DETTINGEN. Seit der überraschenden Ankündigung der evangelischen Kirche im April, die Trägerschaft für die Kindergärten nicht mehr ausüben zu können, läuft die Dettinger Verwaltung mit einem Ziel vor Augen auf Hochtouren: Die Verlässlichkeit der Kinderbetreuung zu garantieren, dafür müssen für das neue Kindergartenjahr neue Betriebserlaubnisse beantragt werden. Was sonst in einem mindestens zwei Jahre dauernden Prozess vorbereitet wird, muss das Rathaus-Team in wenigen Monaten stemmen und erlebt dabei so manche Überraschung. »Wir haben gemerkt, dass es für 1,5 Gruppen keinen Raum gibt. Für 36 Kinder über drei Jahren liegt bereits eine Platzzusage vor, wir haben aber keine Plätze für sie«, macht Vera Dobberstein in der jüngsten Gemeinderatssitzung deutlich und präsentiert auch gleich eine Lösung: Ein Naturkindergarten in der Buchhalde soll’s richten.
Bei der Umsetzung wird angesichts der Dringlichkeit regelrecht der Turbo eingeschalten, bereits zu Beginn des nächsten Kindergartenjahres im Herbst soll die Einrichtung an den Start gehen. Das sei, so die Sachgebietsleiterin Kinderbetreuung, die schnellste und unkomplizierteste Art, den dringend benötigten Platz für Kinder zu schaffen. Noch dazu sei die Nachfrage nach einer Betreuung im bereits existierenden Waldkindergarten beim Naturfreundehaus groß.
Von einer unüblichen Vorgehensweise sprach denn auch Bürgermeister Michael Hillert: »Wir müssen aber schnell reagieren und Entscheidungen treffen.« Dazu gehört auch, dass mit Julia Gruner bereits eine Leitung des Naturkindergartens gefunden wurde. Sie bereitet den Start im Herbst mit einer Gruppe in der Christuskirche als vorläufige Schutzunterkunft vor, dafür muss eine Kooperationsvereinbarung mit der evangelischen Kirche ausgearbeitet werden – vor allem der Zutritt muss laut Verwaltung genau geregelt sein. Archibald Fritz von der Unabhängigen Liste (UL) erwartet ein Entgegenkommen der Kirche in der Übergangszeit, Dr. Michael Allmendinger von der CDU fragt sich eines: »Wie konnte dem Träger entgehen, dass Räume fehlen?«
300.000 Euro für 40 Betreuungsplätze
Mit der Rennwiese als künftigen Standort des Naturkindergartens zeigten sich alle Fraktionen einverstanden, dort sollen dann ab Frühjahr 2025 zwei Gruppen betreut werden. Bis es so weit ist, gilt es laut Vera Dobberstein eine umfangreiche Do-To-Liste abzuarbeiten: Zum ist das Provisorium Christuskirche entsprechend auszustatten und sind dort kleine bauliche Veränderungen notwendig – die Kosten hierfür seien noch nicht bezifferbar. Dann muss sich die Verwaltung auf die Suche nach Schutzhütten oder Bauwagen machen sowie eine Sanitäreinrichtung, Lagerräume und eine Beschattung anschaffen. Die Kosten für die Einrichtung des Schutzplatzes auf der Rennwiese belaufen sich nach derzeitigem Stand auf bis zu 300.000 Euro für 40 Betreuungsplätze.
Der Gemeinderat votierte einstimmig für das Konzept, wobei FWV-Fraktionsvorsitzender Dr. Rolf Hägele eindringlich darum bat, die Kosten im Blick zu haben. Denn die bereits angespannte Haushaltssituation der Gemeinde hat sich weiter verschärft, wie Bürgermeister Michael Hillert zu Beginn der Sitzung mitgeteilt hatte: Die Gemeinde muss Gewerbesteuer-Vorauszahlungen für das Jahr 2023 in Höhe von 3,3 Millionen Euro wieder an Gewerbetreibende zurückzahlen, die Gewerbesteuer sei zu hoch angesetzt gewesen. Die Gemeinde muss mit einem Nachtragshaushalt auf die verschlechterte Einnahmesituation reagieren, außerdem wird eine Haushaltssperre verfügt. »Wir haben Projekte am Laufen, die wir nicht mehr bremsen können«, erklärt der Bürgermeister, auch müsse man für die Pflichtaufgabe Kinderbetreuung weiterhin Geld in die Hand nehmen. Aber, so seine Ankündigung: »Wir werden uns mit den Freiwilligkeitsleistungen auseinandersetzen müssen.« (GEA)