PLIEZHAUSEN. Vom schwierigsten Haushalt seiner Amtszeit sprach Bürgermeister Christof Dold, von Schieflagen, in die nun auch die Gemeinde Pliezhausen geraten sei: Der Haushalt 2025, den die Verwaltung am Dienstagabend den Gemeinderäten und Ortschaftsräten bei einer gemeinsamen Sitzung präsentierte, ist nicht genehmigungsfähig, weil hochdefizitär, wie Kämmerer Markus Hillenbrand verdeutlichte. »Das vorgelegte Werk kann so nicht beschlossen werden.« Das bedeutet konkret: Die Verwaltung muss bis Ende Februar einen genehmigungsfähigen Haushalt präsentieren. Aber in den nächsten Monaten auch Vorschläge für strukturelle Veränderungen für die kommenden Haushaltsjahre unterbreiten. Denn das Finanzproblem wird sich in die Jahre 2026 und 2027 hineinziehen.
Konkret fehlen der Gemeinde 4,8 Millionen Euro im laufenden Haushalt. Denn den Einnahmen von 30,7 Millionen Euro stehen Ausgaben von 35,5 Millionen Euro gegenüber. Das heißt: Die Einnahmen reichen nicht mehr aus, um den laufenden Betrieb zu finanzieren und auch die Tilgungsverpflichtungen können nicht mehr erwirtschaftet werden. Im Vergleich zum Vorjahr steigen die laufenden Kosten um 1,6 Millionen Euro. »Die Ausgaben galoppieren uns davon«, beklagt Hillenbrand. Mittelfristiges Ziel müsse es sein, diese ständig steigenden Kosten für den laufenden Betrieb einzuschränken.
Kreisumlage verschlingt sechs Millionen Euro
Gleich mehrere Faktoren haben laut Hillenbrand zu dieser Situation geführt. Da sei die angespannte konjunkturelle Lage im »erfolgsverwöhnten und automobil-lastigen Südwesten«, bevorstehende Tarifrunden und damit einhergehende höhere Personalkosten, neue Pflichtaufgaben, die auf den Kommunen abgeladen werden, zunehmende Kosten für die Kinderbetreuung, deren Finanzierung die Kommune zu 55 Prozent trägt. Ein tiefes Loch ins Portemonnaie der Gemeinde reißen auch die sogenannten Transferleistungen, wie zum Beispiel die gestiegene Kreisumlage mit nunmehr knapp sechs Millionen Euro, die höhere Umlage ans Land für ein gutes Einnahmenjahr 2023, eine weitere Steigerung des Kostenanteils im ÖPNV-Verbund mit 656.000 Euro.
Allein dieser gesamte Transferbereich schlägt mit 13,5 Millionen Euro auf der Ausgabenseite zu Buche. Zur Sicherstellung von Infrastruktur und Dienstleistungen bringt Pliezhausen inzwischen 6,24 Millionen Euro auf. Vor allem hohe Instandhaltungskosten an Gebäuden sowie dauerhaft erhöhte Aufwendungen für EDV und Digitalisierung bei der Verwaltung und in der Schule belasten diesen Kostenbereich.
Steuern und ähnliche Abgaben sind demgegenüber der größte Einnahmenposten der Kommune. Auf knapp 8,8 Millionen Euro werden die Einnahmen über die Einkommenssteuer geschätzt. Die Gewerbesteuer wurde mit 4,1 Millionen Euro veranschlagt, dies sei allerdings ein »wackliger Posten«, verdeutlichte Hillenbrand. Denn ob diese tatsächlich fließen, bleibt abzuwarten. Die Einnahmen aus der Grundsteuer B liegen bei voraussichtlich 1,5 Millionen Euro. Für die Kindertagesbetreuung erhält Pliezhausen vom Land Zuschüsse in Höhe von knapp 2,3 Millionen Euro. Die Elternbeiträge für die Kinderbetreuung erbringen 1,1 Millionen Euro. 1,9 Millionen Euro werden im Gegenzug an kirchliche und private Kita-Träger transferiert.
Chronik und Gerätehaus nicht im Etat
Erheblich reduziert ist angesichts dieser Finanzlage das Investitionsprogramm der Gemeinde. 2,6 Millionen Euro sind veranschlagt, der größte Teil fließt in die Sanierung der vorhandenen Infrastruktur und in bereits begonnene Tiefbauprojekte. So zum Beispiel in die Kanalsanierung der oberen Friedrichstraße zwischen Gemeindehalle und Ortsmitte. Rund 815.000 Euro werden dafür dieses Jahr investiert, im kommenden Jahr nochmals 410.000 Euro. Die Abschlussarbeiten für den Anschluss von Haushalten in Gniebel/Rübgarten an die Kläranlage Reutlingen-Nord kostet nochmals 300.000 Euro, die Gesamtkosten belaufen sich auf 5,1 Millionen Euro. Der Großteil wurde bereits 2023/24 finanziert.
Lange Gesichter wird es angesichts der Finanzlage auch bei Vereinen und Institutionen geben. Denn zahlreiche Projekte wurden für 2025 erst gar nicht in den Haushalt aufgenommen. Die Sanierung der Schülertoiletten in der Grundschule Gniebel muss warten, für die Ortschronik gibt es zumindest im Augenblick erst einmal kein Geld, auch neue Spielgruppenangebote für die Kinderbetreuung, um die reduzierten Öffnungszeiten aufzufangen, werden hintenangestellt. Auch die Feuerwehr muss warten. Der Neubau des Gerätehauses Gniebel/Dörnach für drei Millionen Euro ist verschoben und auch die Neubeschaffung von weiteren Fahrzeugen laut Bedarfsplan für 1,2 Millionen Euro steht nicht im Haushalt. Im Stadion bleibt die Laufbahn erst einmal wie sie ist und auch die Flutlichtanlage wird nicht erneuert.
Dold will an die Strukturen gehen
Die Achillesferse im Haushalt 2025 und in den Folgejahren sind die Kreditaufnahmen. Heuer eine Million, in den Folgejahren zwei Millionen an Krediten müssten aufgenommen werden. »Die Rechtsaufsicht sieht dies nicht als genehmigungsfähig an«, so Hillenbrand. Diese Kreditaufnahme wäre zwar unterm Strich verantwortbar, beurteilt Hillenbrand, aber das Problem sei die Liquidität. Noch verfügt Pliezhausen über Rücklagen in Höhe von 6,5 Millionen Euro dank guter Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren 2023/24. Aber diese Liquidität schmilzt bereits bis zum Jahr 2028 auf das gesetzlich geforderte Mindestmaß ab. »Wir wären nicht in der Lage, die Tilgungen zu leisten. Weshalb uns die Kredite auch nicht gewährt werden.« Dies bedeute aber nichts anderes, als dass die Kommune jeglichen Handlungsspielraum bei den Investitionen verliere.
Entscheidende Wochen liegen nun vor der Verwaltung. Die Kämmerei muss einen genehmigungsfähigen Haushalt ausarbeiten und diesen dann dem Gemeinderat unterbreiten. Wo genau was gestrichen wird, das könne er im Moment nicht sagen, so Hillenbrand. »Wir leisten uns ja jetzt schon keinen Luxus.« Die Kärrnerarbeit wird für die Verwaltung allerdings erst nach der Verabschiedung des Etats beginnen. Dann, so hat es Bürgermeister Christof Dold am Dienstagabend bereits angedeutet, müsse man an die Strukturen gehen. Zum einen müssten Möglichkeiten interkommunaler Zusammenarbeit abgeklopft werden. Zum anderen müsse man aber auch die Bürger zu der Erkenntnis führen, dass in Zukunft nicht mehr alles geleistet und serviert werden könne. (GEA)