REUTLINGEN. Es muss eine bittere Enttäuschung für Hellmut G. Haasis gewesen sein, dass seine Mitte der 1960er-Jahre begonnene Dissertation über die bürgerliche Emanzipationsforderung nach Mündigkeit abgelehnt wurde. Doch der in Reutlingen lebende Historiker, Schriftsteller und Verleger blieb an dem Thema dran, wurde für sein in den Jahrzehnten danach geschaffenes Werk mehrfach ausgezeichnet: mit dem Thaddäus-Troll-Preis (1990) für seinen Mundartroman »Em Chrischdian sei Leich«, mit dem Civis-Medienpreis der ARD für das Hörspiel »Jud Süß« im WDR (1995), mit dem Schubart-Preis der Stadt Aalen (1999) für die Biografie Joseph Süß Oppenheimers und dem Ludwig-Uhland-Preis (2013).
Vor wenigen Tagen ist Hellmut G. Haasis, dessen Bücher unter anderem ins Italienische, Portugiesische, Französische und Chinesische übersetzt wurden, im Alter von 82 Jahren gestorben, wie der GEA aus dem Familienkreis erfuhr.
Theaterstück über Christiane Hegel
Mit seiner Biografie über den Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus Georg Elser stieß Haasis die Würdigung des Hitler-Attentäters im Jahr 1999 maßgeblich an. 1984 erschien von ihm bei Rowohlt sein umfangreichstes Werk, »Spuren der Besiegten«. In drei Bänden widmete sich Haasis darin Freiheitsbewegungen von den Germanenkämpfen bis zu den Bauernaufständen im Dreißigjährigen Krieg, von den Erhebungen gegen den Absolutismus bis zu den republikanischen Freischärlern 1848/49, vom demokratischen Untergrund nach 1848 bis zu den Atomkraftgegnern. Immer mit aufklärerischem Impetus. Auch beispielsweise ein Theaterstück über Christiane Hegel, die Schwester des Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel, schrieb Haasis. Und die Erzählung »Joseph Süß Oppenheimers Rache«.
Gut lesbar waren seine Bücher, akribisch recherchiert, der Autor einer, der Geschichte mit Anekdoten verband, das klare Wort nicht scheute. Geboren 1942 in Mühlacker, hatte Haasis evangelische Theologie, Geschichte und Politik studiert. Er mischte sich gewerkschaftlich und politisch ein, saß in den 1980er-Jahren zeitweise für die Grünen und Unabhängigen im Reutlinger Gemeinderat, brachte als schwäbischer Märchenclown Druiknui Kinder zum Lachen, offenbarte als Mundartdichter auch eine satirisch-kabarettistische Seite. Viele, die ihn kannten, schätzten an ihm neben seinem analytischen Scharfsinn und seiner Streitbarkeit seinen unerschütterlichen Sinn für Humor. (GEA)