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Aktuell Prozess

Alle vier Ladendiebe von Münsingen und Bad Urach gestehen ihre Taten

Die Täter reisten nur zum Stehlen nach Deutschland ein. Auf einem Supermarktparkplatz fielen sie Polizisten auf. Nun wurden sie zu Bewährungsstrafen verurteilt.

Gerichtsbank
Ein Schild mit der Aufschrift »Angeklagter« wird auf die Gerichtsbank gestellt. Foto: Arne Dedert
Ein Schild mit der Aufschrift »Angeklagter« wird auf die Gerichtsbank gestellt.
Foto: Arne Dedert

REUTLINGEN / BAD URACH. Manchmal geht es in einer Gerichtsverhandlung ganz schnell. Wenn die Beweise stark sind und alle Angeklagten gestehen, brauchen keine Zeugen mehr auszusagen. Genauso war es in dieser Woche in einer Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Reutlingen. Ursprünglich waren neun Zeugen geladen. Der Erste um 10 Uhr. Später hätten Videoaufnahmen aus Drogeriemärkten vorgespielt werden sollen, um den Anwesenden den vorgeworfenen gemeinschaftlichen schweren Bandendiebstahl zu zeigen. Doch zu all dem kam es nicht. Richter Eberhard Hausch ließ durchblicken, dass die vier Angeklagten rumänischen Staatsbürger mit Bewährungsstrafen davon kommen könnten, wenn sie denn die Taten gestehen würden. Denn die drei Männer und eine Frau hätten keine Vorstrafen und nun jeweils ein halbes Jahr in Untersuchungshaft verbracht. »Wir können aber auch alle Zeugen vernehmen«, benannte Hausch die Alternative.

Doch die Anwälte hatten angesichts der Beweise bereits mit ihren Mandanten über die Möglichkeit von Geständnissen gesprochen. Alle ließen ihre Rechtsbeistände die ihnen vorgeworfenen Taten einräumen. Der Staatsanwalt Dr. Alexander Bauer warf allen drei Angeklagten vor, sich zu einer Gruppe zusammen geschlossen zu haben und von Frankreich und Rumänien nur deshalb nach Deutschland eingereist zu sein, um hier Straftaten zu begehen. Dabei hätten sie es vor allem auf teure Parfums und hochwertige Kosmetika und Kleidung abgesehen, die sie in Drogeriemärkten in Münsingen und Bad Urach gestohlen haben sollen. Bauer warf den vier Angeklagten vor, dabei arbeitsteilig vorgegangen zu sein. Manche hätten gestohlen, andere die Diebe verdeckt, das Ladenpersonal abgelenkt und wieder andere den Fluchtwagen gefahren.

Was alles gestohlen wurde

Insgesamt sollen sie Waren im Wert von fast 2.800 Euro gestohlen haben. »Die erbeuteten Waren wollten sie an Privatleute in Rumänien und Frankreich verkaufen«, warf ihnen Bauer vor. Die Polizei kam den Ladendieben auf die Spur, als sie auf einem Parkplatz eines Discounters die Personen in einem Auto überprüften. Darin fanden sie Kleidung und Parfüm. »Es waren 15 Parfüms noch originalverpackt«, sagte Bauer. Allerdings hätten sie diese Taten zuordnen müssen. Dies sei aber durch Aufnahmen von Überwachungskameras in Geschäften möglich gewesen, zumal die Marken nicht in allen Drogeriemärkten angeboten würden. »Im Auto haben die Polizisten noch Zimmerschlüssel eines Gasthauses in Wernau gefunden. Als sie die noch in der Nacht durchsuchten, fanden sie dort noch viel mehr Kleidung und Parfüms als Diebesgut.« Einem der Angeklagten wirft der Staatsanwalt drei Taten vor, den anderen jeweils zwei Taten. Die vier damals noch mutmaßlichen Täter kamen in Untersuchungshaft.

Eine Kundin riecht an einem Parfüm-Flakon. In dieser Woche standen vier Täter vor dem Reutlinger Amtsgericht, die teure Düfte sc
Eine Kundin riecht an einem Parfüm-Flakon. In dieser Woche standen vier Täter vor dem Reutlinger Amtsgericht, die teure Düfte schnell eingesteckt hatten und als Bande auftraten. Foto: Soeren Stache/dpa
Eine Kundin riecht an einem Parfüm-Flakon. In dieser Woche standen vier Täter vor dem Reutlinger Amtsgericht, die teure Düfte schnell eingesteckt hatten und als Bande auftraten.
Foto: Soeren Stache/dpa

Die drei Täter und die Täterin sind jeweils in Rumänien geboren und aufgewachsen. Die meisten haben zunächst länger die Schule besucht, einer jedoch nur zwei Jahre. Die Frau bekam Kinder und war danach Hausfrau. Zwei Täter waren in der Land- oder Forstwirtschaft in Frankreich tätig. Der Vierte arbeitete in einem Hotel als Barkeeper. Sie sind zwischen 22 und 27 Jahre alt und haben teils schon mehrere Kinder.

Der Staatsanwalt Bauer sagte, dass die vier Personen nun gestanden hätten, was zeige, dass es so gewesen sei, wie in der Anklageschrift steht. Es wirke sich positiv aus, dass sie gestanden hätten und auf die Beute verzichtet hätten. Weil einer seine Beteiligung an drei Taten eingeräumt hat, forderte Bauer für ihn eine Haftstrafe von zwei Jahren und für die anderen wegen zweier Taten eine Strafe von anderthalb Jahren, deren Vollstreckung jeweils zur Bewährung ausgesetzt werden solle.

Wie die Strafen ausfielen

Das Gericht mit dem Vorsitzenden Richter Eberhard Hausch und den beiden Schöffen Janina Crespo und Manfred Wolf folgte vom Strafmaß der Forderung des Staatsanwalts. Die Vollstreckung der Strafen wird für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Zu den Auflagen gehören 400 Arbeitsstunden für den zu vier Jahren Verurteilten und jeweils 300 Stunden für die drei anderen. Diese müssten sie aber nur dann ableisten, wenn sie sich mehr als zwei Tage in Deutschland aufhielten. Dann müssten sie dem Gericht dies vorher mitteilen. Täten sie dies nicht, könne dies Folgen haben. »Das ist dann ein Auflagenverstoß, der womöglich zum Widerrufen der Auflagen führen kann.« Dann könne es sein, dass die Täter in Haft müssten.

»Es ist schon dreist, nur nach Deutschland einzureisen, um hier Straftaten zu begehen«, sagte Hausch noch und erzählte am Ende eine Anekdote, die den vier Angeklagten auch als Warnung dienen könnte: »Im Februar haben wir einen Ladendieb in einem ganz ähnlichen Fall zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Er wurde nach nur sechs Stunden wieder bei einem Diebstahl erwischt.« Das sei es dann gewesen mit der Bewährungsstrafe. (GEA)

Im Gerichtssaal

Vorsitzender Richter: Eberhard Hausch, Schöffen: Janina Crespo, Manfred Wolf. Staatsanwalt: Dr. Alexander Bauer, Anwälte: Monika Morlok, Christian Ciurea, Bernd Hermann, Julijana Hermann. Übersetzer: Robert Laub.