DETTINGEN. Sozusagen häppchenweise hat Baris Binici in den kommunalen Gremien immer wieder von seinem Arbeitsfeld berichtet, anderthalb Jahre nach seinem Arbeitsantritt als Integrationsbeauftragter in Dettingen zog der im Verwaltungsausschuss Bilanz: Integrationsarbeit bleibe ein anspruchsvoller, oft langwieriger Prozess, der Ausdauer und Geduld erfordere. Aber, so sein Fazit: »Wir sind überzeugt, dass dieser langfristige Ansatz die Grundlage für eine erfolgreiche kommunale Integrationspolitik bildet.«
Das umfangreiche Aufgabenspektrum bewältigt Binici mit einer 50-Prozent-Stelle, wobei er einem nachhaltigen, lebensnahen und pragmatischen Ansatz folge. »Ziel bleibt es, nah an den Menschen zu sein und Strukturen zu schaffen, die den Integrationsprozess erleichtern«, machte er deutlich. »Besonders wichtig ist dabei die Festigung dieser Strukturen, sodass sie langfristig unabhängig von einzelnen Personen tragfähig bleiben.« So freue es ihn sehr, dass im vergangenen Jahr sechs Familien erfolgreich bei der Suche nach einer Wohnung unterstützt werden konnten.
»Die offene und verlässliche Kommunikation hat sich bewährt«
Eine entsprechende Anzeige im Gemeindeblatt sei gut angekommen, man sei dadurch in Kontakt zu Vermietern gekommen: »Die offene und verlässliche Kommunikation hat sich bewährt.« Vier weitere Familien hätten eigenständig eine Wohnung gefunden. Eine eigene Wohnung zu haben, stärke die Geflüchteten und die Aussicht eventuell eine finden zu können, wirke sich motivierend aus. Denn: »Die Integration in den Wohnungsmarkt ist – neben Sprache und Arbeitsmarkt – eines der zentralen Felder der Integrationspolitik«, so der Integrationsbeauftragte. Mit dem Eintritt in reguläre Mietverhältnisse beginne ein psychologischer Wandel: »Die Betroffenen verlassen die Haltung des Versorgtwerdens und erleben verstärkt Selbstwirksamkeit und Teilhabe.«
Positiv verlaufe seit acht Monaten auch ein Kooperationsprojekt mit dem Bauhof, wobei sich einer der beiden Mitarbeiter laut Binici etwas schwertue. Der andere habe indes sehr viel Eigeninitiative gezeigt und seine Sprachkenntnisse deutlich verbessert. Da seine fachlichen und sozialen Kompetenzen überzeugten, werde sein Vertrag um ein weiteres Jahr verlängert. Aus einer durchaus spürbaren anfänglichen Skepsis im Bauhofteam sei zunehmend ein konstruktives Miteinander geworden, berichtete Binici von der positiven Entwicklung. Gut verlaufe auch der konstruktive Dialog mit der Schillerschule, so sei das Aufnahmeverfahren für die Internationale Vorbereitungsklasse optimiert worden. Eine angedachte Elternmentoren-Initiative im Kindergarten Bergstraße sei indes auf wenig Resonanz gestoßen, da der zeitliche Aufwand als zu hoch eingeschätzt wurde.
»Die Integration in den Wohnungsmarkt ist eines der zentralen Felder der Integrationspolitik«
Grundsätzlich solle das Miteinander noch mehr gestärkt werden, geplant sei neben einer Ehrenamtsmesse – dabei können bei der Integration engagierte Vereine ihre Arbeit vorstellen – auch die Einrichtung einer Begegnungsstätte im ehemaligen Asylcafé in der Kreuzgasse. Schritt für Schritt sollen dort verschiedene Angebote, auch ehrenamtliche, etabliert werden. Als motivierend sieht UL-Gemeinderat Evangelos Pattas die jüngste Entwicklung an. Er habe sich viele Gedanken gemacht, wie das Miteinander mit Leben gefüllt werden könne. So könnten Migranten freitags auf dem Wochenmarkt Spezialitäten aus ihren Heimatländern anbieten. Er könne seine Ideen gerne realisieren, meinte Bürgermeister Michael Hillert, und Hauptamtsleiterin Stefanie Jedele sicherte Pattas ihre Unterstützung zu, wo möglich. Aber, so die beiden: Die Inhalte müssten im Ehrenamt ausgefüllt werden, diese Arbeit könne der Integrationsbeauftragte nicht übernehmen. Was Evangelos Patas bedauerte: Eine 50-Prozent-Stelle sei viel zu wenig für eine so vielseitige Aufgabe.
Der Druck zur Aufnahmeverpflichtung habe sich laut Binici deutlich reduziert. Derzeit leben 123 Geflüchtete über Zuteilungen des Landratsamtes in Dettingen, davon sind 94 Personen in drei Obdachlosenunterkünften untergebracht, die anderen wohnen in verschiedenen angemieteten Gebäuden. Im Mai wurden 18 Personen aufgenommen, 14 weitere werden in der ersten Juni-Woche zugewiesen. Die hygienische Situation in den Unterkünften habe sich laut Baris Binici auf einem mittleren Niveau stabilisiert, diejenige in der Kappishäuser Straße bleibe indes ein Problemfall. (GEA)