HÜLBEN/ERKENBRECHTSWEILER. Den schweren Mühlstein in Bewegung setzten, das ungewöhnliche Türschloss bedienen oder die Stoffe fühlen: Anfassen und Ausprobieren ist im Heidegrabenzentrum ausdrücklich erwünscht. Máté aus Bad Urach jedenfalls ist begeistert, besonders gefallen hat dem Neunjährigen der Streitwagen: Drinstehen und sich fühlen wie ein Kelte. Das hat was, meint er und seine sechsjährige Schwester Anna nickt zustimmend: »Ich habe ganz viel gelernt«, erklärt sie. Nicht nur sie, auch die Eltern: Endlich wüssten sie, was es mit den Hügeln rund um Hülben, Grabenstetten und Erkenbrechtsweiler auf sich hat, geben Mama und Papa zu.
Bei der Familie hat das Konzept jedenfalls gefruchtet: Über die Ausstellung das Außen verstehen – das sei das Ziel, macht Heidengraben-Geschäftsführerin Tanja Breitenbücher deutlich. Das Zentrum sei kein Museum mit Objekten aus der Keltenzeit, vielmehr habe man das Leben der Kelten visualisiert. Dieses Wissen könne man dann nach außen in die Landschaft tragen: »Dann kann ich auch begreifen, wie groß das Oppidum war.« Dazu hatten Henri und seine Schwester Isabella jedoch keine Chance: Es regnete zu stark, um den Keltenerlebnisweg abzulaufen. Und auf das Abseilen am Aussichtsturm mussten sie deshalb auch verzichten, wiederkommen möchten sie indes wieder. In der Schule würde er sich gerade mit den Römern beschäftigen, erzählt der Viertklässler – da kam der Ausflug gerade recht. »Es ist spannend hier«, meint der Zehnjährige und äußert dennoch einen Wunsch: Es wäre nicht schlecht, wenn es einen Raum nur für Kinder geben würde. Seine Schwester nimmt vor allem eine Erkenntnis mit heim nach Rottweil: »Ich wusste nicht, dass es so viele Getreidesorten gibt.« Der Besuch des Heidengrabenzentrums kam jedenfalls an, darüber freut sich Patenonkel David Schillinger aus Reutlingen: »Ich wusste, dass es das Heidengrabenzentrum gibt und es hat mich interessiert«, erklärt der Premierenbesucher, auch ihm hat’s gefallen.
Mehr als üblich geboten
Querbeet alle Generationen ansprechen, das sei laut Tanja Breitenbücher auch der Anspruch und das Ziel habe man in dem einen Jahr seit der Eröffnung auch erreicht: Knapp über 25.000 Besucher haben sich seither die Ausstellung angeschaut. Zunächst seien es vor allem kulturinteressierte Rentner gewesen, inzwischen hätten die Familien jedoch stark aufgeholt. Auch Gruppen lassen sich durchs Heidengrabenzentrum führen, auch hier sei die Mischung laut Breitenbücher kunterbunt und reiche von Kindergartenkindern über Schulklassen bis zu Betriebs- und Vereinsausflügen, auch Volkshochschulen kommen auf die Schwäbische Alb. Auch die Besucher am Pfingstwochenende bilden diesen gewünschten Querschnitt ab und viele sind überrascht, dass ihnen mehr als üblich geboten wird: Das Heidengrabenzentrum feierte am Samstag und Sonntag sein einjähriges Bestehen und deshalb gab’s ein kleines Programm. Die Outdoor-Aktivitäten wie mussten zwar wegen des Wetters weitgehend ausfallen, aber die Gratisführungen durch die Ausstellungen fanden statt. Und die sind eine große Leidenschaft der studierten Historikerin Tanja Breitenbücher, denn: »Jede Führung ist einzigartig und spannend«.

Im Rahmen des Jubiläums-Programm stand auch Andrea Häussler Besuchern Rede und Antwort, sie hat gemeinsam mit Dr. Frieder Klein und Dieter Hagmann die Ausstellung gestaltet. Für sie sei’s eine interessante Situation, am ersten Geburtstag vor Ort zu sein: Einerseits denke sie nach wie vor daran, wie viel Arbeit hinter der Konzeption stecke und andererseits freue sie es sehr, dass die Ausstellung tatsächlich ankomme: »Die Resonanz ist jedenfalls durchweg positiv«, erklärt Häussler. In großen Bildern wolle man zeigen, wie das Leben der Kelten hätte sein können und nähere sich deren möglichem Alltag an. Eine Überarbeitung der Ausstellung sei nicht notwendig gewesen. Im Gegenteil: »Selbst von den kritischsten Facharchäologen sei bislang keine Kritik gekommen«, das werte sie positiv. »Ich bin rundum zufrieden.«
Für die Zukunft wünsche sie sich, dass das Heidengrabenzentrum weiterhin auf großes Interesse stoßen. »Jetzt fängt die große Aufgabe an, dass es weiterlebt und Besucher wiederkommen« Das schaffe man durch neue Aktionen über die Ausstellung hinaus und da ist dieses Jahr noch einiges geplant. Häussler ist auch Vorsitzende des Keltenvereins Riusiava, die Living History Gruppe lädt am, 13. Juli, 10. August, 31. August, 28. September und 19. Oktober zu Vorträgen (13 Uhr) und Führungen (15 Uhr) zum Thema keltische Druiden ein. Am 19. Juli erweckt die Gruppe von 11 bis 17 Uhr am Gräberfeld Burrenhof keltisches Handwerk zum Leben. Am 14. Juni findet ein etwa fünf Kilometer langer Genussspaziergang durch das Erlebnisfeld Heidengraben statt und Wanderführer Bernd Weber führt am 29, Juni und 13. Juli durch das Oppidum. Für den Spaziergang und die Wanderungen ist eine Anmeldung erforderlich unter info@region-heidengraben.de. Weitere Informationen gibt es unter www.region-heidengraben.de Außerdem gilt seit Ende Mai eine neue Preisregelung am Parkplatz Hochholz / Astropfad. Es wurde zwischen 9 und 18 ein Stundentarif eingerichtet, das Parken kosten pro Stunde einen Euro und ist maximal für Stunden pro Tag möglich. Das Parken ist ab 18 Uhr bis 9 Uhr kostenlos. Tagestickets sind nicht auf Folgetage übertragbar.