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Wenn der Fritzchen-Witz eskaliert: Nektarios Vlachopoulos im franz.K

Der mit dem Förderpreis des Deutschen Kabarettpreises ausgezeichnete Slampoet, Comedian und Kabarettist Nektarios Vlachopoulos verbindet im Reutlinger franz.K Flachwitz und gesellschaftlich-politische Analyse.

Nektarios Vlachopoulos im franz.K.
Nektarios Vlachopoulos im franz.K. Foto: Christoph B. Ströhle
Nektarios Vlachopoulos im franz.K.
Foto: Christoph B. Ströhle

REUTLINGEN. Es tue ihm gut, Publikum zu haben, das ihm zuhört bei seinen Sorgen, lässt Nektarios Vlachopoulos die Zuschauerinnen und Zuschauer im Reutlinger Kulturzentrum franz.K wissen. Der Kabarettist tritt auf der kleinen Bühne im Foyer auf und ist bestens darüber informiert, wie viele an diesem Abend da sind: 48. Er habe sich Reutlingens »Beste, Schönste, Intelligenteste« gewünscht - »und jetzt seid ihr hier«. Er betont es so, dass es nach Enttäuschung klingt - und hat sein Publikum so auch gleich auf Betriebstemperatur.

Vlachopoulos, der auch schon in der ZDF-Satire-Show »Die Anstalt« zu sehen war, gibt auf der Bühne den verstanden-unverstandenen Künstler, der bei drei Flaschen Rotwein eine Rezension über sich selbst geschrieben hat. Formulierungen wie »gefeierte Ikone« kommen darin vor, aber auch »peinlicher Partyonkel«. Was als Eloge beginnt, entgleitet ihm zusehends, verkehrt sich ins Gegenteil.

Wieder Single

»Das Problem sind die Leute« nennt der in Bretten geborene, griechischstämmige Slampoet, Humorist und studierte Deutschlehrer sein Programm. Er scheint sich selbst davon nicht auszunehmen. Nicht nur, dass er mit 38 Jahren (er habe als Jugendlicher einmal Alkohol probiert - »zack war ich 38«) wieder Single ist, macht ihm zu schaffen. Auch, dass er, als er noch in festen Händen war, den impliziten Wettbewerb, wer das bessere Pärchen ist, bei einem Pärchenabend übertrieben hat. Platzte das andere Pärchen einfach nur stolz mit seiner Verlobung heraus, musste er, um das spontan zu toppen, seiner Freundin eine erfundene Schwangerschaft unterschieben. Ob im Publikum wohl jemand bereit wäre, ihm hin und wieder ein Kind auszuleihen? Die Lüge will schließlich aufrechterhalten werden.

Mit Sätzen wie »Die Fußgängerzone ist kein Radweg!« bereitet er sich schon mal auf ein Leben mit 40 vor. »Kindern gehört die Zukunft - arme Schweine!«, kommentiert er den Klimawandel. Nach der Pause macht er mit dem Publikum eine Aktivierungsübung. Dabei lässt er die Menschen verteilt nach Alterskohorten jeweils auf sie zugeschnittene Sätze äußern. Die unter 30-Jährigen bittet er zu rufen: »Die Rente ist sicher.« Die jungen Leute bilden den schwächsten Chor aller Altersgruppen an diesem Abend. Er kommentiert das mit: »Deswegen brauchen wir Migration.«

Telefonate mit seiner Mutter

Kabinettstückchen an dem Abend sind Telefongespräche, die er vorgibt, mit seiner Mutter geführt zu haben. Er trägt sie in szenischer Lesung vor. Man fühlt sich an Marc-Uwe Klings Dialoge erinnert. Ebenso skurril, nur ohne Känguru. Und schließlich sind da die zunächst harmlos klingenden Fritzchen-Witze aus einem alten Witzebuch. Vlachopoulos dreht hier und da etwas an der Pointe, sodass sie zu galligen Kommentaren auf gesellschaftliche Realitäten und das politische Zeitgeschehen werden. Da ist dann von »kleinen Paschas« die Rede oder von einem Arzt, der etwas gegen Kopfschmerzen hätte - wäre er nicht abgeschoben worden. (GEA)