GRAFENBERG. Zimmerer, Dachdecker, Maurer: Handwerk hat Tradition und die meisten Berufe sind allseits bekannt. Aber schon mal, was von einem Instrumentenbauer gehört? Zugeben, der Job belegt tatsächlich nicht die oberen Plätze auf der Berufswunschliste, aber es gibt ihn und die Berufssparte macht ordentlich Um-satz. Laut Standortagentur Neckar-Alb gibt es 192 Betriebe im Ländle, die sich auf die Herstellung von Musikinstrumenten spezialisiert und einen Jahresumsatz von über 500 Millionen Euro erzielt haben. 32 dieser Unternehmen beherbergt die Region Neckar-Alb – vier davon arbeiten in unmittelbarer Nähe.
In einem Youtube-Video sowie auf dem Instagram-Kanal geben die talentierten Instrumentenbauer Einblicke in ihre Jobs. »Sie haben uns ihr Fachwissen und ihre Leidenschaft für ihren Beruf nähergebracht. Das Zusammenspiel von Talent, handwerklichem Können und Leidenschaft zur Musik ermöglicht es ihnen, Instrumente zu erschaffen, die die Herzen der Menschen berühren. Und das gleich um die Ecke«, erklärt Jennifer Muffler, Leiterin Standortmarketing bei der Standortagentur. Die Protagonisten waren: Marc Locher, renommierter Gitarrenbauer aus Dußlingen, bei dem jedes Instrument ein Unikat ist; Matthias Hölle, Meister des Metallblasinstrumentenbaus mit handwerklicher Spitzenqualität aus Hirrlingen; Thorsten Hans, leidenschaftlicher Gitarrenbauer aus Tübingen; und Andreas Bader, Experte im Bau von Alphörnern aus Grafenberg. Letzteren haben wir einen Besuch abgestattet.
Drei Kilogramm schwer
Inmitten des kleinen Örtchens Grafenberg lebt und arbeitet Andreas Bader. Mit Maske und Hörschutz treffen wir ihn in seiner kleinen Werkstatt an und sind gespannt, auf seine Geschichte. Und die ist spannend. Schon als kleiner Bub hat Musik sein Leben bestimmt. Immer wieselflink und neugierig ging’s logischerweise in den Musikverein. Eine eigene Band war zu dem Zeitpunkt noch kein Thema. Fasziniert von allmöglichen Instrumenten hatten es ihm die Alphörner, die eigentlich ihren Ursprung in der benachbarten Schweiz haben, besonders angetan. Auf Recherchetour in Sachen Alphorn fand er heraus, dass in Pfrondorf im Landkreis Tübingen diese seltsam anmutenden Blasinstrumente hergestellt wurden. Nach seiner Schreinerlehre und der Meisterprüfung ging’s aber erst mal in einen Kunststoffverarbeitenden Betrieb. Den Alphornbau im Nebenerwerb optimierte Bader zehn Jahre lang. Dann ging’s in die Selbstständigkeit.
Bis heute hat er es nicht bereut. Den Kundenanforderungen gerecht zu werden, ist jedes Mal wieder eine Herausforderung. Klang, Stimmigkeit, Haltbarkeit und Handling sind wichtig. Das 3,60 Meter lange Alphorn, kann in vier Teile zerlegt werden, misst am Ende noch einen Meter und wiegt drei Kilogramm insgesamt. Es gibt zehn verschiedene Modelle, aber auch individuelle Kundenwünsche werden berücksichtigt. Das Holz dafür ist ausschließlich Fichte und die kommt aus Südtirol. Die Eigenschaften der Fichte passen perfekt, denn leicht und biegefest muss es schon sein. In seiner Halle wird das Holz zugesägt und der wertvolle Rohstoff trocknet dort über Jahre.
Kundschaft aus aller Welt
Baders Alphörner sind alles Unikate. Bis zu 80 Stunden dauert die Herstellung, die maschinenunterstützt ist, aber auch viel Handarbeit beinhaltet. Allein das Schleifen im Alphorninneren ist eine sehr staubige Angelegenheit und nimmt viel Zeit in Anspruch. Billig ist so ein Alphorn nicht. In der Regel geht’s ab 2.000 Euro aufwärts. Die Kundschaft ist europaweit bis hin nach Übersee vertreten. Das Auftragsbuch ist voll – die Wartezeit liegt etwas über einem Jahr.
Auf die Frage, ob’s immer noch Spaß macht, kommt ein klares Ja. Der 47-jährige Familienvater ist nicht nur ein gefragter Alphornbauer, sondern auch ein cleverer Geschäftsmann. An dieser Stelle kommen wir zur eigenen Band, die eingangs kurz angedeutet wurde. Die »Bader Alphorngaudi« gründete Andreas Bader zum 15-jährigen Firmenbestehen. Gemeinsam mit seinem Bruder Rainer und den Freunden Rainer Mayer und Gunther Schaich kommen so die selbst hergestellten Alphörner publikumswirksam bei Hochzeiten, Jubiläen, großen und kleinen Feiern zum Einsatz. Das Repertoire ist querbeet und reicht von klassischen Alphornklängen bis hin zu Blues und Polka. Wie vieles in der Alpenmusik in den letzten Jahrzehnten revolutioniert wurde, man denke nur an Hubert von Goisern, der einst mit seinen Alpinkatzen samt steirischer Harmonika die Hitparaden rockte, so hat sich auch das Alphornimage gewandelt. »Modern, fetzig und ziemlich professionell kommen heute die Burschen daher«, sagt Andreas Bader. Und der muss es schließlich wissen. (GEA)