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Über die Hälfte der Metzinger Grundeigentümer zahlt künftig weniger Steuer

Die Stadt setzt die verpflichtende Grundsteuerreform um. Welche Personenkreise tendenziell mehr und welche weniger belastet werden.

201 Grundstücke in Privatbesitz sind in Metzingen nicht bebaut, ein Zugriff durch die Stadt ist kaum möglich: Das schränkt Metzi
201 Grundstücke in Privatbesitz sind in Metzingen nicht bebaut, ein Zugriff durch die Stadt ist kaum möglich: Das schränkt Metzingen beim Thema Innenverdichtung ein. Foto: Kirsten Oechsner
201 Grundstücke in Privatbesitz sind in Metzingen nicht bebaut, ein Zugriff durch die Stadt ist kaum möglich: Das schränkt Metzingen beim Thema Innenverdichtung ein.
Foto: Kirsten Oechsner

METZINGEN. Wer ein großes Grundstück in älteren Baugebieten Metzingens hat, muss ab 2025 tendenziell mehr Grundsteuer bezahlen. In neueren Baugebieten mit kleineren Grundstücken sowie in Gewerbegebieten müssen die Grundeigentümer weniger berappen. Die Grundsteuerreform, die der Metzinger Gemeinderat jetzt umgesetzt hat, hat also gegenläufige Auswirkungen. Mit großer Mehrheit hat das Gremium beschlossen, den Hebesatz für die Grundsteuer B auf 285 Prozentpunkte zu legen. Die fünfköpfige CDU-Fraktion stimmte dagegen, sie hatte lediglich 280 Prozentpunkte gewollt, scheiterte aber mit ihrem Antrag.

  • Wie viele Grundeigentümer müssen mehr Steuern zahlen, wie viele weniger?

Circa 44 Prozent müssen mit einer Erhöhung der Grundsteuer rechnen, bei circa 56 Prozent wird es günstiger, informiert die Stadtverwaltung auf GEA-Nachfrage.

  • Wie hoch kann die Mehrbelastung oder -entlastung sein?

Das lässt sich aufgrund der Komplexität der Materie und vielen Berechnungsfaktoren schwer fassen, weshalb die Stadtverwaltung nicht konkret wird. »Da es eine unfassbare Bandbreite gibt, wie deutlich die Erhöhung bzw. Senkung ausfallen könnte, wäre es sehr, sehr umfangreich, hier Zahlenbeispiele zu nennen«, teilt die Stadtsprecherin Susanne Berger für die Finanzverwaltung auf GEA-Anfrage mit.

  • Sind Grundeigentümer aus der Kernstadt mehr belastet als solche in den Teilorten?

Darüber gibt es bei der Stadtverwaltung bisher noch keine Auswertung.

Zur Grundsteuer B kann in Metzingen frühestens 2026 die Grundsteuer C kommen: für Eigentümer unbebauter, aber bebaubarer Grundst
Zur Grundsteuer B kann in Metzingen frühestens 2026 die Grundsteuer C kommen: für Eigentümer unbebauter, aber bebaubarer Grundstücke. Schon nach der Grundsteuer B müssen sie aber mehr bezahlen als Besitzer bebauter Flächen. Foto: Jens Büttner/dpa/dpa
Zur Grundsteuer B kann in Metzingen frühestens 2026 die Grundsteuer C kommen: für Eigentümer unbebauter, aber bebaubarer Grundstücke. Schon nach der Grundsteuer B müssen sie aber mehr bezahlen als Besitzer bebauter Flächen.
Foto: Jens Büttner/dpa/dpa
  • Wie erfahren die Grundeigentümer, wie viel Steuern sie ab 2025 bezahlen müssen?

Durch die neuen Grundsteuerbescheide, die vor dem 15. Februar 2025 versandt werden sollen. Kämmerer Patrick Lehmann plant, dass sie »voraussichtlich im Januar« in den Briefkästen liegen werden. Wer nicht zufrieden mit der neu festgesetzten Grundsteuer ist, kann Einspruch gegen den Bescheid einlegen,

  • Warum hat der Gemeinderat überhaupt die Grundsteuer neu festgesetzt?

Weil er es musste. Ein Landesgesetz regelt die Erhebung der Grundsteuer ab 2025 neu. Zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht 2018 die Flächenbewertung, die der bisherigen Grundsteuererhebung zugrunde lag, für verfassungswidrig erklärt. Maßgeblich bei der Neuberechnung sind die Grundstücksfläche und der sogenannte Bodenrichtwert, also der Wert des Bodens pro Quadratmeter. Er wurde von den Gutachterausschüssen der Kommunen zum 1. Januar 2022 ermittelt.
Der Bebauungszustand eines Grundstücks ist künftig dagegen unbeachtlich, anders als bisher.

  • Worüber haben die Metzinger Stadträte und OB Carmen Haberstroh diskutiert?

Einerseits über Gerechtigkeit der vom Land vorgesehenen neuen Steuererhebung, »Vor allem Unternehmen werden massiv entlastet, private Haushalte vor allem auf großen Grundstücken erheblich mehr belastet«, machte FWV-Fraktionsvorsitzender Stefan Köhler deutlich, »den Betroffenen wird es wie eine kalte Enteignung vorkommen«.


Zum anderen über die künftige Höhe des Grundsteuer-Hebesatzes. »Er liegt am oberen Rand des Korridors«, merkte Grünen-Fraktionschef Dr. Georg Bräuchle an, »man muss sehr genau beobachten, wie sich die Grundsteuer entwickelt.« Über die Grundsteuer C, die Eigentümer nicht bebauter, aber bebaubarer Flächen härter rannehmen könnte, hat der Gemeinderat noch nicht debattiert, doch müssen sie schon bei der Grundsteuer B mehr bezahlen als Besitzer bebauter Grundstücke.

Die Grünen hätten gerne gehabt, dass Metzinger Top-Flächen etwas im Bereich der Outletcity gutachterlich neu bewertet werden - »in Metzingen liegen sie bei 790 Euro pro Quadratmeter, in der Reutlinger Wilhelmstraße bei 5.200 Euro, diese Differenz können wir nicht nachvollziehen« (Bräuchle) - und beantragten dazu ein Gutachten eines öffentlich vereidigten Sachverständigen, »um das zu korrigieren«.

Doch sie mussten sich von Baubürgermeister Markus Haas und Oberbürgermeisterin Carmen Haberstroh entgegenhalten lassen, dass es solche Sachverständige für die Wertschätzung heiß begehrter Gebiete schlicht und ergreifend nicht gibt, sondern die Kommune vom Finanzamt mit Zahlen beliefert wird und dieses wiederum Kaufpreise der Grundeigentümer einfließen lässt - die ohnehin nicht in öffentlicher Sitzung zu benennen wären. »Wir prüfen Ihren Antrag und werden in der nächsten Sitzung abstimmen lassen«, sicherte die Rathauschefin dem stets diskussionsfreudigen Grünen-Sprecher aber zu.

»Sie gehen an den oberen Rand des Hebesatz-Korridors - warum?«, fragte auch CDU-Sprecher Eckart Ruopp, der die Aufkommensneutralität auch bei 280 Prozentpunkten erreicht gesehen hätte. »Wir haben auch kein Problem, im Rahmen des nächsten Doppelhaushalts zu einer Steuererhöhung zu kommen.« Der stünde für 2026 und 2027 an.

  • Welche Steuer hat der Gemeinderat noch neu festgesetzt?

Die Grundsteuer A mit unverändert 280 Prozentpunkten. Sie betrifft die Eigentümer land- und forstwirtschaftlicher Flächen und liegt laut Kämmerer Lehmann summa summarum bei 20.000 Euro im Jahr. Die vom Land gewünschte Aufkommensneutralität für die Kommune wäre bei 290 Prozentpunkten erreicht, doch kann die Stadt die Grundsteuer-A-Lage derzeit noch nicht abschließend beurteilen, weil das Finanzamt erst 77 Prozent aller Datensätze übermittelt hat. Theoretisch könnte der Gemeinderat den Hebesatz erhöhen, wenn mehr Klarheit besteht.

  • Wie steht die Stadt Metzingen nach der Grundsteuerreform da?

Nicht besser und nicht schlechter als vor der Reform. Derzeit liegt sie mit ihrem letztmals 2015 auf 400 Prozentpunkte angehobenen Grundsteuer-B-Hebesatz unter dem Schnitt vergleichbarer Städte. Aufkommensneutral soll die Steuererhebung sein, so hat es das Land gewünscht und so setzt die Stadt es um. Aufkommensneutral kommt allerdings nur die Kommune aus der Reform heraus. Bei den Grundeigentümern führt sie wie erwähnt zu Belastungsverschiebungen. (GEA)