REUTLINGEN. Es lag nahe, das zu tun: Wolfgang Alber und Carolin Albers heben das »Alb« in ihren Namen durch Fettdruck auf dem Cover ihres gemeinsamen Buchs hervor. Größer aber noch prangt unter ihren Namen der Titel: »Alb. Literarischer Wegweiser«. Der im Freiburger 8 Grad Verlag erschienene Band führt zu zwanzig literarischen Schauplätzen. Wobei der Autor und die Fotografin die historische Sichtweise mit der heutigen Perspektive vergleichen. Vincent Klink, seines Zeichens Koch, Autor, Herausgeber und Verleger von kulinarischer Literatur, findet: »Mit diesem Buch erwandert man sich Lebensfreude, innere Ruhe und große Gedanken.«
In der Tat gelingt es Alber, en passant etwas von der reichen Kulturgeschichte der Schwäbischen Alb greifbar werden zu lassen und zur weiteren Lektüre der Schriften Ludwig Uhlands, Hermann Hesses, Wilhelm Raabes, Werner Koczwaras oder Manfred Mais anzuregen. Er lädt ein, sich mit Spuren jüdischen Lebens in Buttenhausen zu beschäftigen. Und mit dem Zivilisationsbruch, der sich mit dem einstigen NS-Vernichtungszentrum Grafeneck verbindet.
Zum Arkadien verklärt
Der gebürtige Heilbronner Alber, promovierter Kulturwissenschaftler und langjähriger Redakteur des Schwäbischen Tagblatts, wandert mit Albrecht Berblinger (bekannt als der Schneider von Ulm) und Otl Aicher »in Ulm, um Ulm und um Ulm herum« und kommt im Kapitel »Das blaue Wunder« auf die Eiszeitkunst im Urzeitmuseum Blaubeuren und die Schöne Lau im Blautopf zu sprechen. Bei der Lesung aus dem Buch am Dienstagabend in der Buchhandlung Osiander in Reutlingen ließ der Autor anklingen, dass die Alb als »steiniges und rauhes Land« beschrieben, aber auch zum Arkadien verklärt worden ist. »Wandern als Pfad der Erkenntnis« empfahl er allen, die die Buchlektüre mit körperlicher Aktivität verbinden wollen. Nichts stimuliere die Wahrnehmung mehr, befand Alber.
Die zwanzig Touren hat er mit seiner Frau Barbara Goldberg-Alber - zu zweit sehe man besser - oder auch mal allein unternommen. Carolin Albers, in Tübingen lebende Fotografin und Journalistin, hatte Albers Texte bereits vorliegen, als sie sich mit ihren Kameras und einer Fotodrohne auf den Weg machte, um, wie es ihr Anspruch als Fotografin ist, »nicht nur zu zeigen, sondern eine Atmosphäre zu transportieren«. Was gut gelungen ist - ob nun in der Karsthöhle »Haus« auf dem Rosenstein, bekannt für prähistorische Funde, in der Gedenkstätte Grafeneck mit Erinnerungszetteln zwischen den Mauerritzen oder in der Bibliothek des Verleger-Ehepaars Brigitte und Günther Neske in Pfullingen.
Buchinfo
Wolfgang Alber und Carolin Albers: Alb. Literarischer Wegweiser, 208 Seiten, 35 Euro, 8 Grad Verlag, Freiburg.
Unter der Kapitelüberschrift »Die Sonne macht drei Freudensprünge« ließ Alber die Zuhörerinnen und Zuhörer seine Wanderung von Gomaringen auf den Roßberg durch die Augen Gustav Schwabs und seine eigenen erleben. Er zeigte auf, wie der Dichterpfarrer in seinem Reiseführer »Die Neckarseite der Schwäbischen Alb« von 1823 romantische Gefühlswelt und empirische Beobachtungsgabe verband. Und wie er durch sein Wirken zu einem der »Vorläufer des Schwäbischen Albvereins« wurde. Nicht zuletzt ordnete Alber mit den spöttischen Worten Heinrich Heines Schwabs Bedeutung als Poet ein. Dieser sei in der Schwäbischen Dichterschule zumindest »ein Hering, in Vergleichung mit den anderen, die nur Sardellen sind«. Von Schwabs Werk, so Alber, hätten vor allem die »Sagen des klassischen Altertums« und einige Gedichte wie die Ballade »Der Reiter und der Bodensee« überdauert.
Da es bei der Lesung am Dienstag einen medizinischen Notfall gab, wurde die Veranstaltung abgebrochen. Laut dem Buchhändler Heinrich Riethmüller soll es demnächst einen Ersatztermin geben. (GEA)

