METZINGEN/BAD URACH. Wieder mal fünf Minuten Verspätung: Der MEX 18 genannte Regionalzug von Stuttgart nach Tübingen kommt um 15.10 Uhr auf Gleis 1 in Metzingen an. Mehrere Reisende eilen im Laufschritt durch die Unterführung zu Gleis 3, wo die Züge nach Bad Urach starten. Zu spät: Die Ermstalbahn alias RB 63 ist pünktlich um 15.08 Uhr abgefahren. Die nächste Bahn in die Kurstadt und nach Dettingen fährt eine Stunde später, der nächste Bus eine halbe Stunde.
Szenen wie diese häufen sich seit dem Fahrplanwechsel Mitte Dezember 2024. Denn erst seither fahren die Züge nach Bad Urach in Metzingen zur Minute 8 ab. Vorher war es die Minute 15. Damals hatten die Reisenden aus Richtung Stuttgart also zehn Minuten Umsteigezeit ins Ermstal. Heute sind es nur noch vier. Allerdings brauchen Fußgänger mit Durchschnittstempo schon drei Minuten, um von Gleis 1 zu Gleis 3 zu gelangen. Das wird oft eng. Zumal nur zwischen 60 und 70 Prozent der Züge der Neckar-Alb-Bahn /Stuttgart - Nürtingen - Tübingen) pünktlich oder nicht mehr als fünf Minuten verspätet sind. Zuständig für die Fahrplangestaltung im Regionalverkehr ist das Land.
- Warum die fahrplanmäßige Umstellung?
Jeden Dezember steht auf Deutschlands Gleisen ein Fahrplanwechsel an. Dabei gibt es auf manchen Bahnstrecken große, auf anderen gar keine fahrplanmäßige Änderungen. Zwischen dem Ermstal und Tübingen gab es 2024 erhebliche. »Die Änderungen ergeben sich aus dem neuen Inselbetrieb«, informiert Wenke Böhm, stellvertretende Pressesprecherin im Landesverkehrsministerium. Gemeint ist die Aufsplittung der Linie RB 63 in die Verbindungen Bad Urach - Tübingen und Tübingen - Herrenberg. Davon verspricht sich das Land, dass Verspätungen zwischen Ammertal und Ermstal weniger als früher weitergegeben werden. Verspätungsanfällig ist auch der mit bis zu vier Zügen pro Stunde und Richtung dicht befahrene Mittelabschnitt Tübingen - Metzingen.
»Die Fahrlagen (Abfahrtzeiten in den Bahnhöfen, d. Red.) ergeben sich aus Zwangspunkten im Fahrplan«, sagt Böhm weiter. Manche Zeiten ließen sich also nicht ändern, weil die Züge sonst nicht aneinander vorbei kommen. Gründe für den Fahrplan sind zum Beispiel Knotenpunkte und die Infrastruktur, wie die Eingleisigkeit im Ermstal und mögliche Zugbegegnungen vom und ins Ermstal, die derzeit nur in Reutlingen und Tübingen stattfinden, nicht aber in Metzingen.
- Wie sieht es in der Gegenrichtung Bad Urach - Metzingen - Stuttgart aus?
Schon seit Jahren passen in Metzingen die Anschlüsse nicht mehr - zumindest nicht dann, wenn alle Züge pünktlich verkehren. Aktuell fahren die Regionalbahnen aus Bad Urach zur Minute 50 in der Kelternstadt ein - und damit just eine Minute, nachdem der Zug nach Stuttgart dort raus ist. Der nächste Zug mit nur einem Unterwegshalt nach Stuttgart fährt 20 bis 25 Minuten später. Wer nach Wendlingen, Plochingen und Esslingen will, muss noch länger warten. Warum diese unglücklichen Zug-Übergänge am selben Bahnsteig? Diesmal nimmt das Land Bezug auf das Nadelöhr Wendlingen - Plochingen, in dem sich vier Regionalzuglinien zwei Gleise mit Fernverkehrszügen und der Stuttgarter S-Bahn teilen. »Die Strecke ist sehr stark ausgelastet, und andere Fahrlagen sind deshalb nicht möglich«, führt die Ministeriumssprecherin aus.
- Wann ist Entspannung in Sicht?
Wenn in Metzingen das vierte Gleis und das elektronische Stellwerk in Betrieb sind. Das soll nach mehrfachen Ankündigungen des dafür zuständigen Zweckverbands Regionalstadtbahn Neckar-Alb, in den die frühere Erms-Neckar-Bahn AG integriert wurde, Ende 2025 der Fall sein. Vorher wird in den Sommerferien im Bahnhof Metzingen kräftig gebaut. Dazu wird dieser mehrere Wochen komplett gesperrt und der Zugverkehr auf der Neckar-Alb-Bahn Tübingen - Stuttgart damit unterbrochen.
Sobald die neue Technik in Betrieb ist, werden also zweimal pro Stunde und Richtung Züge Bad Urach und Tübingen mit Halt auf allen Unterwegsstationen verbinden. »Voraussichtlich« auch in Sondelfingen. Diese Reutlinger Bezirksgemeinde wird seit dem Fahrplanwechsel nur noch einmal stündlich in beide Richtungen angefahren. Denn die zuvor bestehende zweite RB-63-Verbindung zwischen Tübingen und Metzingen wurde Mitte Dezember auf den Abschnitt Tübingen - Reutlingen zurückgeschraubt. »Der Fahrplan für den Halbstundentakt ist aktuell in Planung«, teilt Wenke Böhm vom Verkehrsministerium dem GEA mit.
- Hat der jüngste Fahrplanwechsel auch Verbesserungen gebracht?
Ja. Dadurch, dass die Ermstalbahn in Metzingen früher losfährt, ist sie auch früher in Bad Urach. Dort fahren von früh bis spät kurz nach der halben Stunde etliche Busse, unter anderem die schnellen Linien X 2 nach Münsingen und X 340 nach Laichingen mit Anschluss nach Merklingen, wo wieder Bahnanschluss nach Ulm besteht. Durch die Fahrplanänderungen zum 15. Dezember ist in Bad Urach mehr Zeit zum Umsteigen. Vom Bahnsteig zum ZOB sind es etwa sechs Minuten Fußweg - was in der Vergangenheit oft knapp wurde.
Eine andere Verbesserung ist, dass die Züge von Bad Urach über Metzingen und Reutlingen jetzt keine 17 Minuten mehr in Reutlingen stehen, sondern nach einer Minute weiterfahren. Das war vor dem Fahrplanwechsel anders.
- Wie kommentieren Bahnbetreiber die jüngsten Fahrplan-Änderungen des Landes?
Ein Sprecher der Deutschen Bahn nimmt auf die geschilderten verstärkten Anschlussprobleme in Metzingen keinen Bezug, sondern ausschließlich auf die Aufsplittung der früher zwischen Bad Urach und Herrenberg durchgehenden Züge: »Wir als DB begrüßen die Änderung auf der RB 63 und den daraus resultierenden stabilen Takt zwischen Tübingen und Herrenberg.« Dort habe sich die Anschlusssituation zur S 1 nach Stuttgart für Kunden der Ammertalbahn »stark verbessert«. Sie haben seit Dezember fünf statt vier Minuten Zeit, um von Gleis 102 durch die Unterführung zu Gleis 2 zu gelangen. Die DB Regio betreibt die Linie RB 63.
Die landeseigene SWEG Bahn Stuttgart (SBS) betreibt dagegen den Großteil der Züge auf der Neckar-Alb-Bahn Stuttgart - Tübingen - und hat damit auch frustrierte Reisende an Bord, die in Metzingen ihren Anschlusszug nach Bad Urach nicht bekommen. SBS-Pressesprecherin Hanne Lützelberger gibt auf GEA-Anfrage nur einen knappen und allgemein gehaltenen Hinweis auf die Zuständigkeiten: »Die Gestaltung des Schienenpersonennahverkehr obliegt der Nahverkehrsgesellschaft des Landes. (...) Wir sind gewiss, dass die von der NVBW veranlassten Fahrplanänderungen unter Berücksichtigung aller zugrundeliegenden Einflussfaktoren erfolgten.« (GEA)