BAD URACH. Was ist schon normal? Wenn in Urach Schäferlauf ist, ist gar nichts mehr normal. Die Kleinstadt am Fuße der Schwäbischen Alb tickt dann anders. Schneller, fröhlicher - ein bisschen so wie Köln beim Karneval. Ein bisschen fünfte Jahreszeit also. Trotzdem: Der Schäferlauf soll im Jahr 2025 ein bisschen normaler werden. Normaler in Bezug auf das letzte Mal vor zwei Jahren. Der 2023er war wohl der verrückteste, den die Stadt je erlebt hat, weil das 300-Jahre-Jubiläum gefeiert wurde. Weil der Schäferlauf so etwas wie der Uracher Nationalfeiertag ist, wird er trotzdem keine Nullachtfuffzehn-Veranstaltung, sondern ganz bestimmt die herausragendste in diesem Jahr. In 21 Tagen ist es wieder soweit.
Weil ein entfesseltes Schneller-Höher-Weiter aber nicht zu dieser Traditionsveranstaltung passt, »wollen wir den Schäferlauf wieder aufs Normalmaß zurückfahren«, sagt Vesna Trost. Die Uracher Hauptamtsleiterin hat früher selbst im Schäferreigen mitgetanzt und steht seit 2020 dem Orga-Team vor, in dem auch noch ihre Assistentin Isabel Suess, Pressesprecher Bernd Mall, Nicole Walcher (Assistenz Kinderbetreuung) und Andreas Feucht (Leitung Information und Kommunikation) mitschaffen.
Wie sehr die Traditionsveranstaltung die Menschen bewegt, hat man bei der Präsentation des Schäferlaufbiers am Samstag, 21. Juni, gesehen - der erste Aufschlag des 2025er-Schäferlaufs. Die Stadt war voll, die Stimmung prächtig. Etliche Mitglieder der »Schäferlies«, dem Volksstück zum Schäferlauf von Hans Reyhing, hatten zum ersten Mal ihre neuen Trachten an. Die hatte die Stadt bei einem Trachten-Schneider im Schwarzwald bestellt, weil viele Rollen umbesetzt worden sind. Isabel Suess hatte die kostbaren Stücke am Tag davor im Schwarzwald abgeholt.
Ein paar Neuerungen in diesem Jahr: Die »Schäferlies« wird heuer nicht mehr am Sonntag nach dem eigentlichen Schäferlauf gespielt - aus zwei Gründen: Die Akteure, die auf einem Wagen beim großen Festzug durch die Stadt fahren, mussten bisher in der Zittelstatt aufbrechen, bevor alles vorbei war. Schließlich mussten sie rechtzeitig in der Festhalle sein, um sich für die letzte Aufführung zu richten. In diesem Jahr können sie den Schäferlauf-Höhepunkt bis zum Schluss genießen. Die letzte Aufführung ist schon am Samstagnachmittag um 15 Uhr.
Die Ehrengäste werden nach dem Schäferlauf zum Essen eingeladen. Früher tafelten sie in der Dürnitz im Residenzschloss. Das ist wegen des Umbaus schon länger geschlossen, auch künftig fällt dieser Veranstaltungsort weg. Beim Schäferlauf vor zwei Jahren wich die illustre Festgesellschaft ins wenig dekorative Hartensteinhaus aus - ein Notbehelf. Weil jetzt aber am Sonntagnachmittag die Festhalle frei ist - die letzte »Schäferlies« ist ja schon am Tag zuvor über die Bühne gegangen - ist jetzt der noble Saal frei. »Ein würdiger Ort«, sagt Chef-Organisatorin Vesna Trost, »damit schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe.«
Auch neu beim 2025er-Schäferlauf: Die Ticketreservierung läuft jetzt über Reservix. »Wir gehen mit der Zeit«, sagt Vesna Trost. Was für Auswärtige und Ex-Uracher, die zum Schäferlauf in ihre Heimat pilgern, den Vorteil hat, dass sie die Karten bequem von zuhause oder auf dem Smartphone buchen können. Tickets gibt's sowohl für die »Schäferlies« als auch für die Steintribüne in der Zittelstatt. »Wie gehabt kann man die Karten nach wie vor in der Entdeckerwelt besorgen«, schiebt Pressesprecher Bernd Mall nach.
Beim Jahrhundert-Schäferlauf 2023 gab's ein Großaufgebot an Promis. Klar, dass Ministerpräsident Winfried Kretschmann seine Aufwartung machte. Der Mann, der ihn am 8. März 2026 - da ist Landtagswahl in Baden-Württemberg - beerben will, Cem Özdemir, wird wohl auch wieder da sein - allerdings nicht als Ex-Bundeslandwirtschaftsminister, sondern als Uracher Ehrenbürger. Ehrengast ist in diesem Jahr Sabine Kurtz, Staatssekretärin im Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz.
Romy und Ingrid Putler von der Eventmanagement Putler GmbH aus Kernen im Remstal sind die neuen Festwirtinnen im Zelt am Elsachufer. Sie haben schon das Zelt beim Nebelhöhlenfest Sonnenbühl und das beim Metzinger Stadt- und Heimatfest bewirtet und werden das auch beim Stuttgarter Weihnachtsmarkt tun. Neben der Festhalle gibt es wieder einen Vergnügungspark. Groß, bunt, schillernd, laut, aber ohne Riesenrad. »Wie gesagt: eine Nummer kleiner«, sagt Bürgermeister Rebmann, »auch beim Feuerwerk zum Abschluss am Montag fahren wir ein bisschen zurück - man muss nicht immer noch eine Schippe drauflegen.«
Im Vorfeld wird es in diesem Jahr wieder eine offene Schäferlaufbühne geben. Von Mittwoch, 16., bis Donnerstag, 24. Juli, treten auf dem Marktplatz täglich ab 19 Uhr Musikvereine, Bands, Chöre und Solokünstler auf. »Wer auftritt, kriegt keine Gage«, sagt Bernd Mall, »wir müssen die Bühne aber nicht bewerben, weil sich schon länger Interessierte bei uns beworben haben - das sind also lauter Promo-Auftritte.« Was 2023 auf großen Anklang gestoßen ist, wird es 2025 wieder geben: die Schäferlauftheke. Sie kommt jetzt aber nicht mehr aus Dettingen - die Uracher bauen eine eigene. »Die längste Theke des Ermstals«, wie das Dettinger Modell geheißen hat, steht jetzt nicht mehr vor dem Alten Oberamt, sondern rund um das Schäferlauf-Denkmal von Peter Lenk. Der Künstler vom Bodensee hat es ausdrücklich gut geheißen, dass seine Skulptur ins Stadtleben eingebunden wird.
Beim Festzug bleibt fast alles beim Alten: Es wird wieder unzählige Gruppen und viele Tiere geben. Anders als bei den anderen Umzügen, gibt es beim Schäferlauf keine Motoren. Neu dabei sind in diesem Jahr nicht nur der Musikverein Wannweil, sondern auch zwei Gruppen aus der Bodensee-Region, die die Uracher bei der Steuben-Parade in New York kennengelernt haben. (GEA)