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Wilde Wege zu den Sternen: Vibravoid und TFNRSH im Reutlinger franz.K

Spacerock und Krautrock kamen am Freitag ins franz.K: TFNRSH aus Tübingen und Vibravoid aus Düsseldorf sorgten für eine lautstark schillernde Nacht.

Musikalische Sternenreise: Vibravoid aus Düsseldorf
Musikalische Sternenreise: Vibravoid aus Düsseldorf Foto: Thomas Morawitzky
Musikalische Sternenreise: Vibravoid aus Düsseldorf
Foto: Thomas Morawitzky

REUTLINGEN. Die regionalen Raumpiloten mussten absagen, schweren Herzens – kompetenter Ersatz nahm ihren Platz ein. Am Freitagabend standen nicht die Spacelords auf der Bühne im franz.K, sondern Vibravoid aus Düsseldorf, eine Band, die seit 27 Jahren das Erbe des Krautrocks fortführt. Ihre Vorband sind TFNRSH aus Tübingen, härter, gänzlich instrumental, auch sie der Bewusstseinsveränderung verpflichtet. Mit ihren unermüdlich donnernden Riffs, einer Spielfreude, die Effektkaskaden durchwandert, ihrer dynamisch irrlichternden Musik, beginnt ein langer Abend.

TFNRSH, gesprochen: Tiefenrausch, sind Sasan Bahreini mit Gitarre und Synthesizer, Stefan Wettengl an Bass und Synthesizer, Julius Watzl am Schlagzeug. Die Band existiert seit 2020, legte 2023 ihr Debüt-Album vor und kündigt für Januar 2025 ihr zweites an, »Book of Circles« soll es heißen.

Analoge Farbstürme

Sowohl TFNRSH als auch Vibravoid werden im franz.K begleitet von der Phönix Retro Light Show. Sie hat ihr Hauptquartier jenseits von Stuttgart und den Kopf im San Francisco der späten 1960er. Damals waberten analoge Farbstürme durch die Konzertsäle – heute fühlt sich das franz.K genauso an. Alles, was da leuchtet, ist handgemacht: Lichtkünstler lassen flüssige Farbe in Becken rinnen, schieben Folien und Bilder auf Projektoren, die die Bühne bestrahlen, Sternennebel aus schillernden Blasen, zitternd auf der Musik.

TFNRSH spielen geradlinig monumental. Um einen Beat herum zieht wuchtig die Gitarre auf und verhallt; der Bass mäandert, der Rhythmus wechselt. Die drei Musiker sind bestens eingespielt, reagieren aufeinander, erschaffen einen Sound sich überlagernder Muster, der das Publikum hypnotisiert – allzu kurz ist keines ihrer Stücke. Jeder verliert sich irgendwann in ihnen.

Liebe zum Psychedelischen

Ganz anders Vibravoid. Ihr Neokrautrock hat seine Wurzeln nicht im schweren Trancerock, sie greifen tiefer. Auch Vibravoid treten als Trio auf, mit Christian Koch als Sänger und Gitarrist, Frank Matenaar am Schlagzeug und Dario Treese an Keyboard und Orgel. Bekannt ist die Band für Versionen früher Stücke von Pink Floyd.

Im franz.K hat sie die Cover-Version eines anderen psychedelischen Klassikers im Programm, spielt »In-A-Gadda-Da-Vida«, den Monsterhit von Iron Butterfly, die Trip-Musik schlechthin, mit schwelendem Orgelklang und einem Schlagzeugsolo, das zwar nicht ganz die Breite, aber doch die Dichte des Originals erreicht. Vibravoid wachsen zu enormer Größe, bringen knappe, wilde, trashige oder perfekt ausufernde Songs. Noch vor ihrer Zugabe spielen sie mit »Mother Sky« eine Hommage an andere große Vorbilder, an Can aus Köln. (GEA)