit-Pizza-Bäcker. 18 Menschen aus aller Welt hatten im Wohnheim auf einem Stock gelebt, es sei immer etwas los gewesen – auch kulinarisch. »Wir waren frei und unbekümmert, jeder hat sich ausprobiert und wir haben auch mal Bier gebraut«, erinnert er sich an die Studienzeit zurück.
Erinnert hat sich der junge Ermstäler damals auch, wie gerne er den Duft von frischem Brot und Zwiebelkuchen mochte. Gebacken von der Oma im Neuhäuser Backhaus in der Klosterstraße, den Geruch habe er heute noch in der Nase. Selbst zu backen mochte er auch und Pizza erst recht – also fing Jonathan Brodbeck an, sie für die Etagenmitbewohner und Freunde zu backen. Der Erfolg im privaten Kreis hatte ihn angefixt, er verfeinerte sein Können immer mehr.
Bis heute pflegt Jonathan Brodbeck eine lange, kalte Teigführung über mindestens 48 Stunden hinweg, die Teige kommen mit extrem wenig Hefe aus – ein Gramm pro Kilo Mehl. Das Equipment wurde immer professioneller: Da die Oma mit backen aufgehört hatte, gab’s von ihr einiges an Ausstattung und einen alten Pizzaofen schaffte sich Jonathan Brodbeck auch an, den er gemeinsam mit seinem Jugendfreund Philipp Schäfer von Grund auf reparierte. Jonathan und seine Pizzen waren bei Festen in Karlsruhe der Renner, an einem solchen Abend kochte einmal mehr die Stimmung über und in lustiger Runde wurde eine Idee geboren: Jonathan solle seine Pizzen verkaufen, wieso nicht auf dem Metzinger Weihnachtsmarkt?
Das war 2022, eine Freundin gestaltete gleich ein Logo für »Brody’s« und Jonathan Brodeck – sein Studium hatte er sich bei einem Event-Caterer und in einem Foodtruck verdient - kam an einen Punkt, an dem es kein Zurück mehr gab: »Ich habe mich informiert, ein Kleinunternehmen gegründet und die notwendigen Schulungen gemacht«, erzählt er von der wilden Anfangszeit. Der Stand wurde tatsächlich zugelassen, ausgestattet mit dem reparierten alten Backofen stürzte sich Jonathan Brodbeck mit seinen helfenden Freunden in Metzingen regelrecht ins kalte Wasser und bestand den Stresstest. Mehr noch: Die Pizzen kamen an. Danach baute der Pizza-Bäcker im Bekanntenkreis oder Vereinen rund um Neuhausen immer mal wieder seinen Pizzaofen auf, der Termin des Weihnachtsmarktes ist inzwischen.
Lehrer bleibt Berufsziel
Aus maximal fünf Events im Jahr sind zwischenzeitlich etwa zwei pro Monat geworden, die Jonathan Brodbeck nach wie vor mit Freunden und vor allem Bruder Benjamin sowie Kumpel Philipp Schäfer an seiner Seite stemmt. Etwa fünf Helfer braucht er pro Event: »Keiner will etwas dafür, eine Pizza gibt es immer mit«, meint der 26-Jährige lachend. Das Geheimnis seiner beliebten, weil sehr wohlschmeckenden und vor allem mit viel Akribie und Liebe gemachten Pizzen sind neben der langen Teigführung die hochwertigen Zutaten –Fior di Latte-Mozzarella beispielsweise oder frische San Marzano-Tomaten. Spezielles Pizza-Mehl verwendet Jonathan Brodbeck nicht, ein helles Weizenmehl Typ 405 oder 550 reiche vollkommen aus. Gebacken werden die variantenreich belegten Teigfladen etwa drei bis vier Minuten bei sehr hoher Hitze in einem neuen Pizza-Ofen, der alte hat ausgedient.
Im Sommer macht Jonathan Brodbeck seinen Masterabschluss an der Universität Tübingen. An dem Wunsch, Kinder auf dem Gymnasium in Sport, Geografie und NWT zu unterrichten, hat sich für den mobilen Pizzabäcker nichts geändert – im Gegenteil. Das dreimonatige Praxissemester am Gymnasium in Münsingen hat ihn eher in einem bestärkt: Das Pizzabacken soll das bleiben, was es immer war: ein Hobby. Verdient sei damit sowieso nichts, er decke gerade mal die Unkosten. Und wenn etwas übrigbleibe, freuen sich Familie und Freunde über die Reste. »Es ist perfekt, so wie es ist«, unterstreicht Jonathan Brodbeck. Wenn es den Menschen schmecke und die Arbeit des Teams gelobt werde, dann freue er sich über die Wertschätzung. Und seine Oma, die ihn inspiriert und seine Backleidenschaft geweckt hat, ist natürlich stolz auf den Enkel. Was Jonathan Brodbeck besonders wichtig ist: Sie finde seine Pizzen toll. (GEA)