METZINGEN. So manche/r fühlte sich an die Diskussion im Jahr 2008 erinnert: Die Hugo Boss AG will im Gewerbegebiet Braike-Wangen ein bis zu 20 Meter hohes Hochregallager bauen. Der Metzinger Gemeinderat ebnet den Weg dafür, doch die Mehrheit in einem Bürgerentscheid lehnt das Vorhaben ab. Daraufhin nimmt der damalige Oberbürgermeister Dieter Hauswirth, ein Befürworter des Hochregallagers, seinen Hut. Boss baut schließlich auf den Fildern, hält seiner Heimatstadt Metzingen aber mit zahlreichen anderen großen Investitionen die Treue.
In der jüngsten Gemeinderatssitzung ist die Bautenhöhe am Südrand der Stadt kein durchgreifendes Hindernis mehr: Bei einer Enthaltung von CDU-Rat Albert Welz beschließen die Bürgervertreter, einen Bebauungsplan »Parkhaus Motorworld« aufzustellen. Ist der verabschiedet, wird die Motorworld Group auf dem bisherigen Parkplatz direkt neben der Esso-Tankstelle ihr 15,5 Meter hohes Parkhaus mit 536 Stellplätzen bauen dürfen. Der Parkplatz bietet Fläche für etwa 120 Autos und ist komplett versiegelt.
Front-Anbau mit Büros und Showroom
Das soll sein fünfgeschossiger Nachfolger nicht sein: Die Fassaden werden zumindest teilweise begrünt und auch das Dach - zu 15 Prozent. Auf den übrigen 85 Prozent werden Solarzellen liegen, mit denen Strom erzeugt wird. Nicht parkhauslike kommt auch die zur Paul-Lechler-Straße liegende Front des riesigen Quaders daher: Es wird in einem schmalen Anbau-Streifen Gewerbebetriebe enthalten, mit einem Showroom im Erdgeschoss und Büros darüber. Es gibt bereits Anfragen dafür.
Micha Hagel, Geschäftsführer des Motorworld, hat die Pläne für das Parkhaus »im eleganten Design« im Rat vorgestellt und ist damit auf Gegenliebe gestoßen. »Wir wirken einem Defizit an Parkplätzen entgegen«, sagt Hagel. Dieses beziffert er mit 303 Plätzen, ausgehend von aktuell vorhanden 376 Stellplätzen rund um die Motorworld und einem Bedarf von 679 Plätzen bei Vollauslastung der zur Event-Location mutierten Ex-Schmiedefabrik Henning.
Das neue Parkhaus soll aber auch Parkdruck im Gewerbegebiet Braike-Wangen abmildern, in das immer mehr Betriebe ziehen. Hagel weiter: »Auch die Outletcity hat ein Parkproblem.« Zumindest in Powershopping-Phasen wie etwa an Brückentagen, in langen Einkaufsnächten oder an verkaufsoffenen Sonntagen. Die Gebührenordnung für ihren Neubau arbeiten die Motorworld-Macher allerdings erst noch aus und haben auf GEA-Anfrage noch keine Anhaltspunkte dafür genannt, wie viel die Parkstunde dort einmal kosten wird.
Sieht Bertram Dieringer von der Bauverwaltung mit dem kommenden Fünfgeschosser »die Revitalisierung einer Baulücke«, steht für FWV-Stadtrat Robert Schmid »außer Frage, dass wir so ein Parkhaus brauchen. Das Gebiet hat sich entwickelt.« Auch Gebäude der Firmen Lechler, Advanced Unibyte und Rümmelin ragen weit in die Höhe, bis zu 15 Meter. Zu OB Hauswirths Zeiten war das Gewerbegebiet Braike-Wangen noch weitgehend leer und mächtige Bauten konnten sich kaum zwischen anderen ähnlichen Maßes einfügen. Inzwischen sieht es im Gebiet vergleichsweise urban aus - wie es einem wirtschaftsstarken Mittelzentrum entsprechen kann.
Parkdruck in Gesamtstadt abmildern
2008 waren auch Albert Welz (CDU) und Klaus Rümmelin (Grüne) schon kommunalpolitisch aktiv. Haben die Grünen angesichts der Ausmaße des neuen Parkhauses erstmal schlucken müssen - »es ist schon ein wuchtiger Bau« - , können sie das Vorhaben aufgrund seiner »filigranen, schönen Verkleidung« dann doch mittragen. »Kann man die Parkebenen 0 und 1 nicht in die Erde legen?«, fragt Welz jetzt im Gemeinderat nach. Der Motorworld-Chef lässt Zahlen sprechen: »Wenn wir oberirdisch bauen, kostet ein Parkplatz 10.000 bis 14.000 Euro, nach unten wäre es etwa doppelt so viel. Das ist für einen Investor nicht tragbar.«
Zehn Millionen Euro steckt die Motorworld in den durchweg oberirdisch geplanten Quader. Sie tut das auch, weil sie es ihre Pflicht ist: »Wir müssen Stellplätze nachweisen«, macht Micha Hagel deutlich. Ist das alte Industrie-Ensemble doch inzwischen fast vollständig neu besiedelt und wird bespielt, mit Tuning-Shows, Messen, Schrauber-Werkstätten und Disco-Events. (GEA)