TÜBINGEN. Es geschieht nicht allzu oft, dass ein Weltstar wie Ute Lemper in Tübingen auftritt. Doch zum Abschluss der Tübinger Schlosshofkonzerte am Samstagabend gab sich die Diva, die seit langem in New York lebt, in der Unistadt die Ehre und begeisterte mit ihrem Programm »Rendezvous mit Marlene« die Zuschauer.
Es regnet in Strömen, alle in Regenkleidung, der Schlosshof ist voll besetzt, als der Star des Abends mit seiner Band die überdachte Bühne betritt. Schwarzes Kleid, gold-schwarzes Top, dezent geschminkt eröffnet sie mit »Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt« den Abend. In einer Strophe ersetzt sie im Refrain das Wort Liebe durch Regen und bringt damit das Publikum gleich auf ihre Seite. Das Lied stammt aus der Feder von Friedrich Hollaender und wurde 1930 für den Film »Der blaue Engel« komponiert, Marlene Dietrich sang es darin und machte es weltberühmt.
Marlene Dietrich am Telefon
Ganz oft dreht sich alles um die Liebe an diesem Abend, auch bei »Falling in Love Again« und »As Time Goes By« aus dem Film »Casablanca«, das die Lemper einfach mal so einstreut. Bald nimmt sie in einem riesigen Sessel Platz und spricht in ein uraltes Telefon, tut so, als ob sie mit Marlene Dietrich sprechen würde. In den 1980er-Jahren führten die beiden tatsächlich einmal ein dreistündiges Telefonat, in dem die Dietrich der Lemper viel aus ihrem Leben mitteilte und ihr ihr Herz ausschüttete.
Auf der Bühne wird das Telefonat zum durchgängigen Element zwischen den Songs und ersetzt so die Ansagen. Lemper schlüpft in die Rolle der Dietrich und erzählt mit rauchiger Stimme, dass die Hollywood-Ikone gegen Nazi-Deutschland gekämpft hat, viele Affären mit Männern und Frauen gehabt hat und doch mit Ehemann Rudi verheiratet blieb.
Mit Melone und Zigarette gibt sie die Lola
Beim Song »Wenn ich mir was wünschen dürfte« hätten sicher viele Besucher den Wunsch gehabt, dass der Regen aufhört. Doch dieser Wunsch wird erst viel später erfüllt. Die Musik steht im Hintergrund bei den chansonartigen Texten, sie klingt modern, jazzig, mit einer Prise Klassik. Bei »Just A Gigolo« und »One For My Baby« spielt sich auch die Band frei mit Cyril Garac (Violine), Vana Gierig (Piano), Giuseppe Bassi (Bass) und Matthias Daneck (Percussion).
Lemper switched souverän zwischen Deutsch und Englisch hin und her, ab und zu singt sie ein paar Takte französisch, wie bei Pete Seegers Evergreen »Where Have All The Flowers Gone«, den sie in diesen drei Sprachen performt. Lasziv, mit Melone und Zigarette im Mundwinkel gibt sie die Lola in »They Call Me Naughty Lola«, kokettiert und flirtet mit dem Geiger und dem Publikum.
Dann lässt auch der Regen nach und die Zuschauer feiern die Künstlerin und ihre Mitstreiter, die ihnen einen zwar sehr feuchten, aber wundervollen und denkwürdigen Konzertabend präsentiert haben. (GEA)