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Aktuell Kabarett

Zwischen Bulldogs und Bankern

Maxi Schafroth und Markus Schalk ziehen in der Wimsener Mühle Parallelen zwischen Alb und Allgäu

Kabarettist Maxi Schafroth (links) und Gitarrist Markus Schalk staunen in der Wimsener Mühle über ihre eigenen Pointen.
Kabarettist Maxi Schafroth (links) und Gitarrist Markus Schalk staunen in der Wimsener Mühle über ihre eigenen Pointen. Foto: Steffen Wurster
Kabarettist Maxi Schafroth (links) und Gitarrist Markus Schalk staunen in der Wimsener Mühle über ihre eigenen Pointen.
Foto: Steffen Wurster

HAYINGEN-WIMSEN. Maxi Schafroth betritt die Bühne, 24 Jahre jung, drahtig, dreitagebärtig, lockenköpfig, in Janker und Lederhose. Den alten Bauernhut weit auf den Hinterkopf geschoben legt er los mit seinem »Lodenkittel-Frontalangriff« im Allgäuer Dialekt, mit viel rollendem »RRR«, Pointe folgt auf Pointe. Schon nach den ersten Minuten hat er das Publikum im Griff. Als er dann die Gemeinsamkeiten zwischen den Allgäuer Schwaben und ihren württembergischen Stammesgenossen hervorhebt, frisst ihm die Wimsener Mühle am Freitag aus der Hand.

Der Allgäuer aus der 73-Seelen-Gemeinde Stephansried im Unterallgäu hat es in kurzer Zeit zum zweitbekanntesten Stephansrieder nach Wasserpapst Sebastian Kneipp gebracht. Mit hohem Tempo und präzisem Blick auf die Gegensätze zwischen Stadt und Land, SUV- und Fendt-Fahrern, Bankern und Bauern hat er schon das silberne Scharfrichterbeil und den Kabarett-Kaktus abgeräumt. Das heißt schon was in der sprudelnden bayrischen Kabarettszene.

In Wimsen wollte er laut Programmtitel den Schwaben die »Faszination Bayern« näherbringen. Er stieg dann doch aufs Städter-Bashing um, geschickt die Verwurzelung der Gäste im ländlichen Leben nutzend. »Das hätte in Dortmund keiner verstanden«, lobt er den Beifall, wenn er die Vorteile des 930er-Fendt-Bulldogs – »In Norddeutschland heißt das Trekker!« – mit dem Feature des Katzen-Distance-Warners anpreist. Der spricht leider meist erst an, wenn der Stollenreifen den Mäusejäger schon überrollt hat. Oder er erklärt den sogenannten Spaltenboden: »Ja, ein Spaltenboden ist halt ein … Spaltenboden.« Reicht, versteht auf der Alb jeder. Schafroth behauptet im Gespräch, dass die Landei-Gags überall funktionieren, nicht nur in der Wimsener Schlucht, sondern auch in Hamburg und Berlin. Wahrscheinlich steckt in jedem noch der Bauer, spekuliert er.

Den gefilzten Janker, den »Kampfanzug des Sparkassendirektors« hat er jetzt abgelegt, »da verfilzt du schon, wenn du ihn anziehst«. In das Programm fließt viel Autobiografisches. Neben den Bulldog-Fahrten scheinen die halbwilden Bauernkatzen die Kindheit geprägt zu haben: »Wir hatten keine Katze, wir hatten Bestand und mehr Katzen als Lego«, beschreibt er das Gewusel auf der Hofstelle. Der Katzenweitwurf half ihm zwar nicht bei der Kurvendiskussion, »ich wusste aber immer, wo eine Katze landen würde«. Der Katzenmissbrauch ist der politisch nicht korrekte Running Gag im Programm und kommt immer gut an.

Baywa für Neureiche

Die Lehre in der Großbank war ein Kulturschock für den Maxi. Das Bankgeheimnis zum Beispiel kennt der Allgäuer so ja nicht. Mit einem kurzen Anruf bei der Raiba konnte der Papa immer schnell klären, ob potenzielle Viehkäufer über die nötige Liquidität verfügten. Das geht in München nicht mehr, zu viel Compliance, zu viel Excel. Da hält es den Naturburschen dann doch nicht. Seine Erfahrungen in der Welt der Senior-Advice-Manager, Consultants und Helikopter-Eltern nutzt er lieber, um in der Bergwelt Seminare abzuhalten. Etwa für klammernde Eltern auf der Berghütte auf 1 800 Metern Höhe, Arbeitstitel: »Loslassen«.

Die Gutverdiener mit englischen Titeln jagt er jetzt durch den alten Kuhstall. Durch die Cattle Walking Area (Rinderauslauf), die Socialising Platform (die Deckstation) und die Free Range Toilet (richtig: Spaltenboden). Ein echter Manager macht ja jeden Kuhfladen mit. Und die Consultants treffen sich zurück in München dann vom Landleben inspiriert vorm Wurzelbürstenregal bei Manufactum – »dem Baywa für Neureiche«.

Die Bühne teilt sich Schafroth mit Markus Schalk an der Westerngitarre. Im gleichen Dorf aufgewachsen, verstehen die beiden sich blind. Der hochgewachsene Gitarrist ist wichtiges Stimmungsbarometer für Schafroth: »Wenn er rote Backen hat, ist alles gut.« Hatte er am Freitag immer. Überhaupt scheint es, als ob die beiden ihr eigenes Programm noch nie erlebt hätten. Breites Grinsen nach den guten Gags breitet sich auf ihren Gesichtern aus und sie scheinen gar nicht glauben zu können, dass sie für den Spaß am Ende auch noch Gage bekommen. (GEA)