METZINGEN. Es soll leiser werden in Metzingen und seinen Teilorten. Deshalb hat der Gemeinderat bei einer Enthaltung von Karin Theis (CDU) eine aktualisierte vierte Version des städtischen Lärmaktionsplans auf den Weg gebracht, zunächst als Entwurf. Er sieht auf der Metzinger Ortsdurchfahrt verbreitet Tempo 30 statt heute noch 50 vor: entlang Teilen der Stuttgarter Straße, dem daran anschließenden Teil der Nürtinger Straße, auf der Wilhelmstraße, dem Lindenplatz und der Ulmer Straße; außerdem auf der B 313/Noyon-Allee/Nürtinger Straße zwischen Öschweg und dem Stadtausgang Richtung Grafenberg, in der Neuffener Straße, der Eichbergstraße als Hauptzufahrt zur Outletcity und der Neuhäuser Ortsdurchfahrt. Die neuen Limits sollen jeweils Tag und Nacht gelten.
Für die Glemser Ortsdurchfahrt hat der Rat eine Höchstgeschwindigkeit von 40 Stundenkilometern befürwortet, zehn weniger als bisher. Mit diesen schärferen Begrenzungen ist das Gremium den Empfehlungen des Stuttgarter Ingenieurbüros für Umweltakustik Heine + Jud gefolgt, das im Juni schalltechnische Untersuchungen in der Stadt vorgenommen hatte. Die Ortschaftsräte in Neuhausen und Glems hatten die Umsetzung der neuen Tempolimits einstimmig empfohlen. Die Metzinger Stadträte blieben trotz ebenfalls breiter Zustimmung nicht widerspruchlos und brachten Anregungen ein.
»Es gibt nicht nur das Lärmempfinden und Gesundheitsaspekte von Anwohnern, sondern auch die Interessen von Verkehrsteilnehmern«
»Unser Fazit ist: Keine flächendeckende Ausweisung von Tempo 30«, machte Robert Schmid für die Freien Wähler deutlich, »es gibt nicht nur das Lärmempfinden und Gesundheitsaspekte von Anwohnern, sondern auch die Interessen der Verkehrsteilnehmer.« Schon bei einer Verringerung von Tempo 50 auf 40 seien nur noch ein Zehntel so viele Bürger wie jetzt lärmbelastet. »Glems hat gar kein Problem.« Auch weil dort vergleichsweise wenig Verkehr über die Ortsdurchfahrt fließt. »In Reutlingen gilt rund um den Ex-Kaufhof Tempo 40«, brachte Schmid ein mögliches Vorbild ins Spiel, »in Metzingens würden wir's auch gerne differenziert sehen.«
»Uns befremdet das neue Messverfahren«, machte CDU-Fraktionssprecher Eckart Ruopp deutlich, »plötzlich ist alles viel lauter geworden.« Die Grenzwerte, ab denen Lärm als belastend oder gar gesundheitsschädlich angesehen werden, haben sich laut Sebastian Gerner vom Büro Heine + Jud aber seit der bisher letzten Aktualisierung des Metzinger Lärmaktionsplans nicht verändert. »Lärmbelastungen ab 65 dB(A) am Tag und 55 dB(A) in der Nacht liegen in einem gesundheitskritischen Bereich«, zitierte der Fachmann aus einem Kooperationserlass des Landesverkehrsministeriums.

Ruopp überzeugte das nur begrenzt: »Lärm ist etwas sehr Subjektives. Nachts im Gebäude ist der Lärmschutz oft besser.« Wenn die Bewohner die Fenster zum Schlafen nicht gerade offenhalten wollen, um Frischluft zu bekommen. Die Messungen der Schallschutz-Ingenieure enden jedenfalls an der Hausfassade und nicht im Schlafzimmer. Alle Kritik, alles Hinterfragen und alle Anregungen änderte letztlich nichts daran, dass die Stadträte den Heine + Jud-Entwurf unverändert durchgehen ließen.
Ob und gegebenenfalls mit welchen Änderungen der Entwurf des Lärmaktionsplans festgezurrt und umgesetzt wird, werden die nächsten Monate zeigen. Zunächst wird der Entwurf im Rathaus öffentlich ausgelegt und Bürger sowie Behörden und andere »Träger öffentlicher Belange« können Statements dazu abgeben. Anschließend kommen diese und die dazugehörigen Anmerkungen der Stadtverwaltung zusammen mit dem Entwurf wieder in den Gemeinderat, der den Lärmaktionsplan beschließen kann.
»Man muss die Geschwindigkeit kontrollieren. Der Mensch lernt nur, wenn's ans Portemonnaie geht«
»Am Schluss wird es 'empfohlene Maßnahmen' heißen«, machte Ordnungsamtsleiter Albrecht Gaiser deutlich, dass die Tempo-30- und 40-Schilder auch dann noch lange nicht aufgestellt sind, »dann wird die Straßenverkehrsbehörde handeln.« Die bei der Festlegung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit Ermessen haben kann. Die Regelgeschwindigkeit innerorts liegt in Deutschland laut Paragraf 3 der Straßenverkehrsordnung »unter günstigsten Umständen« immer noch bei 50 Stundenkilometern. In der Praxis ist das in vielen Kommunen aber inzwischen die Ausnahme.
Sind die Lärm-Schwellenwerte aus dem Kooperationserlass des Landes überschritten, »wird das Ermessen zur Pflicht«, machte Gerner deutlich. Dann nämlich, wenn sich nach den schalltechnischen Messungen besonders viele Anwohner in den rot markierten, als kritisch angesehenen Bereichen jenseits der Grenzwerte von 65 beziehungsweise 55 Dezibel wiederfinden.
Beim Erlass von Tempolimits auf städtischem Gebiet sind nicht nur die Große Kreisstadt Metzingen, sondern auch das Landratsamt Reutlingen und das Regierungspräsidium Tübingen beteiligt, sind doch mit Abschnitten der B 313, der L 378 a und der L 380 a auch Bundes- und Landesstraßen betroffen. Ende des ersten Quartals 2026 soll das Verfahren zur Fortschreibung des Metzinger Lärmaktionsplans abgeschlossen sein. Selbst wenn die Schilder stehen, wird es nicht automatisch leiser in der Stadt: »Man muss es kontrollieren«, forderte Dr. Ursula Wilgenbus (FDP), »der Mensch lernt nur, wenn's ans Portemonnaie geht.« (GEA)


