DETTINGEN. Aus einer zunächst bis Ende des Jahres beschränkten Sperrung wird nun ein Dauerzustand: Die so genannte Promillesteige zwischen Dettingen und Hülben wird nie wieder für den Verkehr geöffnet, die vor allem bei Pendlern von der Schwäbischen Alb runter ins Ermstal beliebte Gemeindeverbindungsstraße wird stillgelegt. Darauf einigte sich am Donnerstag der Dettinger Gemeinderat bei seiner jüngsten Sitzung einstimmig, wenn auch schweren Herzens – das betonten die Sprecher der drei Ratsfraktionen.
Die Fakten sprechen für sich, wie Bürgermeister Michael Hillert bereits zu Beginn der Sitzung betont hatte: Eine dringend notwendige Sanierung des gerade mal vier Kilometer langen Albaufstiegs in der Verantwortung der Gemeinde Dettingen würde nach ersten Kostenschätzungen eines Gutachters 18 Millionen Euro kosten – das können die Kommune angesichts der wichtigen Pflichtaufgabe der Kinderbetreuung und der anstehenden notwendigen Planungen für ein dringend benötigtes neues Feuerwehrgerätehaus nicht stemmen. Und, das unterstrich der Rathaus-Chef ebenfalls: Der Landkreis wie auch die Gemeinden Hülben, Grabenstetten, Römerstein und Bad Urach hätten jüngst in einem Gespräch mit Landrat Dr. Ulrich Fiedler bestätigt, sich nicht an den Kosten beteiligen zu wollen. Die Konsequenz: »Wenn wir die Straße richten wollen, müssen wir das alleine stemmen.«
Juristischen Beistand geholt
Dabei würde es sich lediglich um eine Sanierung im Bestand handeln, an der Breite der Straße mit maximal 5,50 Metern und der Tonnagebeschränkung für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen würde sich nichts ändern. Eine Förderung nach dem Landesfinanzierungsgesetz wäre nur dann möglich, wenn der Ausbau auf eine durchgehende Fahrbahnbreite von sechs Metern plus beidseitiger Banketten von jeweils 1,50 Metern erfolgt. Aber: Die Kosten für einen Vollausbau nach straßenrechtlich erforderlichen Standards würden alleine wegen der topografischen Gegebenheiten am Albaufstieg mit den steilen Hängen explodieren und eine Genehmigung kaum realistisch. Die Promillesteige liegt nämlich vollständig im Vogelschutzgebiet und zum Großteil im FFH-Gebiet, zudem sind weitere Schutzkulissen wie Landschaftsschutzgebiete und das Biosphärengebiet betroffen. Eine Ausnahmegenehmigung von europarechtlichen Naturschutzvorgaben sei laut Dr. Cornelius Müller wenig aussichtsreich.
Die Gemeinde Dettingen hatte den Fachmann – Müller war vor seinem Ruhestand im August viele Jahre Ordnungsdezernent des Landkreises Reutlingen und Leiter des Kreisstraßenbauamtes – als juristischen Rechtsbeistand mit ins Boot genommen. Denn eine Straße kann zwar, wie geschehen, vorübergehend von einer Kommune aus verkehrsrechtlichen Gründen geschlossen werden. Aber, so Müller: »Für eine dauerhafte Schließung sind die Hürden etwas höher.« Kurz und gut: Die marode und nicht mehr verkehrssichere Gemeindeverbindungsstraße sei nach eingehender juristischer Prüfung entbehrlich, wie es offiziell heißt, die Argumente würden der Ermessensentscheidung in die Karten spielen.
Aus Steige wird privater Wirtschaftsweg
Eine Entscheidung mit Tragweite, die laut Dr. Rolf Hägele keinem im Gremium leicht falle: »Politisch ist uns die Straße wichtig«, betonte der Fraktionschef der Freien Wählervereinigung. Sie stehe für viele im Lauf der Jahrzehnte gewachsene persönliche, privat-familiäre und wirtschaftliche Verbindungen zwischen Dettingen im Tal und der auf der Albhochfläche gelegenen Nachbargemeinde Hülben. »Diese Straße aufzugeben bedeutet, eine Tradition aufzugeben«, unterstrich er. »Aber es bleibt uns nichts anderes übrig.« Auch Archibald Fritz von der Unabhängigen Liste machte eines deutlich: »Wir alle würden sie gerne offenhalten.« Aber die Kosten seien für Dettingen nicht stemmbar, die Konsequenz deshalb unumgänglich: »Wir müssen eine lieb gewonnene Straße schließen.« Dr. Michael Allmendinger von der CDU gab zu: »Wir gehen schweren Herzens diesen Weg.«
Was von der »Promill«, wie sie allgemein genannt wird, bleibt: Sie wird nach Abschluss des Einziehungsverfahrens stillgelegt und dann als privater Wirtschaftsweg geführt. In einem nächsten Schritt gilt es, eine entsprechende Mitteilung an die von der Straße berührten Gemeinden zu machen und das ist neben Hülben eben nur Dettingen selbst. Darüber hinaus soll die Kommune laut eines Antrags von Rolf Hägele fundiert prüfen, ob Dettingen als Ausgleich für die Stilllegung der Straße Ökopunkte erhält. (GEA)