BAD URACH-SEEBURG. Ein wunderschöner Anblick, wenn die Erms grünt und sogar blüht. Jetzt, kurz nach Pfingsten, ist das Bachbett zwischen dem Kraftwerk der Stadtwerke Münsingen und der alten Mühle am Ortsausgang von Seeburg wieder voller Wasserpflanzen. Die sind so üppig gewachsen, dass sie an vielen Stellen schon über den Wasserspiegel hinausgewachsen sind. Viele Pflanzen im Wasser bedeuten, dass der Wasserstand steigt. An manchen Stellen kommt es dem Ufer ziemlich nahe, besonders an den kleinen Brücken im Ort. Würde jetzt ein größerer Regen kommen - ein ausgiebiger und ausdauernder Platzregen -, könnte das sonst so friedliche Bächlein überlaufen. Höchste Zeit für den städtischen Bauhof, die Erms in Seeburg wieder mal auszumähen.
Gerd Nitz und Battista Mazzaei stehen bis zum Knie im Wasser. Ihre Motorsensen dröhnen, die Männer vom Bauhof haben Stöpsel in den Ohren. Nicht nur ihr Hörorgan schützen sie: Die Bauhof-Mitarbeiter tragen in ihren Wathosen warme Socken. Die Erms ist hier gerade mal einen Kilometer alt - der 32 Kilometer lange Bach, der in Neckartenzlingen in den Neckar mündet, ist im Mühltal in der Trailfinger Schlucht noch gar nicht so lange ans Tageslicht getreten und dementsprechend kalt - höchstens acht Grad.
Heute mit der Motorsense, früher mit der Schaufel

Heiß hat es dagegen ihr Kollege Bernd Geiger. Der Mann, den alle "Beba" nennen, sitzt auf dem Bock eines Mistgreifers, der von einem alten Fendt-Bulldog angetrieben wird und fischt das abgemähte Grünzeug auf Höhe der Johanneskirche aus der Erms. Es bleibt an dem Rechen hängen, den der Bauhof in den Bachlauf eingebaut hat. Das Grün legt Beba in einer Container-Mulde ab. "Das kommt dann auf die Deponie in Hengen, wo es verrottet", erklärt er. Sechs bis acht Kubik fasst so ein Container. In den anderthalb Wochen, in denen die - derzeit fünf - Männer vom Uracher Bauhof die Erms in Seeburg auf einer Länge von einem guten Kilometer ausmähen, füllen sie rund zwanzig Container.

An der Seite von Bernd Geiger steht beziehungsweise sitzt auf seinem Rollator Ludwig Hölz. Nicht nur, weil der 94-Jährige nebenan - direkt neben der Johanneskirche an der Erms - wohnt, sondern auch, weil er die Arbeit früher selbst schon gemacht hat. Damals kümmerten sich die Anwohner selber um das Grünzeug im Bach. Allerdings schnitten die Männer die Wasserpflanzen nicht mit Motorsensen ab - die es damals noch gar nicht gab -, sondern stachen die Pflanzen mit der Schaufel aus dem Bachbett raus. In ganz hartnäckigen Fällen packten sie ihre Spitzhacken aus. »Es ist immer noch genug stehen geblieben«, sagt Ludwig Hölz, »das Zeug ist immer wiedergekommen.«
Das Grün soll raus, die Tierchen sollen drinnen bleiben
Seit vielen Jahren schon kümmern sich der Bauhof von Bad Urach um das Grünzeug in der Erms. Heute schaut man im Reutlinger Landratsamt ganz genau darauf, wann und wie die Männer die Erms ausmähen. Hier sollen nur Grünpflanzen aus dem Bach geholt werden - besonders geschützte Arten wie die Groppe oder der Steinkrebs sollen in der Erms bleiben und sich hier vermehren dürfen. (GEA)
