Logo
Aktuell Ernährung

Aktionstag in Dettingen für mehr Bio in der Großküche

Am besten bio und regional: Wie nachhaltiges Kochen gelingen kann, erfuhren Teilnehmer eines Aktionstags der Biomusterregion Schwäbische Alb bei Elring Klinger in Dettingen.

Regionale Erzeuger zeigen einen Teil ihrer Bio-Produkte.
Regionale Erzeuger zeigen einen Teil ihrer Bio-Produkte. Foto: Markus Pfisterer
Regionale Erzeuger zeigen einen Teil ihrer Bio-Produkte.
Foto: Markus Pfisterer

DETTINGEN. Das »Kochwerk« hat sich auf den Weg gemacht. 980 Essen gibt die Unternehmenstochter des Autozulieferers Elring Klinger am Tag aus. Zu 17 Prozent bestehen sie aus Bio-Zutaten, Nudeln genauso wie Rindfleisch oder Karotten. »Vor einem halben Jahr waren es noch zwölf Prozent«, sagt »Kochwerk«-Chef Stefan Thum. Der Biolandhof Bleiche der Bruderhaus Diakonie, nur ein paar hundert Meter entfernt, liefert stetig frisches Obst und Gemüse zu. Der ökologisch wie menschlich vorbildhaften Zusammenarbeit vorausgegangen war ein Impuls von Maike Honold von der Biomusterregion/dem Biosphärengebiet Schwäbische Alb, die das Bewusstsein für regionale Bio-Lebensmittel schärfen und diese mehr verbreiten möchten, auch den Ökolandbau.

Um all das ging’s auch an einem Info-Nachmittag mit Koch-Workshop für Vertreter von Großküchen am Donnerstag in der Kantine von Elring Klinger in Dettingen. Die rund 30 Teilnehmenden kamen von Catering-Firmen genauso wie von Schulmensen, aus der Gastronomie, von Jugendherbergen und Bio-Höfen.

Die Biomusterregion  Schwäbische Alb bietet eine Bio-Produkteliste für (Groß)Küchen uns Gastronomen an.
Die Biomusterregion Schwäbische Alb bietet eine Bio-Produkteliste für (Groß)Küchen uns Gastronomen an. Foto: Markus Pfisterer
Die Biomusterregion Schwäbische Alb bietet eine Bio-Produkteliste für (Groß)Küchen uns Gastronomen an.
Foto: Markus Pfisterer
  • Welche Herausforderungen gibt es?

»Ihr wollt zu viel!«, bekommt Sandra Klaus-Frosch oft gesagt. Regelmäßig fragt die Leiterin der Jugendherberge Tübingen bei regionalen Erzeugern nach Bio-Waren. Sie muss bei verschiedenen Lieferanten fragen. »Oft sind die Mengen das Problem.« Das bestätigt Regina Autenrieth vom Hotel- und Gaststättenverband Dehoga Baden-Württemberg. Und sie spiegelt die Anspruchshaltung vieler Gastronomen: »Sie sagen, ›ich mach nur bio, wenn’s auch regional ist.‹« Ein anderes Problem in Sachen Bio-Anbau beschreibt Karin Maier vom Eckberghof Münsingen, der Bioland-Qualität bietet: »Die meisten Verarbeiter wollen kein erdbehaftetes Gemüse bei sich.«

  • Wie können Lösungen aussehen?

Durch eine engere Verbindung und eine Ausweitung der Beteiligten. »Es gibt diverse Beispiele für direkte Lieferbeziehungen zwischen Erzeugergemeinschaften und Groß- oder Gemeinschaftsküchen«, machte Maike Honold deutlich, »da zwackt der Handel dann nichts mehr ab.« Will heißen, die Preise können moderater ausfallen. Bilden sich Erzeugergemeinschaften wie etwa bei den Albleisa, können diese zudem größere Warenmengen liefern. Die Biomusterregion ist auch außerhalb von Aktionstagen wie jetzt in Dettingen eine Vernetzungs-Plattform, auch über ihre Homepage.

Schnippeln, kochen, austauschen, Bezug zu Bio-Lebensmitteln bekommen: Teilnehmer eines Workshops der Biosphärenmusterregion Schw
Schnippeln, kochen, austauschen, Bezug zu Bio-Lebensmitteln bekommen: Teilnehmer eines Workshops der Biosphärenmusterregion Schwäbische Alb bereiten in der Küche des Elring-Klinger-Tochterunternehmens »Kochwerk« in Dettingen Bowls vor. Foto: Biomusterregion Schwäbische Alb
Schnippeln, kochen, austauschen, Bezug zu Bio-Lebensmitteln bekommen: Teilnehmer eines Workshops der Biosphärenmusterregion Schwäbische Alb bereiten in der Küche des Elring-Klinger-Tochterunternehmens »Kochwerk« in Dettingen Bowls vor.
Foto: Biomusterregion Schwäbische Alb

Eine Positivspirale aus mehr Angebot und mehr Nachfrage ankurbeln können aber auch Bio-Aktionen vom Küchenchefs wie Stefan Thum, der »das Verpflegungsangebot saisonal ausgestaltet« und immer vegetarische wie fleischhaltige Speisen anbietet. Aus der Küche in die Kantine auf Vorrat nachgeliefert werden immer nur fünf Portionen, nicht etwa gleich 30. Damit möglichst wenig weggeworfen wird. Etwas Wartezeit mehr für die Essenden sind da das kleinere Übel.

  • Wie können Groß- und Gemeinschaftsküchen mehr auf Bio umstellen?

Am besten stufenweise, sagen die Fachleute. Nach einem vorher ausgedachten Plan und nicht gleich von null auf den gewünschten Zielanteil. Eigene Unternehmensgröße und – sich ändernde – Gewohnheiten der Essenden sowie die Lagerbestände kennen. Und: »Informieren, welche Produkte und regionale Lieferanten es gibt und was die können«, empfiehlt Johannes Ell-Schnurr, Demeter-Berater und Inhaber der Firma Alternative Bio. Einen Überblick gibt zum Beispiel die Produktliste der Biomusterregion. »Das eigene Sortiment ergänzen«, sagt der Fachmann weiter. Angefangen bei haltbaren Lebensmitteln wie Nudeln, weitergemacht bei Fleisch oder Käse.

So hat es »Kochwerk«-Chef Stefan Thum getan. Und dabei immer die Bio-Preise im Blick gehabt, die vielfach immer noch etwas über den konventionellen Produkten liegen. »Mein Chef ist der Finanzvorstand«, sagt er augenzwinkernd. Bei größeren Unternehmen muss auch der jeweilige Betriebsrat Preisänderungen für bezogene Lebensmittel und ausgegebene Essen zustimmen. Thum hat zudem das Glück, einen Zulieferer zu haben, der ihm die Ware vor der Verarbeitung von Erde freiwäscht.

  • Wie sieht es mit der Bio-Zertifizierung aus?

»Sie ist nirgendwo so einfach zu bekommen wie in der Gastronomie«, berichtet Maike Honold: »auch dann, wenn nur einige Komponenten der Essen bio sind.« Bei anderen müssen die Gastronomen dann aber darauf hinweisen, dass sie es nicht sind. Auch Stefan Thum spricht von keinem zu großen administrativen Aufwand. Schulküchen brauchen gar keine Bio-Zertifizierung, solange sie die Kinder und Jugendlichen ausschließlich in ihren Mensen verpflegen. Anders sieht es aus, wenn Essen oder auch nur Teile davon nach außen gegeben werden.

  • Ist Bio teurer als konventionelle Ware?

Nur noch tendenziell. »Die Preise für Bio-Ware sind gestiegen – aber die für konventionelle noch stärker«, sagt Thum. Sind für Bio-Produkte teurer, werden sie trotzdem oft gekauft: wenn den Abnehmern klar ist, wie der Preis zustande-kommt und dass etwa ein Landwirt, der Einzeltiere schlachtet, eine kleinere Gewinnspanne hat als ein Großschlachter. »Man muss es offen kommunizieren.«

Eineinhalb Stunden wurden die rund 30 Teilnehmenden des Themen-Nachmittags bei Elring Klinger mit jeder Menge Infos und Anregungen gefüttert und konnten sich zwischendurch untereinander austauschen: Erzeuger trifft Vermarkter, Verarbeiter und Großverbraucher. Im optimalen Fall trafen sich Beteiligte, die miteinander ins Geschäft, gegenseitig ihre Bedarfe decken können. Zum Schluss ging’s für alle in die Kantinenküche. Gemüse und Fleisch schneiden, Hirse und Reis kochen, unendlich viele Toppings zaubern. Für bio-regionale Bowls, die sich die frisch vernetzten und vielseitig angeregten Ernährungsbegeisterten anschließend selbst schmecken ließen. (GEA)

biomusterregionen-bw.de/schwaebischealb