DETTINGEN. Die Römer haben, wer hätte das gedacht, nicht nur den Wein in hiesige Gefilde gebracht – sondern auch die Walnuss, führte Thilo Tschersich als Obstbau-Fachberater des Reutlinger Landkreises inmitten der Dettinger Walnussanlage aus. Weiterhin pries er die Vorteile der harten »Winterfrucht mit Verpackung«.
Fette, Eiweiße und Kohlenhydrate seien darin enthalten, »acht bis zehn Nüsse pro Tag helfen der Herz-Kreislauf-Funktion«. Auch bei der »Wasserthematik kommt die Walnuss patent daher«, weil die Bäume nämlich sehr tief und breit wurzeln. Zudem seien die Bäume sehr landschaftsprägend.
Weniger Früchte ohne Spritzmittel
»Aber so ein Walnussbaum ist keine eierlegende Wollmilchsau«, betonte der Fachberater. Pilze und Insekten rücken der Hartfrucht sehr wohl auf die Schale. Obwohl die Kirsche natürlich die Frucht schlechthin für Dettingen ist (wie Bürgermeister Michael Hillert betonte), gewinne doch auch die Walnuss an Bedeutung für den Ort. »Die Vielfalt der Obstarten macht die Landschaft hier im Streuobstparadies aus«, so Maria Schropp, Geschäftsführerin des Schwäbischen Streuobstparadieses. Aber: »Wenn ich die Früchte nicht vermarkte, sind sämtliche Anstrengungen vergebliche Liebesmühe«, sprach Hillert einen der wesentlichen Punkte an.
Neue Absatzmärkte müssen laut Schopp erschlossen werden, »das sind ganz dicke Bretter, die da gebohrt werden müssen«. Zu den Problemen gehört nach den Worten von Obstbau-Fachberater Simon Walch auch »die Löslichkeit des Kerns aus der Schale«.
Roland Heinkel vom Obst- und Gartenbauverein (OGV) Dettingen sah zunächst mal schwarz für den Obstbau im Ermstal: Wenn Spritzmittel generell verboten würden, fallen bei der Ernte 80 Prozent der Früchte – und insbesondere der Kirschen und Zwetschgen – aus, so seine Prognose. Aber: Der OGV setze nun auf die Walnuss. 43 Bäume sollen nun in der Anlage zusätzlich gepflanzt werden.
»Entscheidend ist jedoch, wie der Kern aus der Schale kommt.« Das bestätigte auch Susanne Erb-Weber vom Bäckerhaus Veit: Seit rund 18 Jahren verarbeite die Bäckerei Walnüsse aus dem Ermstal. 1,2 Tonnen seien es im vergangenen Jahr gewesen. »Der große Knackpunkt ist das Knacken der Walnüsse und das Aussortieren von Kern und Schale«, so Erb-Weber.
Rolf Schäfer vom HG-Markt in Neuhausen fahre die gesammelten Nüsse stets für die Bäckerei nach Marbach am Neckar – dort gebe es eine Walnuss-Knack- und Sortiermaschine. »Es wäre aber notwendig, dass wir solch eine Maschine hier in der Region hätten«, betonte Susanne Erb-Weber. »Das funktioniert nur im Schulterschluss, denn es ist nicht Aufgabe der Gemeinde und auch nicht einer Bäckerei, solch eine Maschine anzuschaffen.«
Ein Grundproblem sei laut Thilo Tschersich: Wie bei den Kirschen merke der Verbraucher gar nicht, wenn die regionalen Früchte ausfallen. »Dann kommen sie eben aus der Türkei oder sonstwoher.« Manuel Straßer von der gleichnamigen Brennscheuer in Dettingen richtete »einen Appell an die Verbraucher, genauer hinzuschauen, wo das Obst und die Nüsse herkommen«. Was aber gar nicht einfach sei, wenn »die Früchte etwa aus Moldawien oder Rumänien wesentlich billiger sind«, so Maria Schopp.
Michael Hillert hatte ebenfalls Bedenken: »Der Kunde wird immer den einfachsten Weg gehen, wir müssen also die Früchte billiger und gerechter auf den Markt bringen.« Dazu gehöre, »dass halbprofessionelle Strukturen in der Zukunft nicht mehr ausreichen«. Die Aktion der Pflanzung von weiteren Walnussbäumen sei allerdings wichtig, um das Landschaftsbild insbesondere im Ermstal zu erhalten.
Nach dem Pressegespräch bei strahlendem Sonnenschein auf der grünen Wiese neben Walnussbäumen gab es leckere Brotprodukte mit darin verarbeiteten Walnüssen. »Wir dürfen in diesen schnelllebigen Zeiten auch mal stolz sein auf das Erreichte«, hatte Tschersich zuvor noch betont.
»Was wir hier in der Region schaffen, ist ein Schritt nach vorne.« Der Klimawandel habe »in der Forschung einen deutlichen Schritt nach vorne gebracht, bei dem auch was rumkommt«. Etwa bei der Sortenvielfalt: Simon Walch zeigte jede Menge Walnuss-Sorten auf, mit all ihren Vor- und Nachteilen. Namen wie Mars, Moselaner, Weinheim, Franquette oder Milotai 10 klangen schon mal vielversprechend. (GEA)

