METZINGEN/ST. JOHANN.. »Wir sind vom Landkreis informiert worden, dass bei uns vom 12. bis zum 15. April ein Manöver durchgeführt wird«, sagt Susanne Berger von der Pressestelle des Metzinger Rathauses. Mehr könne sie dazu nicht sagen - aus dem einfachen Grund, dass sie nicht mehr weiß. »Wir haben von der Bundeswehr eine Mail bekommen, in der sie eine Übung angemeldet hat«, so Berger. Ein paar nüchterne Zeilen ohne Ansprechpartner. Es stehe den Gemeinden frei, die Bevölkerung zu informieren, mehr Infos gibt's nicht. Erhalten haben die Mail laut Susanne Berger neben Metzingen auch Gomadingen, Hülben, Münsingen, Hayingen und Pfronstetten. Hier irgendwo muss sich das Manöver also abspielen.

Mehr zu der Übung sagen kann Ruediger Rudischhauser vom Landeskommando Baden-Württemberg der Bundeswehr. Er ist das Bindeglied zwischen der Bundeswehr und dem Landkreis. Mit dem Oberstleutnant der Reserve hat der GEA schon gesprochen, als im November 2024 niederländische Streitkräfte in den Metzinger Wäldern übten.
»Seit dem Ukraine-Krieg und allem, was damit zusammenhängt, sind wir da sehr sensibel«
Was jetzt von Samstag bis Dienstag läuft, sei ganz ähnlich wie das, was die Niederländer im November trainierten, so Rudischhauser. Im Einsatz sind keine 0815-Soldaten, sondern Spezialeinsatzkräfte. In der »Durchschlage-Übung« simulieren sie eine Situation, bei der sie hinter den feindlichen Linien überleben und zur eigenen Einheit zurückfinden müssen. So etwas macht man nicht am helllichten Tag, sondern bei Nacht. Tagsüber liegen die Soldaten gut getarnt im Unterholz.
Die Soldaten - Ruediger Rudischhauser spricht von rund 75 Mann - werden mit einem Hubschrauber zwischen St. Johann und Metzingen abgesetzt und machen sich erst mal unsichtbar. Passieren wird das Ganze entweder am Samstagabend oder am Sonntagmorgen. Allzu sehr ins Detail gehen will Rudischhauser nicht. »Ich bitte um Verständnis: Seit dem Ukraine-Krieg und allem, was damit zusammenhängt, sind wir da sehr sensibel«, sagte der Oberstleutnant der Reserve schon bei der Übung der Niederländer.
Über zwei Nächte hinweg versuchen die Spezialeinsatzkräfte, sich nach Pfullendorf durchzuschlagen. Allein, zu zweit, teilweise in Dreier-Teams. Durchschlagen deshalb, weil andere Bundeswehrsoldaten den Feind »spielen«, der sie mit Drohnen, Nachtsichtgeräten und Hunden aufzuspüren versucht. Die »Feinde« haben auch noch 15 Kleinfahrzeuge, um die Spezialeinsatzkräfte zu jagen. »Keine Kettenfahrzeuge«, sagt Rudischhauser.
»Wir wollen Situationen vermeiden, bei denen sich plötzlich zwei bewaffnete Menschen gegenüberstehen«
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Spaziergänger oder Jogger auf Männer in Flecktarn mit einem Sturmgewehr im Anschlag trifft, liegt bei Null - selbst bei Nacht. Dies hatte schon im November der Leiter des Metzinger Forstreviers, Jürgen Duffner, betont. »Die Wahrscheinlichkeit ist sehr, sehr gering«, so der Revierförster, »ein Lottogewinn ist wahrscheinlicher.« Aus dem einfachen Grund, dass die Spezialeinsatzkräfte einen »Eindringling« wesentlich schneller sehen als der Sportler die Soldaten.
Nachts könnte es dennoch zu kritischen Situationen kommen. Dann nämlich, wenn Jäger im Wald unterwegs sind - und derzeit dürfen immer noch Wildschweine bejagt werden. Jäger bewegen sich regelmäßig bei Nacht durch den Wald und wissen, wie man sich unauffällig bewegt. Darauf weist auch Ruediger Rudischhauser hin. »Wir wollen Situationen vermeiden, bei denen sich plötzlich zwei bewaffnete Menschen gegenüberstehen. Gerade auch, wenn nur einer Platzpatronen im Magazin hat.« Deshalb hat er - selbst Jäger - im Vorfeld schon alle Hegeringe informiert. »Die Jäger wissen auf jeden Fall, dass kein potenzieller Feind im Wald ist.«
»Ein gutes Gelände, weil es einem potenziellen Einsatzgebiet in der Ukraine entspricht«
Was verschärfend dazu kommt: »Wir beobachten verstärkt Wilderei«, sagt Ruediger Rudischhauser als Jäger, »in Baden-Württemberg und in ganz Deutschland.« Es könnte als gut sein, dass die Waidmänner und -frauen deshalb etwas nervöser sind, wenn sie Menschen mit Waffen im Wald sehen. »Ein Jäger schießt nicht, wenn er nicht absolut sicher ist, was er vor sich hat«, betont er, »trotzdem - das ist eine angespannte Situation.« Eigentlich sollten die Spezialeinsatzkräfte ganz ohne Munition unterwegs sein, oder nur mit Platzpatronen, sagt Rudischhauser. »Aber Genaues weiß man nicht.«
Warum üben Streitkräfte jetzt schon wieder hier? »Wir haben hier ein gutes Gelände«, sagt der Reserveoffizier. Ein gutes Gelände, weil es relativ dünn besiedelt ist, weil es Feld, Wald und Wiese hat und hügelig ist. »Es entspricht einem potenziellen Einsatzgebiet in der Ukraine.« (GEA)